Igersheim/Euerhausen/Giebelstadt. Schon vor einigen Monaten geschah in Euerhausen Erstaunliches: Viele Anwohner stellten ihre Autos links und rechts auf der Hauptstraße ab. Wer die Strecke kennt, kann erahnen, was innerhalb kürzester Zeit passierte: ein langer Pkw- und vor allem auch Lkw-Stau bildete sich in beide Richtungen – auf der B 19 zwischen Bad Mergentheim und Würzburg. Die Gründe für das programmierte Verkehrschaos kann man am besten so beschreiben: Was lange gärt, wird endlich Wut!
Bürgermeister Krämer aus Giebelstadt bleibt selbst beim brisanten Thema „Umfahrung“ ruhig. Er versteht aber auch, dass in Euerhausen die Emotionen hochgekocht sind: „Seit vielen, vielen Jahren warten wir hier auf die Umgehung. Nachdem wir in dem Bundesverkehrswegeplan 2016-2030 als „vordringlich“ eingestuft und die Mittel bereitgestellt wurden, kam im vergangenen Frühjahr die Meldung, dass die Trasse so nicht gebaut wird. Monatelang waren alle Anwohner entlang der B19 richtiggehend in Schockstarre, im Sommer entlud sich dann der Zorn. Wobei ich betonen möchte, dass alles rechtlich zulässig war und insgesamt auch im Rahmen blieb!“
Langes Warten
Mangelnde Geduld kann man den Einwohnern in und rund um Giebelstadt wahrlich nicht vorwerfen. „Ende der 1970er Jahre hatten vorausschauende Menschen die Idee der Umfahrung, um so die Menschen vor dem ansteigenden Verkehrsaufkommen zu schützen. Im Zuge der Flurbereinigung gelang es dann dem Bund, die benötigten Flächen zu kaufen, die wichtigste Voraussetzung (neben dem Baurecht) für eine Umsetzung war also geschaffen“, so der Bürgermeister.
So sicher war man, dass zu Beginn der 1980er Jahre die Bauherren in Giebelstadt ihre neuen Häuser speziell mit lärmdämmenden Fenstern usw. ausstatten mussten – es sollte ja bald die Umgehung kommen!
Nun also eine Vollbremsung auf der Zielgeraden. Die Pressestelle der Regierung von Unterfranken teilt dazu mit: „ Die Entscheidung wurde im Rahmen des laufenden Planfeststellungsverfahrens durch die Regierung von Unterfranken als Planfeststellungsbehörde getroffen. Das Verfahren ist vorläufig ruhend gestellt. Sofern neue Erkenntnisse in das Verfahren eingebracht werden, wird sich die Planfeststellungsbehörde damit befassen. Das ist dem Grunde nach eine Selbstverständlichkeit und entspricht einem ordnungsgemäßen Verfahren.“
Welches waren aber nun die Gründe für diese Entscheidung? Die erheblichen Eingriffe in das Europäische Vogelschutzgebiet „Ochsenfurter und Uffenheimer Gau und Gäulandschaft nördlich von Würzburg“ und hier vor allem das Brutgebiet der geschützten Wiesenweihe waren der Grund, warum die Regierung von Unterfranken das Planfeststellungsverfahren für die Ortsumgehung Giebelstadt und für die an der B 19 gelegenen Ortsteile Euerhausen und Herchsheim stoppte.
Ist damit nun aber tatsächlich Schluss? Oder gibt es vielleicht doch noch Hoffnung? Landrat Thomas Eberth vom Landkreis Würzburg kämpft gemeinsam mit dem Giebelstädter Bürgermeister Helmut Krämer, mit MdB Paul Lehrieder, MdL Manfred Ländner, Staatssekretär a.D. Gerhard Eck und Staatssekretär Sandro Kirchner um einen Ausweg aus dieser Lage.
Naturschutz kontra Autos
Ihre Hoffnung dabei ist, dass die sehr positive Entwicklung der Wiesenweihen-Population in den letzten zehn Jahren eine erstaunlich flexible und erfolgreiche Anpassung der Wiesenweihe an veränderte Bedingungen zeigt. Dies zeigen Zahlen des Landesbundes für Vogelschutz (LBV).
Deshalb kam man bei einem Treffen mit Regierungspräsident Dr. Eugen Ehmann, Andreas Hecke als Leiter des Bereichs Straßenbau am Staatlichen Bauamt und Edith Schulz, Leiterin des Umweltamtes am Landratsamt Würzburg zum Ergebnis, dass die so genannte Erheblichkeitsschwelle neu bewertet werden müsse. Die Erheblichkeitsschwelle bestimmt, ob nach dem Bau der Umgehung genügend Flächen als Bruthabitat und Nahrungsfläche für die Wiesenweihe zur Verfügung stehen. Gerade auch deshalb, weil sich das Bruthabitat durch die veränderten Klimabedingungen zugunsten weiterer Getreidesorten über das 100-fache erhöht hat. Zudem hat es sich gezeigt, dass nicht die Brutstätten, sondern die Mäusepopulation der limitierende Faktor für die Population der streng geschützten Wiesenweihe ist. Doch nicht nur Vögel gilt es zu schützen.
Landrat Thomas Eberth betont: „Es geht uns natürlich um die Menschen, die entlang der B19 in Giebelstadt, Euerhausen und Herchsheim leben. Und es geht auch um die vielen tausend Menschen, die tagtäglich hier entlangfahren, auf der Achse zwischen Bad Mergentheim und Würzburg und die immens viel Zeit und Benzin verbrauchen. Hier entsteht auch ein großer volkswirtschaftlicher aber auch umwelttechnischer Schaden, den wir so nicht hinnehmen können.“
Auch Bürgermeister Krämer hofft auf eine Neubewertung und nennt Zahlen, die nachdenklich machen: „Tag für Tag fahren 11 000 bis 12 000 Pkw und vor allem auch Lkw auf der B 19 durch unsere Gemeinden und die teilweise engen Ortsdurchfahrten und die Tendenz deutet nicht darauf hin, dass es weniger wird. Müsste der Plan für die Trasse komplett aufgeben werden, würde das bedeuten, dass per se mindestens 15, wahrscheinlich eher 20 Jahre vergehen, bevor an eine Realisierung zu denken ist! Und ob das dann noch als Ortsumfahrung in eine Fortschreibung des BVWP einfließen wird, ist völlig offen.
Mit dem aktuell gültigen wäre eine andere Trasse nicht mehr abgedeckt.“
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