Niederstetten. Solange die anhängigen juristischen Verfahren nicht geklärt sind, könne man nicht mit der Bürgermeisterin zusammenarbeiten. Trotz und wegen der angekündigten Rückkehr Nabers ins Niederstettener Rathaus sei der Rechtsfrieden nicht hergestellt, argumentiert der Gemeinderat. Gerichtsentscheidungen werde man anerkennen. Doch so lange die nicht erfolgt sind, sehe man keine Möglichkeit einer gedeihlichen Zusammenarbeit.
Man appelliere an das Regierungspräsidium Stuttgart, die umstrittene Bürgermeisterin bis zum Abschluss der juristischen Auseinandersetzungen aus dem Rennen zu nehmen. Die bisherige Haltung des Gemeinderats bleibt auch nach der Forderung des Landratsamts Main-Tauber nach Kooperation unverändert. „Wir können mit Frau Naber nicht weiter zusammenarbeiten“, heißt es aus dem Gemeinderat, der sich am Dienstagabend zu einer gemeinsamen Abstimmungssitzung getroffen hat.
Rücktritt weiter unwahrscheinlich
Tenor und zusammengefasstes Ergebnis der Sitzung: Heike Naber ist für den Gemeinderat eine „Persona non grata“. In der Diplomatie bezeichnet man so einen unmissverständlichen „Rauswurf“, ohne dass dieser rechtlich erzwungen wird. In internationalen Angelegenheiten folgt ein Diplomat dieser indirekten Aufforderung und verlässt das Land.
Dass Bürgermeisterin Heike Naber noch von sich aus zurücktritt, das ist aber äußerst unwahrscheinlich. Sie hatte ihren Anspruch auf den Chefsessel im Rathaus mehrfach über Presseerklärungen deutlich gemacht, zuletzt am vergangenen Donnerstag. Und: Anders als etwa in Hessen ist die Abwahl eines Bürgermeisters – also die Verkürzung seiner regulären Amtszeit durch eine vorzeitig initiierte Wahl – in Baden-Württemberg nicht möglich. Auch ein kollektiver Rücktritt des Gemeinderats ist unmöglich. (vgl. nachfolgende Presseerklärung der Räte). Gemeinderäte können auch nicht aus Protest einer anberaumten Versammlung fernbleiben. Sie sind verpflichtet, an den Ratssitzungen teilzunehmen. Fazit: Wenn Naber zurückkehrt, dann muss sich das Gesamtgremium an einen Tisch setzen – wobei die Verwaltungschefin bei Abstimmungen eine – ihre – Stimme hat.
Der Rat, so heißt es, will ab dem „Tag X“ die maximale Kontrollfunktion übernehmen; schon wegen der früheren mutmaßlichen Manipulationen Nabers an Ratsprotokollen. Weil man der Bürgermeisterin grundsätzlich misstraut, wird das Gremium wohl auch ihre Kompetenzzuweisungen auf das Wesentliche beschränken.
Der Gemeinderat im Wortlaut
Nachfolgende gemeinsame Presseerklärung des Gemeinderats ging der FN-Redaktion am Mittwochnachmittag zu: „Nach der am Freitag, 13. Januar 2023 kommunizierten Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das VGH-Urteil bezüglich der vorläufigen Dienstenthebung der Bürgermeisterin ist nach Rechtskraft des Urteils die kurzfristige Rückkehr Frau Nabers ins Amt möglich und zu befürchten. Der Gemeinderat hat für diesen Fall ein kollektives Ausscheiden aus dem Amt prüfen lassen. Nach dem Ergebnis des Landratsamts Main-Tauber-Kreis besteht diese Möglichkeit rechtlich nicht. Das Regierungspräsidium hat die Abgabe einer Zweitmeinung zu der Frage abgelehnt.“
Die Gremiumsmitglieder „sind daher zu einer Fortsetzung ihres Amtes verpflichtet, sofern nicht individuell im Einzelfall andere Gründe gegeben sein sollten, die ein Ausscheiden aus dem Gemeinderat ermöglichen. Jedoch würde auch dies nicht die Rückkehr Frau Nabers ins Amt verhindern.“
Zum Fall Heike Naber: „Gegen sie sind weiterhin zwei Strafermittlungsverfahren, ein Disziplinarverfahren und teilweise Dienstaufsichtsbeschwerden anhängig, die nach teilweise mehr als zwei Jahren noch nicht zu einem Ergebnis gebracht wurden. Insbesondere der Vorwurf der nachträglichen Änderung eines unterschriebenen Gemeinderatsprotokolls zur Vertuschung einer weiteren Kompetenzüberschreitung betrifft unmittelbar das Verhältnis zwischen Bürgermeisterin und Gemeinderat. Die Klärung dieses gravierenden und alle Verfahrensarten betreffenden Vorwurfs und damit Herstellung des Rechtsfriedens wäre nach Auffassung der ehrenamtlichen Kommunalpolitiker notwendige Grundlage, um eine weitere Zusammenarbeit überhaupt in Betracht ziehen zu können“, heißt es im Schreiben des Gemeinderats.
Enthebung „möglich und geboten“
„Durch das VGH-Urteil und auch seitens des Landratsamts wird dem Gemeinderat im Ergebnis eine Zusammenarbeit aufgezwungen, obwohl diese für die betroffenen Damen und Herren Stadträte und Ortsvorsteher nach menschlichem Ermessen unter den derzeitigen Rahmenbedingungen zum Wohle der Stadt Niederstetten und ihrer Einwohner nicht gedeihlich möglich und für Personen im Ehrenamt auch nicht zumutbar erscheint. Dennoch müssen die Mitglieder ihrer Pflicht nachkommen, werden aber auch intensiv von ihren Rechten und politischen Optionen Gebrauch machen. Solange erwartet der Gemeinderat von den zuständigen Stellen, konkret vom Landratsamt und der Staatsanwaltschaft, dass die offenen Verfahren mit oberster Priorität schnellstmöglich vorangetrieben und zu einem Ergebnis gebracht werden.“ Das Gremium „hält in der Folge eine anschließende vorläufige bzw. endgültige Dienstenthebung weiterhin für möglich und nach eigenem Kenntnisstand auch für geboten. Unabhängig davon bleibt die Rücktrittsforderung aller Stadträtinnen und Stadträte sowie Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher gegen Frau Naber zum Wohle der Stadt Niederstetten und im Sinne des geleisteten Amtseids weiterhin uneingeschränkt bestehen.“
Michler „mit Kompetenz im Amt“
Beim gemeinsamen Treffen am Dienstag „dankten die Mitglieder des Gemeinderats Herrn Simon Michler sehr herzlich für die in den rund dreieinhalb Monaten in seiner Funktion als Amtsverweser geleistete Arbeit und die bereits in der kurzen Zeit erzielten Ergebnisse.“ Dabei habe man „endlich wieder“ erleben können, „wie ein Bürgermeisteramt erfolgreich, kompetent, rechtskonform und pflichtgemäß geführt wird.“
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