Landgericht Mosbach

Lauda-Königshofen: Drogenhandel im großen Stil betrieben?

Es hat filmreife Elemente, das jüngste Strafverfahren am Landgericht Mosbach. Amphetamine werden im Kellerlabor produziert, ein Kopf der Bande macht die Ansagen und verdeckte Ermittler nehmen die gut vernetzte Bande hoch

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Simon Retzbach
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Die vier Angeklagten müssen sich wegen bandenmäßigen Drogenhandels vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Mosbach unter Vorsitz von Dr. Barbara Scheuble (vorne stehend, Mitte) verantworten. © Simon Retzbach

Lauda-Königshofen/Tauber-Odenwald. Der Drogenprozess vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Mosbach gegen vier Männer, die im größeren Stil Rauschmittel hergestellt und verkauft haben sollen, wurde fortgesetzt.

Nachdem am ersten Verhandlungstag keine Zeugen mehr gehört wurden, sollte es am vergangenen Freitag nun darum gehen, unter anderem durch Aussagen von Ermittlern und Einlassungen der Angeklagten Einblicke in die Strukturen des Quartetts zu gewinnen.

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Durch übereinstimmende Aussagen lässt sich die grundlegende Dynamik gut skizzieren. Kopf der Bande soll P. gewesen sein. Er habe die Kunden aufgetrieben und Verkäufe in die Wege geleitet, zudem die Gelder aus Verkäufen verwaltet. A. soll letztlich eine Art Handlanger von P. gewesen sein und auf dessen Ansagen gehandelt haben. „Man hat gemerkt, wer das Sagen hat. A. hat gemacht, was ihm gesagt wurde“, so ein Freund der Angeklagten vor Gericht. Im Keller des Wohnhauses von A. wurden auch die Drogen hergestellt, für die er auf wiederholten Fahrten in die Niederlande Materialien besorgte.

Getrennte Verkäufe der vier Angeklagten

Die beiden anderen Angeklagten V. und S. sollen A. beim Feiern kennengelernt haben. Auf der Suche nach günstigerem Amphetamin sollen sie mit ihm ins Gespräch gekommen sein. Das Angebot, die Droge im Keller von A. herzustellen, nutzten sie schließlich. In der Folge zahlte jeder anteilig die Materialkosten, V. und S. unterstützten bei der Produktion und durften daher Teile davon für ihren Eigenkonsum und Handel behalten.

Verkauft habe man dann getrennt. Während A. und P. Geschäfte im Main-Tauber- und Neckar-Odenwald-Kreis machten, sollen die anderen beiden Angeklagten eher im Raum Heilbronn verkauft haben. Gemeinsamer Nenner der Vier war letztlich überwiegend das gemeinsam benutzte Drogenlabor für die Produktion.

Doch wie konnten die Ermittler derart genaue Einblicke in die illegalen Machenschaften gewinnen? Begonnen hatte der ganze Ermittlungsprozess mit einem Hinweis der Polizei Buchen an die Kriminalpolizei in Tauberbischofsheim. Über einen Abnehmer identifizierte man dessen Lieferanten und landete bei den heutigen Angeklagten A. und P. Diese sollen zwischen einem halben und einem ganzen Kilogramm Rauschgift an den Buchener verkauft haben.

Telefonüberwachung bringt Einblicke in die Strukturen

Grund genug für ein Ermittlungsverfahren. In diesem Zuge kamen ab Dezember 2023 ausführliche Überwachungsmaßnahmen der Telefone und Fahrzeuge der Angeklagten zum Einsatz. Die Besorgungsfahrten in die Niederlande konnten ebenso wie mehrfache Telefonate zwischen den vier Angeklagten nachgewiesen werden. Über diese Telefonate wurde klar, wie die Angeklagten miteinander in Verbindung standen, wer welche Aufgaben übernahm und dass der Ausgangspunkt das Kellerlabor in Lauda-Königshofen ist.

Ebenfalls konnten 14 Fahrten von A. und P. nach Igersheim zu einer „Gartenanlage“ dokumentiert werden. In dieser Anlage wurde wohl Betäubungsmittel gebunkert, der Besitzer wurde in einem separaten Prozess am Landgericht Ellwangen ebenfalls wegen Drogenbesitzes verurteilt (wir berichteten).

Verdeckte Ermittlungen gestartet

Um weitere Beweise zu sammeln, setzten die Ermittler ab Februar 2024 in Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei in Heilbronn dann eine sogenannte Vertrauensperson (VP) ein. Im Volksmund auch als V-Mann bekannt, liefert die VP den Ermittlern durch Kontaktaufnahme zur Zielperson (hier: dem Angeklagten A.) Informationen zu den illegalen Geschäften. Die VP nahm im Rahmen einer Begegnung mit A. im Polizeirevier in Bad Mergentheim Kontakt zu ihm auf und fragte ihn nach Drogen. Man kam schließlich ins Gespräch und vereinbarte ein weiteres Treffen in Bad Mergentheim, eine Probe des hergestellten Amphetamins inklusive.

Weitere Gespräche zwischen VP und A. folgten und sie vereinbarten schließlich den Kauf von einem Kilogramm Amphetamin und 20 Gramm Kokain, der im März 2024 erfolgte. Doch eines machte die Ermittler neugierig: A. soll einen bemerkenswert günstigen Preis von nur 1000 Euro für das Kilogramm Amphetamin „bei einer Mindestabnahme von zehn Kilogramm“ versprochen haben. Ein Hinweis auf Handel im größeren Stil also.

Ein zusätzlich eingeschalteter Verdeckter Ermittler begleitete die VP zum vereinbarten Kauf und zeigte sich an einer Menge von zehn Kilogramm Amphetamin zum Preis von 1000 Euro je Kilogramm interessiert. Auch dieser Verkauf wurde vereinbart und als A. am 21. März die Drogen am Bahnhof in Gerlachsheim dem Verdeckten Ermittler übergab, klickten die Handschellen.

Verteidigung äußert Zweifel am Vorgehen der Ermittler

Im Rahmen von Durchsuchungen fand man dann sowohl das Labor als auch größere Mengen benötigter Rohstoffe, Bargeld und sieben Kilogramm der fertigen Droge bei V. sowie 16 000 Bargeld bei S. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft Mosbach genug Beweise, um die vier Männer des bandenmäßigen Handeltreibens mit Rauschgift in nicht geringer Menge anzuklagen.

Die Verteidigerinnen äußerten hingegen Zweifel am Vorgehen der Ermittler. Es habe zwar ein Drogenhandel zur Finanzierung der eigenen Drogensucht stattgefunden, jedoch hätten die VP und der Verdeckte Ermittler größere Mengen nachgefragt, als A. und P. bislang verkauft hatten. Zudem sei Kokain erst aktiv durch die Vertrauensperson angefragt und nicht durch die Angeklagten angeboten worden. Diese hätten Amphetamin und Gras verkaufen wollen. Verteidigerin Peggy Eisele erhielt durch hartnäckiges Nachfragen die Antwort, dass die VP für Kokain ein höheres Honorar erhalte als für Amphetamin. Dies sei „ein offenes Geheimnis“. Zudem werde auch nach Menge bezahlt, wie der VP-Führer der Kriminalpolizei Heilbronn hörbar genervt einräumen musste. Demnach erhält die VP für ein höheres Gewicht verkaufter Drogen mehr Geld.

Ein Urteil steht noch aus

„Warum erfolgte der Zugriff nicht früher, beispielsweise nach den Fahrten in die Niederlande oder dem ersten Verkauf?“, wollte Verteidigerin Elisabeth Unger-Schnell wissen. Die Fahrten seien noch „kein großer Nachweis“ und das verkaufte Rauschmittel habe durch das LKA erst analysiert werden müssen.

Auch ein fehlendes Protokoll der Gespräche zwischen der VP und dem Angeklagten A. sorgte für Kritik. „Wir arbeiten schon lange mit der Vertrauensperson zusammen. Die weiß, was sie tut und wo Grenzen sind“, so die Aussage eines Ermittlers hierzu.

Wie die Kammer des Landgerichts Mosbach den Einsatz der VP und des Verdeckten Ermittlers rechtlich beurteilt, bleibt abzuwarten. Für Montag, 4. November, ist eine weitere Sitzung anberaumt. Ein Urteil soll ebenfalls an diesem Tag fallen.

Redaktion

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