Osterburken. Rund 60 Zuhörer begrüßte Wahlleiter Martin Brümmer am Donnerstagabend in der Baulandhalle zur offiziellen Kandidatenvorstellung – also nur rund die Hälfte der zugelassenen Zuschauer (die FN berichteten). Sie mussten vor Ort einen 3G-Nachweis vorzeige und zu jeder Zeit eine Maske tragen. Für diejenigen, die nicht vor Ort den Zukunftsplänen von Jürgen Galm und Benjamin Henn für die Stadt Osterburken lauschen wollten, wurde die Veranstaltung live im Internet übertragen.
Fragen einreichen
Den Livestream nutzten zahlreiche Zuschauer. Mehr als 1000 Personen nahmen zuhause vor den Bildschirmen Platz. Im Vorfeld konnten diese auch Fragen an beide Kandidaten einreichen, die dann während der Veranstaltung gestellt wurden.
Bei der Vorstellung zeigte sich Amtsinhaber Jürgen Galm hochmotiviert. Ihm war aber auch anzumerken, dass er „etwas nervös“ war, wie er selbst zugab. Benjamin Henn hingegen sprach mit Bedacht und versuchte mit Gestiken seinen Zielen mehr Ausdruck zu verleihen. Nach den jeweiligen Präsentationen hatten die Bürger das Wort. In etwa 40 Minuten kamen so Themen wie die innerstädtische Entwicklung, das Vereinsleben oder die Zukunftsfähigkeit der Römerstadt zur Sprache.
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Wie sollen traditionelle Feste zukünftig erhalten werden und wie können sie während der Corona-Pandemie durchgeführt werden?
Benjamin Henn sprach sich dafür aus, die Kommunikation zwischen den Generationen zu stärken. Die Stadt solle bei Fragen zur Verfügung stehen und zusammen mit den Vereinen neue Konzepte erarbeiten. „Man muss nahbar sein, um diese Ideen langfristig stärken zu können“, betonte der 34-Jährige. Während der Pandiemie sollten „Veranstaltungen neu und anders gedacht werden.“ Es gehe darum, „mit den Vereinen gemeinsam neue Wege zu bestreiten.“ Als Beispiel nannte er Online-Winetastings oder einen „Weihnachtsmarkt to go“.
„Die traditionellen Veranstaltungen sind ein wichtiger Teil unseres Lebens in der Stadt“, so Jürgen Galm. Daher habe man auch während der Pandemie versucht, Veranstaltungen durchzuführen, wie beispielsweise ein kleines Fest vor der Baulandhalle. Galms Bestreben sei es, Feste wie den Kiliani-Markt, das Brückenfest oder den Weihnachtsmarkt wieder aufleben zu lassen, sobald es Corona zulasse. Die Stadt soll dabei ihren Beitrag leisten und gemeinsam mit den Vereinen bestehe dann auch die Möglichkeit, neue Konzepte zu entwickeln. Die „Präsenz vor Ort und das Miteinander“ seien jedoch das, was ein Fest am Ende ausmache.
Wie soll die Friedrichstraße wiederbelebt werden und wie sieht die Zukunft des Bahnhofsgeländes aus?
Jürgen Galm findet die Entwicklung in der Fußgängerzone „bedauerlich“, ein jeder der im Internet bestelle, trage aber zu dieser Situation bei. So sollte man über andere Nutzungskonzepte, beispielsweise neuen Wohnraum in der Friedrichstraße zu schaffen, nachdenken. In Bezug auf den Bahnhof sagte er, dass man neben dem Bahnhofsgebäude auch das Areal der Post und Opfermann-Stiftung hinzugekauft hätte, um das Gelände für Investoren attraktiver zu gestalten. Er könne sich viel vorstellen, beispielsweise eine Kombination aus Geschäften und Wohnungen.
Benjamin Henn sprach sich dafür aus, gemeinsam eine Lösung für das Bahnhofsareal zu suchen. Eine Möglichkeit sei: Die Baulandhalle abzureißen und den dadurch fehlenden Versammlungsraum in das Areal am Bahnhof zu integrieren. Dies sei ein Vorschlag gewesen, den er bei seiner Tour durch die Ortsteile aufgegriffen habe. Zusammen mit dem Bau eines Parkhauses und der Ansiedlung von Geschäften könne das Areal so attraktiver werden.
Können sich die Kandidaten für die Zukunft der Stadt einen Zentralkindergarten vorstellen?
Benjamin Henn sprach sich dafür aus, die Standorte der Kindergärten in den Ortsteilen Hemsbach, Schlierstadt und Bofsheim beizubehalten, „denn gerade das macht es hier aus“. Er habe vor Ort die enge Zusammenarbeit im Team gesehen, „die gilt es natürlich beizubehalten“, sagt er überzeugt. Doch auch dort müsse investiert und saniert werden, um zukunftsfähig zu bleiben.
„Es war schon immer ein Grundsatz unserer kommunalen Politik, in den Ortsteilen eine gewisse Infrastruktur zu schaffen“, erklärte Jürgen Galm. Dazu zählen auch die Kindergärten. Daher will auch er die Standorte in den Ortsteilen erhalten.
Welche Straßen stehen auf der Sanierungsliste?
Jürgen Galm nannte die Adolf-Kolping-Straße, Martin- und Hedwigstraße. Auch die Ortsdurchfahrt in Schlierstadt habe er auf dem Schirm. Für weitere Straßen muss ein Priorisierungskonzept und ein Budget festgelegt werden. Benjamin Henn nannte lediglich die Ortsdurchfahrt in Schlierstadt und bat um Nachsicht, dass er keine weiteren Straßennamen nennen konnte.
Wie stehen die Kandidaten zur Errichtung von Freiflächenphotovoltaikanlagen?
Da man sich dem Thema nicht verschließen könne, habe man sich im Gemeinderat bereits Gedanken gemacht und einen Handlungsleitfaden zur Errichtung von PV-Anlagen erstellt, so Jürgen Galm. Dieser sehe vor, dass innerhalb von fünf Jahren maximal fünf solcher Anlagen errichtet werden. Wie hoch der Beitrag von einer Kommune letztlich ist, sei höchst umstritten. „Wir bringen unseren Anteil“, sagt Galm, jedoch sollen in Osterburken nicht auch noch Anlagen gebaut werden, für die in den Ballungsräumen kein Platz sei.
Benjamin Henn merkte noch an, dass man PV-Anlagen auf bereits versiegelten Flächen errichten könne, beispielsweise auf Parkplätzen. „Ich sehe hier wieder die Vorbildfunktion der Stadt“, so Henn, „warum also nicht bei städtischen Neubauten direkt PV-Anlagen integrieren.“
Sollen Baugrundstücke für Tiny-Häuser erschlossen werden?
„Das ist eine grundsätzliche Frage der Bauleitplanung“, so Jürgen Galm. Daher entscheiden die verschiedenen Gremien wie Ortschaftsräte und der Gemeinderat über die Flächenausschreibung. Er stelle fest, dass in der Stadt Osterburken die Nachfrage nach kleinen Wohnungen und kleineren Häusern gegeben sei.
„Wenn die Nachfrage steigen sollte, weil es ein innovatives Wohnkonzept ist, dann sollte man das [den Bau von Tiny-Häusern; Anm. d. Red.] verfolgen“, sagt Benjamin Henn. Mit neuen Bebauungsplänen könne die Nachfrage bestärkt werden.
Das Feuerwehrgerätehaus in Osterburken kostet rund elf Millionen Euro. Kann die Stadt Osterburken solche Kosten in den nächsten Jahren stemmen?
„Für mich sind die Kosten auch unverständlich“, betonte Jürgen Galm, an den die Frage gerichtet war. Man habe zu Beginn der Planungen mit anderen Zahlen gerechnet. Doch es gebe Vorgaben die eingehalten werden müssen, beispielsweise die Größe verschiedener Räume. Wenn man dies in ein Raumkonzept zusammen fügt, komme eine bestimmte Größe heraus aus der sich die Kostensumme ergibt. „Die einzige Frage wäre gewesen, ob man zwei Garagen weniger baut“, so Galm. Da man mit dieser Lösung jedoch keine Millionen eingespart hätte, habe man sich im Stadtrat für die zukunftsfähigere Lösung entschieden. Da man „im Vorfeld eine solide Haushaltspolitik gemacht“ habe, könne man die einzelnen Vorhaben der Reihe nach angehen.
Werden sich die Kandidaten für die Einstellung des Betriebs am Schlierstadter Flugplatzes einsetzen, da der Lärm die Lebensqualität mindert?
„Mir ist bewusst was Fluglärm bedeutet“, betont Benjamin Henn. Ein wichtiges Instrument sei hier die Bürgerbeteiligung: „Das heißt, wenn das [die Einstellung des Betriebs; Anm. d. Red.] die Interessen der Bürger sind, dann sollte man als Bürgermeister Kante zeigen und sich für das Wohl der Bürger einsetzen.“ Er verwies aber auch darauf, dass das Genehmigungsverfahren vor dem 1. Februar abgeschlossen sein sollte.
Bürgermeister Jürgen Galm betonte, dass aktuell das Anhörungsverfahren für die Öffentlichkeit laufe und Bürger ihre Bedenken äußern können. „Wir als Kommune wurden noch nicht gefragt“, so Galm. Die Betroffenheiten seien sehr unterschiedlich, daher habe man die Bürger befragt und die Rückmeldungen an das Regierungspräsidium in Stuttgart weitergegeben. Sollten gewisse Normen aber eingehalten werden, werde das Regierungspräsidium die Entscheidung jedoch nicht alleine von diesen Rückmeldungen abhängig machen.
In welcher der drei Fraktionen der Stadt Osterburken vermutet Benjamin Henn einen Fraktionszwang?
Nachdem Benjamin Henn im Vorfeld zur Versammlung gesagt haben soll: „Hier möchte ich nicht durch einen Fraktionszwang gebunden sein“, wollt ein Bürger wissen, wo er genau einen Fraktionszwang sehe. „in wie weit in Osterburken ein Fraktionszwang geherrscht hat, kann ihc nicht sagen“, so Henn. „Ich habe nur in vielen Kommunen die Erfahrung gemacht, dass bei vielen Projekten eine einheitliche Abstimmung durchgeführt wurde und ich wüsste auch nichts anderes. So sehe ich die Kommunalpolitik.“ Deshalb möchte er parteilos und unabhängig bleiben, um Osterburken noch lebenswerter für die Menschen zu machen.
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