FN-Interview

Bofsheim: Werner Geiger blickt auf 46 Jahre als Ortsvorsteher zurück

Bofsheim hat sich in der 46-jährigen Amtszeit von Ortsvorsteher Werner Geiger stark verändert. Es ist nicht nur gewachsen, sondern hat sich auch optisch verschönert. Im FN-Interview blickt der scheidende Ortsvorsteher auf seine Amtszeit zurück.

Von 
Nicola Beier
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Das Bofsheimer Rathaus durfte Ortsvorsteher Werner Geiger 46 Jahre lang seinen Arbeitsplatz nennen. Nun räumt er seinen Schreibtisch für seine Nachfolgerin oder seinen Nachfolger. © Nicola Beier

Bofsheim. Die optische Aufwertung der Bofsheimer Ortsdurchfahrt hat Werner Geiger genauso miterlebt wie die Erschließung zahlreicher Baugebiete und die umstrittene Idee, den Bachlauf des Rinschbachs zu verdolen. Seit 46 Jahren ist der mittlerweile 77-Jährige Ortsvorsteher von Bofsheim und damit Vertrauensperson für zahlreiche Einwohner, für deren Interessen er sich auch im Gemeinderat immer wieder eingesetzt hat. Allerdings endet diese Ära voraussichtlich bei der Gemeinderatssitzung am 23. September. Dann soll seine Nachfolgerin Regina Michalowski vom Gremium im Amt bestätigt werden.

Zur Person

  • Werner Geiger ist am 29. Juli 1947 in Bofsheim geboren und dort aufgewachsen.
  • Als Erwachsener arbeitete er überwiegend als Vorsitzender des Hauptpersonalrats beim Ministerium für Ländlichen Raum in Stuttgart.
  • Geiger kann auf einen langen Werdegang in der Kommunalpolitik zurückblicken: Zum ersten Mal in den Bofsheimer Ortschraftsrat wurde er am 5. Juni 1975 gewählt. Drei Jahre später wurde er Ortsvorsteher vom Bofsheims. Dieses Amt hat er seit 46 Jahren inne. Er vertrat als Stadtrat 44 Jahre lang die Belange der Bürger im Gemeinderat – 17 Jahre davon war er Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler Vereinigung. nb

Im FN-Interview blickte Geiger daher auf 49 Jahre ehrenamtliche Tätigkeit als Ortschaftsrat, Ortsvorsteher und Stadtrat zurück. So manche Erinnerung bringt ihn dabei noch heute zum Lächeln.

Herr Geiger, 49 Jahre als Kommunalpolitiker liegen hinter Ihnen. Wie kamen Sie damals auf die Idee, sich für den Bofsheimer Ortschaftsrat zur Wahl zu stellen?

Werner Geiger: Ich habe mich schon als Jugendlicher für das Gemeindegeschehen interessiert – war unter anderem bereits als 18-Jähriger Schriftführer im Sportverein. Ich bin damals mehrfach angesprochen worden, ob ich mir vorstellen kann, Mitglied im Ortschaftsrat zu werden. Daraufhin habe ich mich für die Kandidatur entschieden.

Wie alt waren Sie bei Ihrem Amtsantritt als Mitglied des Ortschaftsrats?

Geiger: Erstmals ins Gremium gewählt wurde ich am 5. Juni 1975, nach der Gemeindereform. Da war ich 28 Jahre alt.

Erinnern Sie sich noch an Ihre erste Wahl zum Ortsvorsteher? Wie ging es Ihnen damals?

Geiger: Das war 1978. Ich wurde als jüngstes Mitglied einstimmig als Ortsvorsteher vorgeschlagen. Das klare Votum und der Rückhalt der Bevölkerung, den ich gespürt habe, waren mir dabei – und sind mir noch heute – ganz wichtig. Das Vertrauen der Bürger kann man am besten bei Wahlen feststellen: Ich wurde in der Zwischenzeit neun Mal mit jeweils höchster Stimmzahl wiedergewählt. Das war für mich die Bestätigung, immer wieder weiterzumachen.

Werner Geiger (links) bei seiner Amtseinführung als Ortsvorsteher 1978. Damals war er 31 Jahre alt. © Nicola Beier

Während Ihrer 46-jährigen Amtszeit als Ortsvorsteher waren Sie bei einigen Großprojekt beteiligt. Welches war für Sie denn etwas ganz Besonderes?

Geiger: Das größte Projekt, das Bofsheim grundlegend positiv verändert hat, war der Ausbau der Ortsdurchfahrt Anfang der 1990er Jahre. Da haben wir lange im Vorfeld geplant und es wurden auch mehrere ältere Häuser aus Verkehrssicherheitsgründen und für die neue Platzgestaltung entfernt. Außerdem galt diese Maßnahme als Initialzündung für zahlreiche andere Projekte, die das Ort aufgewertet haben. So auch das Dorfentwicklungsprogramm. Mir war damals sehr daran gelegen, dass die Bevölkerung dabei mitmachte – deshalb habe ich auch die meisten privaten Anträge selbst ausgefüllt. Ein weiterer wichtiger Punkt waren die örtlichen Baumpflanzungen, die das Ortsbild verbessert haben. Mit diesem Engagement wurden wir letztlich Kreissieger beim Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“.

Haben Sie ein Lieblingsprojekt, für das Sie sich als Ortsvorsteher eingesetzt haben?

Geiger (lacht): Da habe ich gleich mehrere, für die wir uns im Ortschaftsrat stark gemacht haben. Ein Lieblingsprojekt ist auf jeden Fall der Kindergarten, in den ich selbst jahrelang gegangen bin. Der Erhalt war mir immer sehr wichtig und ist bei einem Dorf unserer Größenordnung auch nicht selbstverständlich. Es war nicht immer einfach, die Gruppen in Bofsheim zu erhalten. Wir haben und hatten aber einen guten Zulauf aus Osterburken. Ein weiteres wichtiges Anliegen war mir immer und ist es bis zuletzt die Baugeländeerschließung, damit Bofsheim für Bauwillige Bauplätze anbieten kann. Das ist gut gelungen: Jeder, der ein Haus in seinem Heimatort bauen wollte, hat das auch gekonnt. Vor kurzem wurden die Weichen für das Baugebiet „Hofacker II“ gestellt, wo weitere acht Bauplätze entstehen werden. Nicht zuletzt will ich den Umbau und die Erweiterung der Gymnastikhalle zu einer Gemeinschaftshalle nennen. Unter anderem halten wir dort Sitzungen des Ortschaftsrats und unsere alljährliche Altenfeier ab, der Sportverein feiert unter anderem seine Fastnachtsveranstaltung dort, und der Gesangverein veranstaltet dort seine Konzerte. Die Astrid-Lindgren-Schule ist sowieso vor Ort und auch der Kindergarten nutzt die Halle mit. Außerdem haben wir uns während meiner gesamten Amtszeit für eine starke Dorfgemeinschaft, mit unseren aktiven Vereinen als tragende Säulen, eingesetzt – gerade nach der Gemeindereform.

Gab es während Ihrer Amtszeit ein „Horrorprojekt“, an das Sie sich noch erinnern?

Geiger: Direkt zu Beginn meiner Amtszeit gab es fertige Pläne, wonach der gesamte Bachlauf des Rinschbachs verdolt werden sollte. Man wollte eine breite Straße anlegen, damit Autos und landwirtschaftliche Fahrzeuge abgestellt werden konnten. Das war für mich eine Horrorvorstellung, gerade wenn man sieht, wie es heute ausschaut. Wir haben uns im Ortschaftsrat darüber unterhalten und dann sukzessive einen Rückzieher gemacht – was auch gut so war.

Wenn wir einen Blick in die Zukunft wagen: Gibt es etwas, das Ihr Nachfolger oder Ihre Nachfolgerin im Auge behalten muss?

Geiger: Das große Thema Ortsdurchfahrt ist verkehrstechnisch weiterhin ein Problem. Zwar hat sich die Situation in der Vergangenheit durch kleinere Maßnahmen leicht verbessert, sie ist aber noch nicht in Ordnung. Der Verkehr und die Belastungen sind weiterhin enorm: Es fahren täglich 4000 bis 5000 Fahrzeuge durch Bofsheim. Davon sind viele Lkw. Ich befürchte, dass die Zahl weiter zunimmt. Der Wunsch der Bevölkerung ist daher, dass eine Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 30 eingeführt wird – zumindest in den Abendstunden. Außerdem sollen ein oder zwei Blitzer aufgestellt werden. Die Zusage vom Landratsamt liegt vor.

Nach 46 Jahren haben Sie viel Erfahrung als Ortsvorsteher. Worauf kommt es Ihrer Meinung nach beim Ausüben des Amts besonders an? Welche Charaktereigenschaften sollte man mitbringen?

Geiger: Man sollte zuhören können und die Anliegen der Bürger ernst nehmen. Der Rückhalt und der Kontakt zur Bevölkerung sind immens wichtig. Allerdings muss man immer das große Ganze im Blick behalten und dabei gerecht sein. Natürlich kann man nicht immer jeden Wunsch gleich erfüllen. Von alleine kommt wenig. Auch das habe ich gelernt. Man muss sich engagieren.

Haben Sie über die Jahre festgestellt, dass Sie das Amt verändert hat? Sind sie womöglich sturer geworden?

Geiger: Sturer nicht, ganz im Gegenteil. Ich bin in vielen Dingen gelassener geworden. Allerdings war ich es schon von meiner beruflichen Tätigkeit gewohnt, in Gremien zu arbeiten. Da habe ich schon Erfahrungen in das Amt mitgebracht.

Wenn Sie nun zurückblicken, wie geht es Ihnen?

Geiger: Ich schaue mit einer gewissen Zufriedenheit und Genugtuung zurück, bin dankbar und hoffe, dass ich gesund bleibe.

Gibt es etwas, das Sie rückblickend anders gemacht hätten?

Geiger: Ich möchte das im Einzelfall und auf die lange Zeit gerichtet nicht völlig ausschließen. Grundlegend eher nicht.

Warum haben Sie nicht mehr für die Wahl kandidiert?

Geiger: Ich habe bereits bei der Wahl 2019 darüber nachgedacht, nicht mehr zu kandidieren. Hätte man mir mit 28 gesagt, dass ich nach so langer Zeit immer noch Ortsvorsteher sein würde, hätte ich das nicht geglaubt. 49 Jahre im Ortschaftsrat, 46 Jahre als Ortsvorsteher, 44 Jahre als Stadtrat, davon 17 Jahre als Fraktionsvorsitzender – das ist doch genug.

Was haben Sie jetzt in Ihrem wohlverdienten Ruhestand vor?

Geiger: Konkrete Pläne habe ich nicht. Ich fahre gerne Fahrrad und auch mit der Bahn. Außerdem will ich mir mehr Zeit für persönliche Dinge nehmen. Schließlich habe ich in den vergangenen Jahre immer wieder private Termine abgesagt, weil ich die Aufgabe, die ein solches Amt mit sich bringt, richtig machen wollte. Aber sicher wird mir auch etwas fehlen und ich werde mich bestimmt – mit etwas Abstand – weiterhin für das Gemeindegeschehen interessieren.

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