Klimawandel

Impulsvortrag - Dem Klimawandel ein Schnippchen schlagen

Professor Dr. Tobias Ullmann spricht in Igersheim über Fakten, Herausforderungen und Chancen.

Von 
Klaus T. Mende
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Förster Klemens Aubele (von links), Professor Dr. Tobias Ullmann und Klimamanagerin Ann-Kathrin Murphy vom Stadtwerk Tauberfranken hatten bei dem Klimaabend allerhand Interessantes zu berichten. © Klaus T. Mende

Igersheim. „Hitzesommer, milde Winter, Wetterextreme – der Klimawandel ist offenkundig“ – mit diesen Worten begrüßte Igersheims Bürgermeister Frank Menikheim ein voll besetztes Juki zum Klimaabend der Gemeinde. Zusammen mit Ann-Kathrin Murphy, Klimamanagerin des Stadtwerks Tauberfranken, wurde das Publikum darüber in Kenntnis gesetzt, was bisher in Igersheim auf diesem Gebiet auf den Weg gebracht wurde und wohin die Reise geht. Zudem sollten die Bürger dafür sensibilisiert werden, selbst aktiv zu werden und im Kleinen Akzente zu setzen. „Jeder kann dazu seinen Beitrag leisten“, meinte Murphy, die Igersheim auf einem guten Weg sieht, vor allem vor dem Hintergrund, dass in absehbarer Zeit zusammen mit Grünsfeld ein vom Bund geförderter Klimaschutzmanager seine Arbeit aufnimmt.

Die Abweichungen der jährlichen Durchschnittstemperaturen vom langjährigen Mittel – 2022 gehörte zu den bislang wärmsten Jahren. © DPA

Einblick in die Materie

Im Mittelpunkt des Abends stand ein Impulsvortrag unter dem Motto „Der klimatische Wandel – Fakten, Herausforderungen und Chancen?“ von Professor Dr. Tobias Ullmann (Lehrstuhl für Fernerkundung, Institut für Geografie und Geologie an der Uni Würzburg). Der passionierte Forscher, übrigens ein Igersheimer, gab einen Einblick in die Materie und blickte nach vorn. Zunächst definierte Ullmann die Begriffe Wetter, Witterung und Klima. Letzteres sei eine statistische Beschreibung „der relevanten Elemente wie Temperatur oder Niederschlag für einen Standort, eine Region oder global“. Er nannte hierfür einen Beobachtungszeitraum von mindestens drei Jahrzehnten, um Gegebenheiten oder Variationen der Atmosphäre charakterisieren zu können. Das Klimasystem der Erde werde getragen von atmosphärischen Zirkulationen – pro Halbkugel gebe es davon drei Zellen, die wesentlichen Einfluss auf Wetter und letztlich Klima hätten.

Unter klimatischem Wandel seien zeitliche Änderungen des Klimas zu sehen, fuhr der ausgewiesene Experte fort, der auch regelmäßig unterwegs ist – etwa in dere Arktis, um dort seiner Forschertätigkeit nachzugehen. Sie würden anhand der Klimaelemente wie Temperatur oder Niederschlag ermittelt, wobei räumlich unterschiedliche Ausprägungen erkennbar seien. Klimaänderungen könnten durch mehrere Aspekte ausgelöst werden. Ullmann nannte explizit Änderungen der Einstrahlung (etwa durch Änderungen der Distanz zwischen Sonne und Erde), Änderungen der Land-Meer-Verteilung sowie der Position der Kontinente oder aber Änderungen der atmosphärischen Zusammensetzung (Treibhausgase wie CO2 oder vulkanische Aktivität).

Mittlerweile sei es durch Klimamodelle möglich, den Klimawandel zu messen und vorherzusagen. Hierbei würden eine Vielzahl an Modellen zu einem großen zusammengefasst. Darüber hinaus seien Teilmodelle in der Lage, alle wesentlichen Prozesse der Erde vereinfacht zu beschreiben. Solche Klimamodelle seien dazu geeignet, künftige Klimaentwicklungen abzuschätzen.

Anhand verschiedener Grafiken und Satellitenbilder zeigte Professor Ullmann auf, dass sich die Welt mit immer weiter steigenden Temperaturen in eine Richtung entwickle, die nur noch schwer aufzuhalten sei. Dennoch müsse es das Bestreben aller sein, Maßnahmen zu ergreifen, die den Trend zunächst einmal verlangsamten.

Mit Starkregenereignissen wie seinerzeit im Ahrtal müsse künftig verstärkt gerechnet werden – deutschlandweit. Hierbei gebe es starke Schwankungen in der Anzahl sowie der Flächenausdehnung. Deren Intensivierung würde durch den Klimawandel bedingte Temperaturzunahme begünstigt.

„Aufgeschnappt“ beim Igersheimer Klimaabends

Förster Klemens Aubele bezeichnet die aktuelle Lage im Wald in der Region als „dramatisch“. Aus seiner Sicht dürfe er da gar nicht mehr emotional werden. Die Situation im Forst ändere sich rapide – auch deshalb, weil bei Regenereignissen, die in den letzten Jahren immer weiter abnähmen, wenig bis gar kein Wasser mehr den Waldboden erreiche. Mit „Fremdländer“-Baumarten würden zwischenzeitlich Versuche durchgeführt, „weil wir nicht wissen, welche Baumarten in 50 oder 100 Jahren noch existieren“, so Aubele. Er sei überzeugt, dass sich die Fichte und die Buche über kurz oder lang komplett verabschieden werden.

„Global denken – lokal handeln“, fasste Ann-Kathrin Murphy die aktuelle Lage zusammen. Jeder einzelne Bürger könne seinen Beitrag leisten. Doch auch die Kommunen seien angehalten, eine Vorbildfunktion an den Tag zu legen und an den Stellschrauben zu drehen, die in klimatechnischer Hinsicht dazu beitrügen, eine Trendwende bei der Erderwärmung herbeizuführen.

Es seien bereits viele Ideen von Bürgern – nicht nur hier in Igersheim – eingebracht und Maßnahmen in Workshops oder Meetings aufgezeigt und teilweise auch in Angriff genommen worden. In diesem Zusammenhang nannte die Klimamanagerin die Einführung von „Pendla“, der Mitfahrzentrale für Pendler, hinter der auch der Landkreis stehe. Weiterhin plädierte sie dafür, an Bildungseinrichtungen Energiesparwochen durchzuführen, um auch Schüler näher mit dem Thema Klimaschutz zu konfrontieren. Eine Chance, um als Kommune ein Zeichen zu setzen, liege zudem darin, kommunale Liegenschaften mit der nötigen Technik auszustatten, um aus erneuerbaren Energien Strom zu gewinnen.

Ann-Kathrin Murphy betonte, dass es weitere Kommunen in der Region gibt, die sie beim Thema Klima bereits aktiv unterstützt, darunter Bad Mergentheim und Künzelsau. Grünsfeld habe einen Antrag auf die Einstiegs- und Orientierungsberatung gestellt und mit Külsheim sei eine Klimaschutzbroschüre erstellt worden. ktm

Es gibt Handlungsoptionen

Um dem Trend aktiv entgegenzuwirken, gebe es, so Tobias Ullmann, mehrere Handlungsoptionen: Mitigation (die aktive Verringerung der Treibhausgasemissionen, um die Auswirkungen auf den Klimawandel zu steuern), Adaption (Anpassungsprozess an veränderte Klimabedingungen), Resilienz (Lernen, mit den Risiken der globalen Erwärmung zu leben). Als konkrete Beiträge zur Senkung der Erderwärmung nannte der Forscher den Verzicht auf Nutzung fossiler Energieträger, die Nutzung regenerativer Energien, einen auch regional nachhaltigen Konsum, die Verringerung der Abholzung, die Aufforstung und die Moorbildung für die CO2-Speicherung.

Um die Anpassung an die Folgen des Klimawandels zu schaffen, seien Verbesserungen des Hochwasserschutzes, Renaturierung von Fließgewässern oder Reduzierung von Bodenversiegelung unabdingbare Maßnahmen.

Für verschiedene Bereiche in Baden-Württemberg böte der fortschreitende Klimawandel gleichermaßen Chancen wie Risiken: Forstwirtschaft: schnelleres Wachstum, jedoch auch Trockenstress. Landwirtschaft: neue Arten von Nutzpflanzen, jedoch auch neue Schädlinge und deren mehrmaliger Befall. Tourismus: mehr Badetage und neue Angebote, jedoch weniger Schnee auch in Höhenlagen. Wirtschaft: neue Arbeitsplätze durch Klimaschutzmaßnahmen, jedoch auch steigende Klimaschäden sowie höhere Versicherungsprämien.

Es müsse gelingen, dem Klimawandel ein Schnippchen zu schlagen, hier seien gleichermaßen Gesellschaft, Politik und Wirtschaft gefordert. „Denn ein weiteres Wegbrechen des arktischen Eisschildes sowie die Abholzung des Amazonas-Regenwaldes haben für uns gravierende Auswirkungen – auch auf Mitteleuropa“, fand Professor Dr. Tobias Ullmann deutliche Worte, die bei seinen Zuhörern auf fruchtbaren Boden gefallen sein sollten.

Redaktion Mitglied der Main-Tauber-Kreis-Redaktion mit Schwerpunkt Igersheim und Assamstadt

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