Igersheim. Großes Problem oder Routine? Ein möglicher Mobilfunkmast am Rande des Igersheimer Ortskerns spaltet derzeit die Gemüter. Die Meinungen könnten nicht weiter auseinander gehen, es werden schwere Vorwürfe geäußert.
Doch von vorne: Es geht um einen Beschluss des Igersheimer Gemeinderats in der Sitzung Anfang Juli. Das Gremium stimmte mehrheitlich dafür, dass eine Halle in der Harthäuser Straße 2 auf ihre mögliche Eignung als Standort für den Mobilfunkmast geprüft werden solle. Der zehn Meter hohe Mast soll die „Verbesserung der Mobilfunkabdeckung und Erweiterung der Netzkapazität“ ermöglichen, wie die FN damals berichteten.
Gegen diese Pläne wächst allerdings Widerstand. Eine neugegründete Bürgerinitiative sammelte zwischenzeitlich rund 200 Unterschriften von Igersheimer Bürgern gegen das Vorhaben. Im Gespräch mit Initiatoren wird schnell klar: Für sie ist das ganze Vorhaben mitnichten eine „Kleinigkeit“ oder normale Verwaltungsroutine. „Das ist mein Lebenswerk und dafür kämpfe ich“, erklärt zum Beispiel Thomas Teufel mit Blick auf sein benachbartes Eigenheim. Seine Familie wohnt direkt nebenan, der Mast hätte einen Abstand von weniger als zehn Metern zu seinem Haus. Zusammen mit seinen Mitstreitern verfasste er einen Offenen Brief an Bürgermeister Frank Menikheim. Die Vorwürfe: „ein nicht rechtswirksamer“ Gemeinderatsbeschluss, Sorgen der Bürger würden nicht ernst genommen und gesundheitliche Risiken würden zugunsten von Mieteinnahmen außer Acht gelassen.
Wilhelm Michelzahn ist ebenfalls Teil der Bürgerinitiative. „Das geht uns alle an, die Strahlung erreicht jeden“, betont er mögliche Gesundheitsrisiken eines solchen Masten. Der Elektro-Smog sei eine „unsichtbare Gefahr“. In dem nun diskutierten Vorhaben sieht er nur einen Anfang, weitere Mobilfunkmasten würden folgen. „Die müssten irgendwann den ganzen Ort zupflastern“, ist er überzeugt. Aus seiner Sicht gefährlich, denn: „Es gibt zu wenig Langzeitstudien, beispielsweise über den Zusammenhang der Strahlung zu Krebserkrankungen.“ Sie verweisen hierzu auf eine Broschüre der mobilfunkkritischen Initiative „diagnose:funk“, die neben dem Krebsrisiko auch „vorprogrammierte Gesundheitsschäden“ wie etwa Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen oder auch Störungen der Fruchtbarkeit auflistet.
Die Igersheimer Initiative zweifelt jedoch nicht grundsätzlich den Mobilfunk als Technologie an, sondern nur den möglichen Standort. Michelzahn und seine Mitstreiter ärgern sich, die Bevölkerung sei im Vorfeld nicht richtig informiert worden und auch Bürgermeister sowie Gemeinderäte hätten sich „nicht sachkundig gemacht“. „Es ist traurig, wie das abgelaufen ist“, fasst er zusammen. „Das ist eine unzumutbare Sache, das ist gesundheitsgefährdend“, ergänzt Hermann Mohr. Die klare Forderung der Initiative: Die Verwaltung soll einen neuen Standort suchen.
Die Fränkischen Nachrichten haben auch Bürgermeister Frank Menikheim zu den Vorgängen sowie den Vorwürfen gegen ihn und seine Verwaltung befragt. „Das Vorgehen der Verwaltung war zu jeder Zeit korrekt und transparent“, erklärt er. Er verweist zudem auf sein Antwortschreiben an die Bürgerinitiative. Hier stellt er klar, „dass noch keine Entscheidung getroffen ist.“ Es gehe im kritisierten Gemeinderatsbeschluss mehr um eine Art Grundsatzentscheidung, ob man das Vorhaben überhaupt weiter verfolgen solle. Erst im Rahmen einer Begehung am Donnerstag, 18. September, wird sich laut dem Verwaltungschef überhaupt zeigen, ob der Standort geeignet wäre. „Sollte eine Eignung gegeben sein, werde ich mit dem Gemeinderat die weiteren Schritte abstimmen“, blickt er in die Zukunft. Alternativstandorte seien geprüft worden, aber aus unterschiedlichen Gründen nicht geeignet.
Menikheim: „Stabile Verbindung entscheidend“
Menikheim plädiert allerdings im Grundsatz für einen Ausbau des Mobilfunks in Igersheim. „Innerörtliche Standorte sind inzwischen üblich und werden für eine gute Netzabdeckung auch gebraucht“, erklärt er. In ländlichen Regionen sei „eine stabile Verbindung entscheidend“. Zu gesundheitlichen Schäden „gibt es nach meinem Erkenntnisstand bis heute keine validen wissenschaftlichen Erkenntnisse“.
Eine Recherche zeigt: Klare Nachweise zu gesundheitlichen Risiken lassen sich nicht finden, auch wenn etliche Studien zu dem Thema durchgeführt wurden. Zwar finden manche der Studien mögliche Zusammenhänge, diese sind allerdings aufgrund von Schwächen im Studiendesign von fragwürdiger Qualität. So lässt sich beispielsweise ein gefundener Zusammenhang bei Tieren nicht automatisch auf den Menschen übertragen, Einzelfallberichte sind anfällig für Verzerrungen. Oft zu lesender Tenor: Solange die Strahlung unter festgelegten Grenzwerten bleibt, sind keine Gesundheitsrisiken zu erwarten. Gerade bei neuerer Technologie wie 5G fehlen allerdings naturgemäß Langzeitstudien.
Georg Schumann (FBV), Josef Gabel (CDU) und Jascha Derr (Grüne) gaben auf FN-Anfrage eine gemeinsame Stellungnahme für alle im Gemeinderat vertretenen Gruppierungen ab. „Dem Gemeinderat ist bewusst, dass das Thema Mobilfunk für viele Bürgerinnen und Bürger Fragen aufwirft. Der Gemeinderat bekennt sich daher zu einer sachorientierten, transparenten und verantwortungsvollen Entscheidungsfindung. Dazu gehört, die rechtlichen Rahmenbedingungen einzuhalten, die technische Sicherheit zu gewährleisten und zugleich die berechtigten Anliegen und Sorgen der Bevölkerung ernst zu nehmen“, erklären die Räte.
Ähnlich wie Bürgermeister Menikheim verweisen sie darauf, dass noch keine abschließende Entscheidung getroffen wurde und die Begutachtung abzuwarten sei. „Gleichzeitig möchten wir betonen, dass eine leistungsfähige Mobilfunkversorgung heute unverzichtbar ist – für Arbeitsplätze, für schulische und berufliche Bildung, für medizinische Versorgung, für die Erreichbarkeit im Notfall und ganz generell für die Zukunftsfähigkeit unserer ländlichen Region. Der Ausbau des Mobilfunknetzes sichert die digitale Teilhabe aller Einwohner und erhöht im Ernstfall die Sicherheit.“
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/igersheim_artikel,-igersheim-igersheim-geplanter-mobilfunkmast-sorgt-fuer-kritik-_arid,2328505.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/igersheim.html