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Niederstetten/New York. „Ja, manchmal verspüre ich schon etwas Heimweh“, gibt die 34-Jährige im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten zu. Aufgrund der Corona-Pandemie sei sie zwischendurch ganze zwei Jahre lang nicht mehr in heimatlichen Gefilden gewesen. Andererseits habe sie in dieser Zeit eine große Chance, die sich ihr geboten habe, beim Schopf gepackt und setze mit weiteren Forscherkollegen zum großen Wurf an: „Die ,Pille für den Mann’ wäre ein echter Durchbruch. Voraussichtlich 2023 beginnen die klinischen Studien der Pharmaunternehmen – und in etwa zehn Jahren könnte sie dann auf dem Markt sein“ – auch Dank der jungen Niederstettenerin als einer der treibenden Kräfte. Doch alles der Reihe nach.
Klein angefangen
Auch Dr. Melanie Balbach hat mal klein angefangen. Der Weg nach oben habe sie über Bayreuth, wo sie ihren Bachelor in Biochemie erlangt hat, in die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn geführt, wo der Master-Abschluss in molekularer Biomedizin als Zwischenziel erreicht worden sei. Die Basis dessen sei damit gelegt worden, um sich weitere berufliche Träume erfüllen zu können, schmunzelt die gebürtige Vorbachtalerin während eines Video-Calls über den großen Teich mit unserer Zeitung. Schließlich strebe sie schlussendlich eine Professur an, die ihr viele neue Möglichkeiten eröffne.
Der jungen Forscherin aus dem Hohenlohischen haben es Spermien in ganz besonderem Maße angetan – „ein ganz spannendes Thema“.
Der Reiz, auf diesem Gebiet tätig sein zu können, liege darin, dass „ich mich mit dem Ursprung allen Lebens befasse“, teilt sie gegenüber unserer Zeitung mit. All diese unterschiedlichen Stationen hautnah mitzuerleben, das „ist äußerst faszinierend“.
Am New Yorker Weill Cornell Medical Center böten sich der ehrgeizigen Postdoktorandin vielschichtige Möglichkeiten – und darüber hinaus die Gelegenheit, selbstständig forschen zu können, um dabei auch eigene Ideen, Erfahrungen und Visionen für künftige Projekte einzubringen. Auf einen Nenner gebracht: „Für mich ist die Forschungstätigkeit mehr Berufung denn Beruf.“ Und wenn die Arbeit dann auch noch – wie in diesem ganz konkreten Fall – zum Wohle der Allgemeinheit erfolgreich ist, fördere dieser Umstand zudem die persönliche Motivation, weiter voranzukommen, ganz erheblich.

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Neben ihrer angestammten Arbeit ist Dr. Melanie Balbach, zusammen mit weiteren Forscherkollegen, an vorderster Front an einer „ganz großen Nummer“ beteiligt. „Bis die ,Pille für den Mann’ auf den Markt kommt, werden sicher noch einige Jahre vergehen. Aber wir sind schon jetzt auf einem guten Weg“, blickt die 34-Jährige in die Zukunft.
Die klinischen Studien ab dem kommenden Jahr würden seien dazu vorgesehen, um unter anderem zu eruieren, ob es zu Nebenwirkungen kommt. Tierversuche gäben aber jetzt schon berechtigten Anlass zu Optimismus. Im Falle einer erfolgreichen Umsetzung wäre dieses Projekt ein dickes Pfund, von dem ihre Universität stark profitieren würde.
Nur kurzzeitige Blockade
Und worum geht es bei dieser Art der Verhütung? „Hierbei werden beim Mann die Spermien nur kurzzeitig blockiert. Er nimmt eine Pille ein, deren Wirkung bereits nach 24 oder 48 Stunden wieder nachlässt“, erklärt die Postdoktorandin. Diese Methode sei aus ihrer Sicht weitaus schonender als solche, bei denen in den Hormonhaushalt des männlichen Geschlechts eingegriffen werde, zumal „nach jetzigem Stand der Dinge keine Nebenwirkungen zu erwarten sind“ und die Pille viel besser verträglich sei.
„Wir haben in dieses Projekt sehr viel Entwicklungsarbeit investiert, aber die zahlreichen Tests haben bewiesen, dass es funktionieren könnte.“
Diese vollkommen neue Art der Verhütung wäre vor allen Dingen bestens geeignet für Länder, in denen es bislang zu vielen ungewollten Schwangerschaften kommt – etwa auf dem afrikanischen Kontinent. Ein großer Vorteil der Pille sei, dass „sie nicht im Kühlschrank gelagert werden muss und zum Beispiel mit einem HIV-Konzentrat kombiniert eingenommen werden kann“.
Und wie geht es jetzt weiter? „Wir haben unsere Forschungstätigkeit im Zusammenhang mit diesem Projekt fast abgeschlossen. Jetzt geht es darum, dass ein Pharmaunternehmen, wie zum Beispiel Bayer, sich das Recht sichert, die klinischen Studien in Angriff zu nehmen“, erklärt die talentierte Forscherin. Nach ihrem Aufenthalt in den Staaten möchte sie wieder nach Deutschland zurückkehren, um hierzulande voll loszulegen.
Diese Lizenz sei freilich nicht umsonst zu haben. Wer hierbei richtig durchstarten möchte, werde mit einigen Millionen Dollar zur Kasse gebeten: „Ein Teil fällt für die Steuer an, ein anderer geht an die Universität, für die es eine willkommene Unterstützung für kommende Forschungsaufgaben darstellt. Und ein weiterer Teil geht schließlich an unser Team.“ Jetzt heiße es zunächst einmal, abwarten und Daumen drücken, bis die Studie erfolgreich abgeschlossen sei.
Nicht auf Lorbeeren ausruhen
Bis dahin will sie sich aber keinesfalls auf den Lorbeeren ausruhen, sagt Dr. Balbach. Sie habe ein Etappenziel erreicht, auf das sie sehr stolz sei. Und sie könne all jenen etwas zurückgegeben, die sie bislang bereits so tatkräftig unterstützt hätten. Die Arbeit indes gehe ihr auf keinen Fall aus. Denn die Forschung auf dem Gebiet der Spermien sei so umfangreich, dass noch zahlreiche Herausforderungen warten.
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