Die Musikschule in Lauda-Königshofen fordert die Aufrechterhaltung eines dauerhaften Präsenzunterrichts – analog zu den allgemeinbildenden Schulen.
Lauda-Königshofen. Seit Beginn der Coronakrise Mitte März 2020 war und ist auch der Unterricht bei der Schule für Musik und Tanz im Mittleren Taubertal von den jeweils geltenden Auflagen der Corona-Verordnungen geprägt (wir berichteten). „Laut derzeitig gültiger Regelung dürfen wir nur dann Präsenzunterricht anbieten, wenn die kreisweite Inzidenz für mindestens fünf Werktage kleiner als 100 ist, so dass in letzter Zeit nur Fern- und Online-Unterricht zugelassen war“, erläutert Edgar Tempel, Leiter der Einrichtung in Lauda. Um dem Fernunterricht über das Internet eine rechtliche Grundlage zu geben, benötige die Musikschule eine schriftliche Einwilligung der Eltern oder – bei Volljährigkeit – der Schüler.
Maximal fünf Personen
Nachdem unterdessen der Sieben-Tage-Inzidenzwert im Main-Tauber-Kreis nach Berechnungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) an mindestens fünf aufeinanderfolgenden Werktagen unter 100 gesunken und damit ab vergangenen Freitag die „Bundesnotbremse“ außer Kraft gesetzt ist, dürfen laut einer Mitteilung des Landratsamtes unter anderem Musikschulen Präsenzunterricht mit maximal fünf Personen aus zwei Haushalten anbieten, wie auch die Musikschule in den sozialen Medien bekanntgegeben hat. „Unsere Lehrkräfte nehmen direkt Kontakt mit den Schülern und Eltern auf, um den genauen Zeitpunkt der Wiederaufnahme mitzuteilen. Die Hygienebestimmungen im Musikschulgebäude und den öffentlichen Schulgebäuden sind nach wie vor strikt einzuhalten“, kündigte Tempel bei der Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts am Freitag an.
Einhergehend bereiten trotz der jüngsten Lockerungen dem Musikschulleiter Einzelheiten der Regelungen enormes Kopfzerbrechen: „Musik-, Kunst- und Jugendkunstschulen dürfen Präsenzunterricht mit maximal fünf Personen aus zwei Haushalten anbieten.“ Mit „Personen“ seien gemäß den sonstigen Hygieneregeln wohl Jugendliche oder Erwachsene ab 14 Jahre gemeint. „In der Praxis würde dies bedeuten, dass außer dem Lehrer als eine Person eines Haushalts noch eine bis vier Personen lediglich aus einem einzigen weiteren Haushalt präsent sein dürfen“, mutmaßt Tempel.
„Die Festlegung auf den Schwellenwert von 100, von dem abhängig ist, ob Präsenz- und Einzelunterricht an einer Musikschule stattfinden darf, weil die Inzidenz darunter liegt, oder bei Überschreitung ausfallen muss, ist reine Willkür“, kritisiert der Musikschulleiter. In anderen Bundesländern liege er bei 165, so dass dort Musikschulen analog zu den allgemeinbildenden Schulen Einzelunterricht in Präsenz wenigstens bis zu diesem Inzidenzwert erteilen könnten. „Kinder und Jugendliche sind im Musikunterricht dank Einhaltung der Hygienemaßnahmen überhaupt nicht gesundheitsgefährdet sowie die potenziell besonders gefährdeten Großeltern mittlerweile so gut wie alle geimpft“, gibt er zu bedenken.
Sobald der Inzidenzwert im Kreis laut RKI an drei Kalendertagen in Folge wieder über dem Wert von 100 liegen würde, müsste die Musikschule ihren Präsenzbetrieb abermals einstellen. „Wir wollen offenbleiben, auch falls der Wert von 100 wieder überschritten wird, und die anderen Landkreise im Musikland Baden-Württemberg brauchen ebenfalls offene Musikschulen“, appelliert Tempel.
In diesem Kontext weist er auf eine landesweite Online-Petition inklusive einer aktuell laufenden Unterschriftenaktion hin, die beim Petitionsausschuss des Baden-Württemberger Landtag eingereicht werden soll. Darin wird die Forderung bekundet, dass „die Musikschulen in Baden-Württemberg als Bildungseinrichtungen eingestuft werden und für den Einzelunterricht unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen bis zu einer Inzidenz von 165 geöffnet werden dürfen“.
„Nach 15 Wochen Online-Unterricht wird deutlich, dass viele Schüler ‚online-müde’ und über den Bildschirm nur mehr schwer zu motivieren sind, so dass zahlreiche Abmeldungen drohen oder schon erfolgt sind“, berichtet Tempel. Andere wollen mit einer Anmeldung zum Unterricht abwarten oder den Unterricht nicht aufnehmen, solange er nur digital durchgeführt werden kann. Zudem seien manche essenziellen Unterrichtsinhalte – insbesondere klanglicher Art oder das Miteinander musizieren – digital nicht zu vermitteln oder auszuführen.
Wegfall von Schülern droht
„Den Musikschulen in Baden-Württemberg droht dadurch ein massiver Wegfall von Schülern für das kommende Schuljahr. Das hat zur Folge, dass bei gleichbleibenden Kosten für die Kommunen teils erhebliche Lücken in den Deputaten der Lehrkräfte entstehen. Für einige Beschäftigte besteht die Gefahr von Gehaltseinbußen, was derzeit besonders dramatisch ist, da alternative Verdienstmöglichkeiten für Musiker wie etwa durch Konzerte oder Workshops entfallen“, erklärt Tempel.
Der große und für Musikschulen nicht nur in finanzieller Hinsicht wichtige Bereich der Musikalischen Früherziehung breche weg, da Gruppenunterricht auf lange Sicht wahrscheinlich nicht stattfinde. Hierdurch entstehe ohnehin bereits eine Lücke, deren Vergrößerung unbedingt entgegengewirkt werden müsse, indem die Motivation durch die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichtes gefördert werde.
„Ein zumindest eingeschränktes Unterrichtsangebot an den Musikschulen könnte für die Kinder und Jugendlichen eine Form von Stabilität und annähernden Normalität bieten. Dies wäre in dieser seit über einem Jahr andauernden Situation förderlich und unterstützenswert, da der Bildungsauftrag durch die individuelle Förderung im Einzelunterricht von unschätzbarem Wert für die persönliche Entwicklung der Kinder und Jugendlichen ist – erst recht in diesen Zeiten“, bekräftigt der Musikschulleiter.
„Eine Öffnung für den Einzelunterricht – das Kerngeschäft der Musikschulen – kann unter den aktuellen Bedingungen und unter Einhaltung der Hygieneregeln verantwortet werden, um dem Musizieren von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen nach über einem Jahr Pandemie eine Perspektive zu bieten“, schließt sich Edgar Tempel den Forderungen einer Arbeitsgruppe von Mitgliedern der Konferenz der Landesmusikräte und des Deutschen Musikrats an. Die Online-Petition ist auf der Facebook-Seite der Schule für Musik und Tanz erreichbar. Weitere Infos gibt es bei der Musikschule, Telefon 09343/7097403, E-Mail: Info@musikschule-lauda.de.
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