Niederstetten. In drei Tagesordnungspunkten beschäftigte sich der Gemeinderat mit dem Feuerwehrgerätehaus in Rinderfeld. Neben einem Sachstandsbericht wurde das Gremium auch über Kostensteigerungen bei den Roh- und Stahlbauarbeiten informiert. Außerdem stand die Vergabe der Heizung, Lüftung und Sanitärarbeiten sowie der Elektroarbeiten an. Doch auch beim ersten Tagesordnungspunkt, den „Fragen aus der Bürgerschaft“, kam der Neubau zur Sprache. Für Gerhard Gerlinger aus Rüsselhausen ist das Projekt „ein Wahnsinn“. Hier würden „unsere Steuergelder verprasst“, schimpfte er. 1,2 Millionen Euro, so behauptete er, würde der Bau kosten, dabei sei zu Beginn nur von 470 000 Euro die Rede gewesen.
„Kenne diese Zahlen nicht“
„Die Zahlen, die Herr Gerlinger nennt, kenne ich nicht“, merkte Stadtrat Roland Landwehr daraufhin an und auch Architekt Grups nannte später andere Zahlen. Landwehr wies nach einem längeren Vortrag Gerlingers außerdem darauf hin, dass der Tagesordnungspunkt den Bürgern lediglich die Möglichkeit geben solle, Fragen zu stellen. Diese Bemerkung rief wiederum Franz Scharly auf den Plan, der sich von den Zuhörerplätzen aus lautstark über diese „Maßregelung“ beschwerte. Daraufhin Landwehr: „Es ist nicht in Ordnung, wenn Sie einfach dazwischen schreien“.
Sowohl Verwaltungsleiter Klaus Brodbeck als auch Bürgermeister-Stellvertreter Harald Dietz antworteten Gerlinger mit dem Hinweis auf die Bestimmungen, die die Stadt laut Feuerwehrgesetz erfüllen müsse (siehe nebenstehende Infobox). Brodbeck fügte mit Blick auf die Materialkostensteigerungen hinzu, dass „Bauen sehr, sehr teuer geworden“ sei und sprach in diesem Zusammenhang vom „Fluch der ersten Zahl“: Oft merke man erst später, dass die ursprüngliche Planung den Anforderungen nicht gerecht würde.
Stadtrat Klaus Lahr merkte an, dass die Kosten für den Untergrund höher gewesen seien als zunächst angenommen. Außerdem habe Bürgermeisterin Heike Naber mit ihrem „fatalen Beschluss“, im letzten Jahr am Gemeinderat vorbei einen Stopp der Bauarbeiten vorzunehmen, die Kosten „um rund 100 000 Euro“ in die Höhe getrieben. Dadurch seien der Stadt einerseits die bis Ende 2020 geltende dreiprozentige Mehrwertsteuer-Verringerung entgangen, andererseits müssten durch die inzwischen stark gestiegenen Material- sowie Lohnkosten Nachzahlungen geleistet werden. Wie Architekt Grups erläuterte, müsse die Stadt die Mehrkosten tragen, da sie durch besagten Baustopp selbst die Verzögerung verursacht habe. Diese schlagen bei den Rohbauarbeiten mit rund 18 500 Euro und beim Stahlbau mit knapp 16 000 Euro zu Buche.
Die Kosten hätten laut Grups bei der ersten Berechnung im Jahr 2019 ohne äußere Erschließungskosten bei 873 857 Euro (abzüglich 490 000 Euro Zuschuss) gelegen. Im selben Jahr habe man die Erschließung des Baufelds ausgeschrieben, 2021 dann den Stahl- und Hallenbau sowie die Fenster. „Mit fast allen Gewerken“ habe man dank des Einsatzes der Verwaltung unter der Kostenberechnung gelegen. Allein bei den Technikkosten liege man nach der Fachplanung mit 50 Prozent über der Schätzung.
„Ein schwieriges Projekt“
Insgesamt erhöhten sich die Kosten damit auf rund 925 000 Euro. Würde man den geplanten Anbau, der der Gemeinde als Lager dienen soll, nicht realisieren, könne man den Preis auf 887 000 Euro drücken. Allerdings machte Grups klar, dass die Stadt „so ein Lager nie wieder für diesen Preis errichten“ könne. Bei einer Gegenstimme entschied sich der Gemeinderat für die Variante mit Gemeindelager. Außerdem nahm er von den Mehrkosten Kenntnis und vergab die Heizung, Lüftung und Sanitär für 61 046,98 Euro an die Firma Braun aus Markelsheim sowie die Elektroarbeiten für 91 566,91 Euro an die Firma Keim aus Niederstetten. Ende dieses Jahres soll mit dem Rohbau begonnen werden, der Stahlbau ist für Mitte Januar 2022 vorgesehen. „Es ist und bleibt ein schwieriges Projekt“, sagte Klaus Lahr schließlich, doch „es wurde alles getan, um das finanzielle Desaster in Grenzen zu halten“.
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