Wirtschaftsgeschichte - Der gebürtige Hohenloher Ernst Sachs hat mit dem elektrischen Lötkolben eine bahnbrechende Erfindung gemacht

Elektrischer Lötkolben: Aus Schmalfelden in die ganze Welt

Lange bevor sich Hohenlohe als Region der Weltmarktführer begriff, hat der Ernst Sachs ein Produkt erfunden, das nicht wegzudenken ist: den elektrischen Lötkolben.

Von 
Lothar Schwandt
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Sachs-Großneffe Gerhard Lay zieht am Blasebalg der Esse seiner Schmiede. © Lothar Schwandt

Schmalfelden.

Das Technikum Mittweida in Sachsen, an dem Ernst Sachs aus dem heutigen Schrozberger Ortsteil Schmalfelden von 1911 bis 1912 Maschinenbau und Elektrotechnik studierte, rühmt sich bis heute der bahnbrechenden Erfindung des elektrischen Lötkolbens. Aber auch in seinem Heimatdorf in Hohenlohe ist der weitblickende Ingenieur und spätere Unternehmer nicht vergessen. Erst recht nicht im Ersa-Werk in Wertheim: Die Anfangsbuchstaben von Ernst Sachs bilden den Firmennamen.

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Gerhard Lay (79), Landmaschinenmechanikermeister aus Schmalfelden und Großneffe von Ernst Sachs, weiß noch einiges über ihn zu erzählen – schon deshalb, weil Sachs die Hohenloher Heimat immer wieder besuchte. Sein Geburtshaus in der Hauptstraße von Schmalfelden verrät immer noch die einstige Schmiede. Vor der Werkstatt wurden Pferde beschlagen und bis heute steht dort – scheinbar unverrückt – der Schleifstein.

Dort muss den späteren Ingenieur das Umformen und Bearbeiten von Metallen, das ihn zeitlebens beschäftigen sollte, erstmals fasziniert haben, mutmaßt der Großneffe. Den jungen Gerhard Lay beeindruckte indes das kultivierte und gepflegte Äußere der Ehefrau seines Großonkels, Gertrud, die Berliner Flair ausgestrahlt habe.

„Er hat sich mit den Leuten verstanden und war sehr großzügig“, erzählt Lay über den berühmten Verwandten. „Zum Beispiel finanzierte er Erholungskuren für Bedürftige in der Verwandtschaft oder unterstützte Einrichtungen und Anschaffungen in Schmalfelden. Daher trägt auch die Ernst-Sachs-Liederhalle seinen Namen. Ein farbiges Kirchenfenster und sogar der Leichentransportanhänger gehen auf ihn zurück.“

Lay ist der letzte noch am Ort lebende Anverwandte und betreibt noch immer seine eigene Landmaschinenwerkstatt, in der er vor allem Reparaturarbeiten vornimmt. Besonders auf Hydrauliksysteme hat er sich spezialisiert, und sein Ersatzteilelager ist nach wie vor gut gefüllt. Seine Tochter Sonja besitzt sogar noch das Stammbuch, das bis auf den Urgroßvater von Ernst Sachs zurückgeht, nämlich auf Georg Leonhard Sachs, Schmiedemeister, geboren 1766, verheiratet mit Magdalena Barbara Steinbrenner aus Wiesenbach. Der Apfel fällt eben nicht weit vom Stamm.

Dass aus dem Startup von Ernst Sachs in einer angemieteten Werkstatt in Berlin ein Weltunternehmen wurde, das sich nach Kriegsende wieder in der Region etablierte, spiegelt zugleich deutsche Geschichte wider. Berlin mit seiner in Deutschland führenden Elektroindustrie wäre wohl auch heute noch der ideale Standort des Ersa-Werkes, doch die Bombardierung der Fabrikhallen im Zweiten Weltkrieg machte zunächst eine Betriebsverlagerung nach Niederschlesien erforderlich.

Aber auch dieses Werk war nach Kriegsende für Sachs verloren, und so musste er mit seiner Familie von dort flüchten und einen Neuanfang wagen – in Wertheim, wo seine Firma 1948 neu aufgebaut wurde. Die deutsche Teilung hatte ihn unmittelbar getroffen.

„Trotz der entbehrungsreichen Nachkriegszeit gelang ihm 1948 das Kunststück, seine Firma erneut aufzubauen. Dabei halfen ihm die Kundenkontakte aus der Zeit vor dem Krieg und sein ausgezeichneter Ruf als verlässlicher Geschäftsmann“, schreibt das Technikum Mittweida in seiner Würdigung.

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In der Tat knüpfte Sachs in der Nachkriegszeit dort an, wo er 1945 aufgehört hatte, stets am wachsenden Markt orientiert und sehr innovativ, was sich zum Beispiel bei der ersten Lötmaschine für den industriellen Einsatz und später durch temperaturgeregelte Lötkolben zeigte. Hinzu kam, dass Sohn Ernst jr. die Firma in seinem Sinne weiterführte und Neuentwicklungen weiter forcierte, auch nach dem Tod des Firmengründers 1977 im Alter von 87 Jahren.

1993 schloss sich die Firma mit dem Familienunternehmen Kurtz, das ursprünglich auf eine 1779 erbaute Hammerschmiede in Hasloch auf der bayerischen Mainseite zurückgeht, zur heutigen Kurtz Ersa zusammen. Der Technologiekonzern in Kreuzwertheim mit 1200 Mitarbeitern und 14 Tochterunternehmen ist international ausgerichtet und zählt zu den 50 ältesten Familienbetrieben Deutschlands. Allerdings blieb der Mischkonzern von Markteinbrüchen Anfang 2020 nicht verschont, die dann zum Verkauf der Eisengießerei in Hasloch führten, inzwischen sogar zur Stilllegung. Erst kürzlich wies Vorstandsvorsitzender Rainer Kurtz bei der Münchner Neuheitenmesse Productronica auf die eigenständige Ersa-Firmentradition hin: „Auf den Tag genau vor 100 Jahren wurde am 18. November 1921 der Grundstein für dieses heute sehr erfolgreiche Unternehmen gelegt. Wir freuen uns sehr, diesen Ehrentag mit unseren Kunden, Geschäftspartnern und unseren Ersianern im Sinne des ,One Family‘-Gedankens feiern zu dürfen. Mit Stolz blicken wir auf die letzten 100 Jahre und das Erreichte zurück – freuen uns aber auch sehr auf die nächsten 100!“

Damit meinte Kurtz zukunftsweisende Löt-Technologien, die die Marktführerschaft auch weiterhin sichern sollen, wie die weltweit erste voll vernetzbare Lötstation mit integriertem WLAN, Bluetooth und Netzwerkkarte. Angesichts solcher Entwicklungsschritte kann man den Eindruck bekommen, dass dem „elektrischen Lötkolben“ von Ernst Sachs noch eine große Zukunft bevorsteht.

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