Lauda-Königshofen. Wenn Ralph Walterspacher von der Stiftung „Pro fratre et amico“ erzählt, dann scheinen die Worte nicht nur aus seinem Mund zu kommen, sondern werden vom Strahlen in den Augen unterstrichen. Der Pfarrer, der zusammen mit Stefan Märkl die Seelsorgeeinheit Lauda-Königshofen leitet, ist ein wichtiger Teil dessen, was sein Vater Herbert 2006 ins Leben gerufen hat. Unterstützung erhält er seit längerem von Günter Deppisch aus Beckstein.
Warum dem Geistlichen die private Stiftung so wichtig ist? Ein stilles Lächeln huscht über seine Lippen. Die Erklärung sei ganz einfach: „Wir können nichts dafür, dass wir in Deutschland als einem sehr reichen Land geboren sind. Und die Menschen in Äthiopien können nichts dafür, dass sie in einem armen Land geboren sind.“ Für Walterspachers Vater Herbert war das Helfen daher ein zentraler Punkt. „Er hat als Vorstand einer Bank und Unternehmensberater erfahren, welche Möglichkeiten uns offen stehen. Und von diesem Leben im Wohlstand wollte er etwas abgeben.“ Das ist auch der Beweggrund für den Becksteiner Günter Deppisch, der sich zusammen mit seiner Frau Annette um junge Geflüchtete aus Eritrea kümmert.
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„Dieses Teilen macht einfach viel Freude“, sagen die beiden Männer. Und der Seelsorger räumt ein, auch für den eigenen Glauben viel gelernt zu haben. „Die Menschen dort haben uns verändert“, so Walterspacher. „Sie leben in sehr schwierigen Verhältnissen und sind trotzdem glücklicher und zufriedener als manche hier.“ Der Blick ändere sich, wenn man sehe, mit wie wenig die Leute dort auskommen und welchen Ballast man hier mit sich herumschleppe.
Hilfe zur Selbsthilfe ist das Ziel der Stiftung. In Äthiopien wird ein Elementarschulprojekt unterstützt, damit vor allem Mädchen und Jungen die Möglichkeit haben, einen Abschluss zu machen und somit auch eine Berufsausbildung. In der 20 000-Einwohner-Stadt Alemtena werden eine Grundschule und eine Sekundarstufe mit insgesamt über 450 Kindern sowie ein Kindergarten mit 280 Mädchen und Jungen gefördert. Vor allem Waisen und Kindern aus prekären Verhältnissen gilt die Aufmerksamkeit.
Unterstützung für Grundschule
Bücher und Schuluniformen werden angeschafft sowie die Lehrergehälter gezahlt, um den nachhaltigen Betrieb der Schule zu ermöglichen. Selbst im Kindergarten wird bereits nach Stundenplan gelernt. Zudem erhalten die Kinder mittags eine Mahlzeit. Dass 2018 die ersten Absolventinnen ihren Abschluss gemacht haben, freut die beiden Männer aus dem Taubertal sehr. Besondere Unterstützung erhalten einige Mädchen, die aus sehr armen Verhältnissen stammen oder sich durch hervorragende schulische Leistungen hervorgetan haben. Daneben gibt es ein Alphabetisierungsprogramm für Erwachsene, Familienhilfe und „Seniorentreffen“.
Medikamente für Krankenstation
Eine Krankenstation wird in Alemtena ebenfalls mit dem Nötigsten unterstützt, von Medikamenten bis zu Klinikbedarf. Dort schaut Walters-pachers Bruder Stephan als Arzt immer wieder vorbei. Weitere Stationen sind in Chole und Waragu südlich der Hauptstadt Addis Abeba, um die sich die Stiftung ebenfalls kümmert.
Äthiopien am Horn von Afrika habe ein enormes Bevölkerungswachstum und einen tief verwurzelten Glauben, sagt Günter Deppisch. Mehr als 40 Prozent der Bevölkerung ist von der orthodox-christlichen Kirche geprägt.
Eingebettet ist die private Stiftung unter dem Dach der Steyler Missionare. Die gläubigen Schwestern vor Ort koordinieren die Projekte. Das Geld kommt den Leuten direkt zugute. Die Walterspachers besuchen einmal jährlich rund um das orthodoxe Weihnachtsfest Anfang Januar Äthiopien. Die Herzlichkeit und Gastfreundschaft sei immer wieder eindrucksvoll. Für die Kinder haben sie stets Spielsachen im Gepäck – ob Spielzeugautos oder beim letzten Mal einige Fußbälle, mit denen die Kids sofort gekickt haben. Auch Deppisch war bereits dabei, der vom kulturell reichen und landschaftlich sehr imponierenden Äthiopien schwärmt.
Bei den Schwestern wird nicht nur das finanzielle Budget besprochen, sondern auch notwendige Investitionen. Ein Klassenzimmer wurde dabei auch schon einmal am „Reißbrett“ entworfen. Und die Gäste aus dem fernen Deutschland machen sich ein Bild davon, wie die Spendengelder verwendet werden.
Mikrokredite vergeben
Zu den „Ausgaben“ der Missionsschwestern gehören auch Mikrokredite an Frauen, die damit Ziegen und Hühner kaufen oder Gemüse anbauen. Fleisch, Eier und Gemüse werden zum Verkauf angeboten, um für den Lebensunterhalt der Familie aufzukommen. „Oft sind das Frauen, deren Männer sie verlassen haben“, so Walterspacher.
Hilfe ist auch dringend im Flüchtlingslager Bidi Bidi in Lodonga/Uganda nötig. Dort leben 250 000 Menschen, die vor dem Bürgerkrieg im Südsudan geflohen sind und teilweise schon kleine Hütten gebaut haben. Eine junge Frau, die den beiden Lauda-Königshöfern sehr ans Herz gewachsen ist, ist Dawa Josefine. Sie macht gerade ihr Abitur und will Ärztin werden, um ihren Mitmenschen helfen zu können. Die Berichte über ihre Flucht und die dabei erlebten Gefahren haben Walterspacher und Deppisch berührt. Erst nach vielen Jahren habe sie im Camp ihre Mutter wiedergefunden.
Lebensfreude im Flüchtlingscamp
Die Lebensfreude und Energie begeistert die beiden. Deshalb soll die junge Frau im Studium gefördert werden. „Eine berufliche Perspektive gibt es nur außerhalb des Lagers“, wissen die beiden. Dawa soll ihren Weg machen, wünschen sie sich. So wie ein junger Soldat, der unbedingt mit ihnen sprechen wollte. Er hatte als Kind einen Paten, der ihn finanziell unterstützt hat und aus dem Südschwarzwald stammt. Mit dem wollte er gerne in Kontakt treten, und Walterspacher sollte ihm dabei helfen.
„Wir wissen, dass unser ganzes Engagement nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist und wir nicht die Welt retten können“ , räumt der Seelsorger ein. Trotzdem sei diese Hilfe sehr wichtig. Walterspacher hofft, dass diejenigen, die diese Unterstützung erfahren haben, künftig ihren Part in der Gesellschaft übernehmen. Rund 80 000 Euro werden jährlich über die Steyler Schwestern in die Region im Osten Afrikas verteilt.
Die Stiftung will der 73-jährige Herbert Walterspacher gerne in andere Hände übergeben. Auch dann wollen seine Söhne, Pfarrer Ralph, der in Vorträgen die Projekte vorstellt, und Arzt Stephan sich zusammen mit Günter Deppisch weiterhin einbringen. „Wichtig ist, etwas weiterzugeben. Die Menschen, denen es weniger gut geht, können uns nicht egal sein“, unterstreicht der Pfarrer den Gedanken der christlichen Nächstenliebe.
Zunächst aber steht im kommenden, nach einer Corona-Pause in diesem Jahr, wieder ein Besuch vor Ort an.
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