Bad Mergentheim. Offizielle Empfänge der Stadt, das Neujahrsschießen auf dem Marktplatz und vom Ketterberg, Festveranstaltungen, Wachaufzüge, St. Georgs-Tage oder auch der Herzog-Paul-Abend - die Historische Deutschorden-Compagnie (HDOC) und das Historische Schützen-Corps (HSC) prägen den optisch-akustischen Eindruck seit 1978 bei vielen Gelegenheiten. Beide Vereine stehen symbolhaft für die Geschichte der Stadt – die „Weiß-Blauen“ (HDOC) für die Epoche des Deutschen Ordens, die „Grünen“ (HSC) für die darauf folgende königlich-württembergische Zeit.
Die „Grünen“ und die „Weiß-Blauen“
Die Historische Deutschorden-Compagnie hat rund 30 Aktive und 70 passive Mitglieder; zum Historischen Schützen-Corps gehören 53 Aktive und 47 passive Mitglieder.
Wer Interesse am Mitmachen in den beiden Vereinen hat, findet hier weitere Informationen und kann zudem per E-Mail Kontakt aufnehmen: Historisches Schützen-Corps: www.historisches-schuetzencorps.de; E-Mail: adjutant.etzl@historisches-schuetzencorps.de
Historische Deutschorden-Compagnie: www.hdoc.de; E-Mail: andreas.lehr@t-online.de hp
„Uns ist die Stadt- und Ordensgeschichte wichtig“, sagt der HDOC-Vorsitzende und Stadthauptmann Andreas Lehr beim Pressegespräch der beiden Vereine im „Arsenal“ des HDOC im Schloss. Mehr noch: „Wir wollen die Tradition auch gemeinsam pflegen“, ergänzt der HSC-Vorsitzende und Hauptmann Andreas Schweizer. Da man ein „gutes, freundschaftliches Verhältnis“ habe, wolle man am 1. Januar ein gemeinsames Neujahrsschießen abhalten – die Weiß-Blauen mit Kanone und Böller vom Ketterberg, die „Grünen“ mit ihrem Böller vom Galgenberg.
„Jeweils zwölf Schüsse für die zwölf Monate werden am 1. Januar ab 12 Uhr im Wechsel abgefeuert – ein unüberhörbares Signal, „dass es uns gibt und dass wir nach wie vor überaus lebendig sind“, sagt Schweizer. Übrigens: Beide Vereine bitten darum, dass sich die Menschen nicht auf den Weg auf den Galgen- und Ketterberg machen, um da dabei zu sein, denn „das ist wegen der pandemischen Lage nicht möglich“, verweist Lehr auf die Corona-Regeln. „Wir selbst sind mit reduzierter Mannschaft vor Ort“, ergänzt Schweizer. So sehr man sich auch über Zuschauer freuen würde: „Die Pandemie schließt das aus. Dafür kann man uns in der ganzen Stadt hören“, sagen die HDOC-Mitglieder Hans Adonij und Thomas Tremmel. Der Grund für das gemeinsame Handeln ist einleuchtend: „Corona hat uns zwei Jahre nahezu zur Untätigkeit verbannt“, verdeutlichen die beiden Hauptmänner. Selbst so traditionelle und gleichsam öffentlichkeitswirksame Auftritte – etwa der Neujahrsempfang der Stadt, das Neujahrsschießen auf dem Marktplatz und die jeweils eigenen Feste, bei denen Abordnungen beider Wehren seit vielen Jahren Präsenz zeigten, mussten wegen der Pandemie abgesagt werden.
Traditionspfleger
Die Rolle als „Botschafter der Stadt“ und „Traditionspfleger“ konnten weder die „Grünen“ (HSC) noch die „Weiß-Blauen“ (HDOC) „so ausüben, wie wir uns das wünschen“, verdeutlichen Günther Etzl von den „Grünen“ und Hans Hofmann von den „Weiß-Blauen“. Nicht einmal Treffen mit oder bei befreundeten Gruppen waren möglich. „Wir leben ja davon, uns der Öffentlichkeit zu präsentieren und somit auch Kontakt zu den Menschen zu halten“, verdeutlicht Lehr. Dass dieses nahezu zweijährige öffentliche Nicht-Vorhandensein Folgen für das Vereinsleben hat, ist klar: „Es gab nur wenige Möglichkeiten, uns bemerkbar zu machen“, sagt Schweizer.
Das HSC war bei der Kommandantentagung in Altshausen dabei, und auch das traditionelle Vorderlader-Scheibenschießen bei der Deutschmeister-Schützengilde im Schüpfer Loch konnte abgehalten werden. Bei der HDOC war ebenfalls nur wenig „drin“ – bei der Jubläums-Veranstaltung des „Lieblichen Taubertals“, mit der St-Georgs-Messe in der Marienkirche und der Teilnahme bei der 325-Jahr-Feier des Deutschmeisterbundes in Wien zeigten die Weiß-Blauen Flagge. „Mehr war nicht machbar“, sagen die beiden Kommandanten übereinstimmend. Und ja, man sei ja schon sehr froh darüber, dass man im Torwächterhaus und im Arsenal wenigstens den wöchentlichen Stammtisch abhalten konnte. „Aber selbst das war ja zwischenzeitlich nicht möglich“, so Etzl. Kurzum: Corona hat die zwei Vereine für die Öffentlichkeit nahezu unsichtbar gemacht. Das habe auch die Mitglieder sehr belastet, erklären die Vereinsvertreter übereinstimmend.
Zwei Jahre ohne öffentliche Auftritte seien natürlich ein Problem, wissen die Vorsitzenden, denn „das bedeutet auch zwei Jahre ohne Nachwuchswerbung, die ja ganz automatisch stattfindet, wenn man uns sieht und hört“, ergänzen Etzl und Hofmann. Neben dem bunten Bild der Uniformen sind Pulverdampf und lauter Knall nur ein akustischer Eindruck, denn beide Vereine haben ja auch noch ihre eigene Musik: die HDOC ihren Deutschmeister-Spielmannszug, das HSC seinen Hornistenzug. Mehr noch: Bei den „Grünen“ gibt es zudem die „Bürgerfrauen“ – eine wegen der selbstgeschneiderten zeittypischen Kostüme besonders auffallende Gruppe. Die „Marketenderinnen“ der Weiß-Blauen sind zahlenmäßig nicht so stark, gleichwohl ergänzen sie die Uniformierten. Für beide Vereine gilt: Eine personelle Aufstockung, also neue Mitglieder, „sind immer willkommen“, betonen Lehr und Schweizer. Wer Interesse an der Ordens- und Stadtgeschichte hat und sich aktiv an der Traditionspflege beteiligen möchte, „findet bei uns ein großes Betätigungsfeld“. Auch wer als „passives“ Mitglied im Hintergrund tätig werden will oder einfach nur die Vereinsarbeit fördern möchte, ist gern gesehen. Angesprochen sind junge Leute ebenso wie Erwachsene. „Tief in die Tasche greifen muss man nicht“ sagt Schweizer. „Wir haben Uniformen, Ausrüstung und auch Gewehre, sogar Instrumente können wir zur Verfügung stellen.“ Das sei bei den Weiß-Blauen ebenso, „wir machen den Einstieg leicht“, ergänzt Lehr. Die Kontaktaufnahme sei „niederschwellig und völlig unkompliziert“, betonen die Vereinsvertreter. „Einfach mal zum Stammtisch kommen und reinschnuppern“, sagen Etzl und Hofmann. Das Arsenal der „Weiß-Blauen“ hat immer Donnerstags ab 18 Uhr, das Torwächterhaus der „Grünen“ jeweils freitags ab 18.30 Uhr geöffnet (Aushang beachten!). Beim gegenseitigen Kennenlernen und im Gespräch mit den Mitgliedern erfahren die Interessenten alles Wissenswerte.
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