Landwirtschaft - Ein gelungenes Beispiel für Diversifizierung und Direktvermarktung ist der Betrieb Stockert in Krautheim-Oberndorf

Stockert-Hof in Krautheim-Oberndorf steht vor erfolgreicher Zukunft

Wie werden Bauernhöfe erfolgreich in die Zukunft geführt? Welche Formen der regionalen Vermarktung und der Kooperation gibt es? Ein erfolgreiches Beispiel für Diversifizierung und Direktvermarktung ist der Hof Stockert in Krautheim-Oberndorf.

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bvsh
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Die Landwirte Stefanie und Steffen Stockert aus dem äußersten Eck von Hohenlohe vom „Oberndorfer Houfgoige“’ arbeiten mit viel Leidenschaft. © Dagmar Alberti

Oberndorf. Die Landwirtschaft als Teil des gesellschaftlichen Wandels. Für den Klima- und Artenschutz gibt es aus Sicht des Agrarbereichs keine generelle Lösung. Jedoch ist es – trotz existenziell gefährdender Lage – auch in der Vergangenheit den Landwirten immer wieder gelungen, sich den Märkten erfolgreich anzupassen und davon zu profitieren.

Vier Mitarbeiter

„In das Modell des kleinen Familienbetriebes mit ‚Mama, Papa und 50 Kühen’ möchten wir nicht zurück“, sind sich die jungen Landwirte Stefanie und Steffen Stockert aus dem äußersten Eck von Hohenlohe, das früher zum Neckar-Odenwald-Kreis gehörte, sicher. Die hauswirtschaftliche Betriebsleiterin und der Landwirtschaftsmeister betreiben mit insgesamt vier Mitarbeitern, mit Aushilfskräften und einem Praktikanten ihren Hof, der auch Mitglied im Bauernverband ist.

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Dazu helfen die Eltern als Altenteiler und die vier Kinder im Alter von neun bis 14 Jahren nach Kräften mit, die 500 Milchkühe, die 400 Masthähnchen, das Ackerland, die Grünflächen, die Streuobstwiesen und die Biogasanlage zu bewirtschaften. Zeitgleich bauen sie eine Direktvermarktung auf.

Eine wichtige Zielsetzung auf dem Betrieb des „Oberndorfer Houfgoigel“ ist es, die landwirtschaftlichen Produkte bekannter zu machen. Dafür hat sich die Hoffamilie Stockert einen Betriebszweig gesucht, der sich mit Nischenprodukten, wie Weidehähnchen, für eine Direktvermarktung anbietet. Seitens der Hofinhaber gab es zuvor bereits Überlegungen zu Aquakulturen, also der kontrollierten Aufzucht im Wasser lebender Tiere, und zu einem zweiten Milchviehstall plus Käseproduktion als Hofmolkerei. Beides wurde wieder verworfen.

Wahl fällt auf Mobilstall

„Den Gedanken an Geflügel und an Masthähnchen trage ich schon lange mit mir herum“, gesteht Landwirt Steffen Stockert. Vor einem Jahr nun hat er sich intensiv damit befasst und sich schlussendlich gegen Legehennen und für die Masthähnchen in einem Mobilstall entschieden.

Aktuell starten sie im vierten Durchlauf und einer speziell langsam wachsenden Rasse von Weidehähnchen. Das sind übrigens Männchen wie Weibchen – alles wird aufgezogen, was aus dem Ei kommt, wie sie selbst sagen. So gibt es alle sieben bis acht Wochen frisches Hühnerfleisch vom Hof: Teilstücke wie Brust, Schenkel und Flügel - und nun auch ganze Hähnchen.

Geschlachtet werden die Tiere bei den Kollegen auf dem „Sternhof“ in Rot am See-Brettheim. Die Weiterverarbeitung des Fleisches erledigen ein befreundeter Metzger und ein Wirt ganz in der Nähe. Tiefgekühlte Produkte und Wurst gibt es zusätzlich an festen Verkaufstagen auf dem Hof, was über Werbung bekannt gemacht wird. Denn damit der Umsatz stimmt, braucht es neben guten Produkten auch gutes Marketing. Dafür holen die Landwirte Stockert sich regelmäßig professionelle Hilfe, um in den Tageszeitungen, im Internet, via Flyer und vor allem in den sozialen Kanälen sehr gut präsent zu sein.

Wie kommt das gute Aroma in das Fleisch? Neu im Angebot sind geräucherte Hähnchen, auch ganze Tiere – gedacht zum Beispiel für die Winterzeit. Aber was genau macht sie so lecker? „Unsere Tiere bekommen von Beginn an nur regionales und europäisches Futter“, betont Landwirt Steffen Stockert. Selbst die Sojabohnen kommen von der Donau, wo sie wegen des guten Klimas und frei von Gentechnik wachsen.

Die kleinen Tiere sind die ersten drei Wochen im Stall, welcher ein mobiler Hühnerstall ist. „Jeder ‚Durchgang’ ist anders. Sie sind am Anfang zwar leicht schreckhaft – aber auch neugierig. Sie brauchen besonders viel Wärme und bleiben in ihrer vertrauten Umgebung, wo wir oft nach ihnen schauen. Dann zieht der Wagen auf die grüne Wiese um und sie sind den ganzen Tag draußen. Genau das gibt gutes Aroma für das Weidehähnchen-Fleisch: „Extrem saftig und mager“, ergänzt er um die Meinung seiner Kunden. Die frische Luft und die Reize des Klimas härten die Tiere ab und sorgen, neben dem guten Futter, für eine stabile Tiergesundheit.

Ursprünglich in der Dorfmitte

„Tradition ist für uns das Weitergeben der Glut und nicht der Asche.“ Das heißt für Stefanie und Steffen Stockert, dass sie ihren Betrieb eines Tages als attraktiven Hof an die ihnen nachfolgende Generation ihrer vier Kinder weitergeben möchten. „Deshalb haben wir überlegt, wie wir diversifizieren“, blicken sie zurück. Der ehemals elterliche Hof lag ursprünglich in der Dorfmitte. Er blickt auf eine lange Geschichte und auf eine Teilaussiedlung 2002 an den jetzigen Standort zurück.

Mitten im Grünen ist Platz für die 500 Kühe, die zuverlässig alle zwei Tage rund 25 000 Liter Milch liefern. Die Familie Stockert lebt genau hier mit und von der Natur und mit dem Wechsel der Jahreszeiten. Sie genießen die Freiheit und das Familienleben, was auf den Höfen deutlich einfacher zu kombinieren ist, als in der Stadt. Auch gemeinsamen Urlaub bekommen sie hin, was in der Landwirtschaft sehr gut organisiert sein will.

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Es ist ihnen wichtig zu vermitteln, dass Lebensmittel einen Wert und einen Platz haben, wo sie herkommen. Sie machen sich in Bezug auf ihre Verdienstmöglichkeiten Sorgen – wegen steigender Kosten für Energie, Dünger und Diesel und dem zeitgleichen kontinuierlichen Preisverfall für Ihre Produkte, wie den der Milch. Sie setzen auch deshalb auf zwei Wege in die Zukunft für ihren Hof und ihre Familie. Sie möchten zum einen den Massenmarkt mit der Milch ihrer Kühe und zum anderen den „High-End-Markt“ mit ihren Weidehähnchen bedienen. Beides möglichst nachhaltig: Mit kurzen Wegen, in sehr hoher Qualität und in einem regionalen Netzwerk.

Unterschiedlich herausfordernd

Beide Standbeine sind nach ihren Aussagen sehr unterschiedlich herausfordernd bezüglich der Größe und der Vermarktung und im Kundenkontakt. Für die Weidehähnchen gilt es derzeit, passende Ideen und Aktionen auf den Weg zu bringen. Neue Produkte, wie eben geräucherte, ganze Hähnchen und Teilstücke zur Weihnachtszeit, der Ausbau des Vertriebes bis nach Schwäbisch Hall und in die Gastronomie, sowie die Erweiterung der Angebote an Kollegen der Direktvermarktung, an Metzger und Caterer im Umkreis von 20 Kilometern, stehen auf dem Arbeitsplan der Landwirte Stefanie und Steffen Stockert aus Krautheim-Oberndorf.

„Das ist viel Handarbeit und es nimmt viel Zeit in Anspruch, bis ein Kundenstamm aufgebaut ist“, sagen sie positiv und packen es an. „Unser Beruf hat viele Reize. Es ist jedes Mal ein Naturereignis’, wenn eine Kuh kalbt“, schwärmt Landwirt Stockert emotional. Hut ab, denn seine Milchkühe bekommen immerhin rund 500 Kälber pro Jahr. bvsh

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