Lauda. Ein kindgerechtes Leben führen dürfen – dies war das Ziel, das sich die Gründer des Vereins „Hilfe für Kinder in Not“ 1991 gesteckt haben. „Wir sind bewusst in Länder gegangen, in denen die Kinder keine Rechte haben, in denen es keine soziale Netze zum Abfedern gibt und wo Kindern sehr häufig Gewalt angetan wird“, sagt Barbara Kerschkowsky, die Vorsitzende des Vereins. Sie hat die Geschicke vor zehn Jahren nach dem Tod ihres Mannes Dieter übernommen und fortgeführt. Seit 30 Jahren engagiert sie sich zusammen mit weiteren Unterstützern für die Belange der Jüngsten.
Ins Leben gerufen wurde „Hilfe für Kinder in Not“ Lauda aufgrund ihres Besuchs auf Sardinien. Als Journalistin begleitete Barbara Kerschowsky 1990 Bundeswehrkräfte und lernte eine einheimische Folkloregruppe kennen. Die setzte sich für Kinder ein, die an der sogenannten Mittelmeer-Anämie litten. Wieder zurück im Taubertal erzählte sie ihrem Mann davon. Dem ging das Schicksal dieser Kleinen mit der vererbbaren Krankheit nahe. Und er initiierte ein Hilfsangebot.
Von ursprünglich 20 ehrenamtlich Engagierten wuchs die Gruppe im Laufe der Jahre auf bis zu 100 an. „Wir haben zwar Mitglieder aus Lauda-Königshofen und der Region, sind aber hier kaum in Erscheinung getreten.“ Langfristige und nachhaltige Hilfe, die wirkungsvoll ist, war das Ziel des Unterstützerkreises. „Wie oder warum die Kinder in Not geraten sind, spielte keine Rolle“, erklärt die Vorsitzende.
Eingebracht hat man sich zunächst auf Sardinien, um den betroffenen Kindern zu helfen. Als sich die dortige Folkloregruppe, die auch einmal im Taubertal zu Gast war, aufgelöst hatte, suchten sich die Mitglieder ein neues Betätigungsfeld. Mit dem Balkankrieg, der vor allem die Jüngsten traf, gab es ab 1992 im Krisenherd viel zu tun. Medikamente, Hygieneartikel und Nahrungsmittel für Kinderkrankenhäuser und Kinderheime waren willkommene Spenden.
Kinder aus Kriegsgebiet geholt
In Zuge dieser Hilfe, die auch nach Bosnien ging, lernten die Kerschkowskys Suzana Lipovac kennen, die sich in der Stuttgarter Organisation „Kinderberg International“ engagierte. „Ich hatte einen Beitrag über den Einsatz der Frau gehört“, so die Vorsitzende. Aus dem ersten Treffen ist eine Freundschaft entstanden. Lipovac kümmerte sich nicht nur um Frauen und Kinder im Kriegsgebiet, sondern holte auch immer wieder verletzte Kinder zwischen den feindlichen Linien heraus, damit sie in Stuttgart medizinisch und vor allem psychologisch behandelt werden konnten.
Der Laudaer Verein unterstützte den Aufbau eines Krankenhauses im Kosovo sowie ein Haus, in dem Kinder und Jugendliche berufliche Qualifikationen erhalten konnten. Barbara Kerschowsky freut sich, dass dieses Projekt schnell ein Selbstläufer wurde. Damit hatte man die Möglichkeit, in Matyazo in Tansania ein Krankenhaus und ein Waisenhaus zu unterstützen, um den Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen. „Schuluniformen und Möbel haben wir vor Ort herstellen lassen, um die lokalen Betriebe mit Aufträgen zu versorgen. Zudem wurden kleine Häuser, vergleichbar mit dem Prinzip der SOS-Kinderdörfer, für die Waisen errichtet.“
Mit dem Bau eines Windrads 2003 für die Wasserversorgung und dem Errichten von drei Spezialöfen zur Nutzung von Kaffeespelzen wurden weitere Meilensteine geschafft. Mittlerweile hat man auch einen Traktor für die Landarbeit angeschafft. Stolz ist sie, dass mehrere junge Leute in der Zwischenzeit ihre Ausbildung gemacht haben.
Viel Engagement wurde ab 2002 zusammen mit „Kinderberg International“ auch in die Afghanistan-Hilfe gesteckt. Bildung von Mädchen war dabei nur ein Schwerpunkt. Zusätzlich wurden eine Krankenstation in Kabul und einige Ambulanzen zur medizinischen Versorgung der Landbevölkerung und zur Gesundheitsvorsorge eingerichtet.
Wenn Barbara Kerschkowsky nun die Bilder aus dem Land sieht, wird sie traurig. „Auch wenn Suzana Lipovac, die sehr oft vor Ort war, betont, es war nicht umsonst und wir haben viel bewegt“, hätte sich Barbara Kerschkowsky eine andere Zukunft für die Region gewünscht.
Nach sieben Jahren habe man sich dort zurückgezogen und in der Elfenbeinküste ein Projekt für Aids-Waisen betreut. Auch hier wurde das Augenmerk auf die Schulbildung der Kinder gelegt. In der „Ecole Lauda“ wurden 80 Jungen und Mädchen unterrichtet und auch medizinisch und psychologisch betreut. Finanziert hat man nicht nur die Schulmaterialien, sondern auch die Lehrer und eine warme Mahlzeit. „Viele Kinder kommen von weit her in die Schule und haben nur wenig zu essen.“ Eine weitere Maßnahme waren Kredite an Frauen, damit diese als Kleinunternehmerinnen für den Lebensunterhalt der Familie sorgen konnten.
Gelder des Vereins flossen in eine Kindertagesstätte, die nach dem Elbhochwasser zerstört wurde, sowie in ein Therapiezentrum auf Sri Lanka nach der Tsunami-Katastrophe. Seit einigen Jahren wird auf den Philippinen in der Provinz Samar Franziskaner-Pater Renoblas unterstützt, der dort ein Waisenhaus betreut. „Zu sehen, wie sich die Jugendlichen entwickeln, macht viel Freude“, so die Vorsitzende voller Stolz. Der Kontakt kam über eine philippinische Familie aus Lauda, deren Schwester dort arbeitet, zusatnde.
Insgesamt konnten die Mitglieder rund 800 000 Euro in die Projekte stecken. „Alles ging in die Arbeit vor Ort“, berichtet sie von der ehrenamtlichen Tätigkeit. Durch Gewährsleute habe man immer einen guten Überblick über den Stand gehabt.
Finanziert wurden die Projekte vor allem durch Spenden, aber auch durch verschiedene Veranstaltungen. „Zugpferde“ waren Benefizkonzerte, aber vor allem das Multi-Kulti-Fest. „Die Resonanz war enorm und das Fest hatte eine große integrative Kraft“, erinnert sich die Vorsitzende. Bewusst habe man sich für die Feier der Gemeinschaft der verschiedenen Nationalitäten den „Tag der Deutschen Einheit“ ausgesucht. „Wir wollten den Blick weiten und die Symbolkraft nutzen.“ In diesem Jahr wird es auch wegen Corona, kein Multi-Kulti-Fest geben.
Ein weiteres Konzert ist am 9. Oktober. Dann ist die Pianistin Asli Kilic aus Mannheim zu Gast und spielt romantische Werke der Jahrhundertwende. Dabei wird auch Suzana Lipovac von ihrer Arbeit berichten.
Bereits am 24. September wird bei der Mitgliederversammlung im Hotel „Ratskeller“ über die Zukunft des Vereins gesprochen.
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