Rückblick in die Historie

Deshalb rufen die Hordemer Wölf „hujauf“

Der erste FG-Präsident Heinz Bernhard und Oskar Großkinsky prägten den bundesweit wohl einzigartigen Schlachtruf

Von 
Torsten Englert
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Fastnachtsumzug der FG „Hordemer Wölf“ 1955. Nach dem Krieg waren zunächst noch Pferdewagen und Kutschen, hier eine sogenannte „Chese“ mit Wölfen im Einsatz, bevor Traktoren und Lkw eingesetzt wurden. Das Bild stammt aus dem Nachlass von Dr. Alfred Kuhn © Torsten Englert

Hardheim. Vor 70 Jahren, am 19. Januar 1953, fand in der Gaststätte „Deutscher Hof“ unter dem Motto „Es wird was gemacht“ eine Versammlung unter dem Vorsitz von Bürgermeister Kurt Schmider statt, bei der die 24 Anwesenden Heinz Bernhard, Oskar Großkinsky und Josef Grininger als kommissarischen Vorstand, der neu zu gründenden Hardheimer Fastnachtgesellschaft wählten.

Mit einer Rathauserstürmung, einem Umzug mit 26 Wagen und Gruppen, einer närrischen Sitzung unter der Leitung von Heinz Bernhard, des aus der Taufe gehobenen neuen jungen Ritterpaares (damals noch Prinzenpaar) Horst und Gitti Bernhard) war der Beginn der neuen Fastnachtsgesellschaft, der „FG Hordemer Wölf“ im Jahr 1953 gelungen.

Erster Elferrat 1953

Der erste Elferrat 1953 bestand aus: Präsident Heinz Bernhard (Heinz I. von Drogistanien), Vizepräsident Kurt Wagner (Kurt der Tal-Rüde), Berthold Schiller (Berto de la Banca), Rolf Zugelder (Rolf von der Unschuld), Sigismund Bednarek (Sigismund der Federfuchser), Erhard Schobert (Erhard von der Mars), Adolf Bermayer (Adolf der Abgerichtete), Willi Lummel (Fegerwilli vom Rhoi), Karl Bernhard (Bärenhart vom Frankentrutz), Oskar Großkinsky (Oskar von der Wolfebütt), Herbert Bauer (Ultimo I.) und Zeremonienmeister Kurt Leis.

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Nach den Erinnerungen von Heinz Bernhard aus dem Jahr 1957 entlieh sich die Fastnachtsgesellschaft den Namen der alten geschichtlichen Tradition von dem alten Herrschergeschlecht der Ritter Wolf von Hardheim und das heute noch bestehende Schloss, die „Wolfsburg“, wurde von den „Hordemer Wölfen“ als Stammsitz übernommen. Das Wappen der Fastnachtsgesellschaft bilden die Farben blau-rot (von Hardheim) und die Silhouette der Wolfsburg mit den beiden Wölfen.

Erst einmal: kein Bedarf

Doch wie kam es überhaupt zur Gründung der FG und woher kommt der Schlachtruf, der in der Gegend einzigartig ist? Claus Bernhard (Jahrgang 1935), ein gebürtiger Hardheimer, der heute in Heidelberg lebt und ein Cousin von „Oberfastnachter“ Heinz Bernhard ist, erinnert sich.

„Zunächst muss man dabei einen Blick auf das einstige Zeitgeschehen während sowie nach der Zeit des Zweiten Weltkriegs werfen. Während des Krieges gab weitestgehend die Obrigkeit vor, was zu tun und was zu lassen ist. Fastnacht war nicht opportun und passte nicht ins Bild der Nationalsozialisten. Die Zeit nach dem Krieg war von Alltagsnöten, wie zum Beispiel dem Beschaffen von Lebensmitteln, Unterkünften, Haushaltswaren, Bekleidung und anderem geprägt“, blickt Bernhard zurück.

Ab Ende 1945 seien noch heimatvertriebene Familien nach Hardheim gekommen, die die Einwohnerzahl um etwa 1300 Personen erhöhten. „Auf Grund dieser Alltagsnöte bestand in den ersten Nachkriegsjahren kein Bedarf an Vergnügungsveranstaltungen in der Bevölkerung“, hebt der Heidelberger im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten hervor. Mit jedem Jahr der kontinuierlichen Verbesserung und Normalisierung der Alltagsumstände sei die Bevölkerung wieder aufgeschlossener hinsichtlich Vergnüglichem geworden.

„Es war also die Zeit dafür, das kulturell-gesellschaftliche Vakuum zu füllen, auf dass nun viele befähigte Leute der Gesellschaft in Eigeninitiative verschiedenste Projekte auf den Weg brachten“, erinnert sich Bernhard.

So auch sein damals 26-jähriger Cousin Heinz Bernhard (1923 bis 2003), der sich schon früher an den Fastnachtsbräuchen erfreut hatte und eine Fastnachtgesellschaft (es gab schon um 1930 eine solche, die aber 1933 verboten wurde) wieder aufleben lassen wollte.

Er habe auch eine Reihe Gleichgesinnter gefunden, die sich monatelang immer wieder zusammenfanden, um ihr Vorhaben langsam umzusetzen.

Die inneren Motivationsgründe seien wohl gewesen, mit dem Wiedererwecken der Fastnacht einem alten Brauch gerecht zu werden und „Leben nach Hardheim zu bringen“, zumal sein Schwiegervater, der Schuhmacher Alois Berberich, bereits in der alten Fastnachtsgesellschaft 1930 im Elferrat gewesen sei und er das Vorhaben, die Fastnacht wieder zu erwecken, schon damals sehr begrüßte.

„Darüber hinaus war Heinz Bernhard, ein agiler Macher, Organisator und sprachgewandtes Rednertalent, also ein geborener Büttenredner“, betont der Cousin des ersten Präsidenten der „Wölfe“.

Man benötigte nun, nach der Gründung der Fastnachtsgesellschaft, noch einen eigenen, wohlklingenden, eingängigen und stimmungsmachenden Schlachtruf.

Heinz Bernhard und Oskar Großkinsky sahen in der Gründung der Fastnachtsgesellschaft eine Analogie zur Geburt von Wölfen, die bereits als Welpen anfangen, huj-huj, huj-huj zu heulen und sich dann aufmachen, ihren verspielten, ja fast närrischen, Instinkten nachzugehen.

Die beiden Sinnelemente „huj“ und „auf“ wurden also zu einem Wort, dem Schlachtruf „hujauf“ der „Hordemer Wölf“, mit etwas verborgener Bedeutung, kombiniert.

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