Grünsfeld. Ja zum Alter: Das sagten die Senioren bei der Feier, die die Kommune in der Grünsfelder Stadthalle veranstaltete. Erstmals fand sie im Frühling und nicht an Dreikönig statt.
„Das gesellschaftliche Bild vom Alt-Sein hat sich verändert“, betonte Joachim Markert. „Deshalb kann man das Alter auch als Chance sehen.“ Unternehmen seien, so Markert, gut beraten, darüber nachzudenken, wie sie die Stärken der älteren Beschäftigten nutzen können. „Das Fachwissen, die Erfahrung und die Menschenkenntnis älterer Menschen werden in Zukunft immer wichtiger“, so das Stadtoberhaupt. Er wies darauf hin, dass auch die Jüngeren dankbar für die Hilfe der Großeltern sind. „Sie erleichtern die Entscheidung für ein Leben mit Kindern.“ Für Markert stand fest: „Seniorenfreundlichkeit und Kinderfreundlichkeit haben sehr viel miteinander zu tun.“
Nachdenklich stimmende Töne schlug Franz Ködel an. Der Gemeinderat und ehemalige Realschullehrer beschäftigt sich seit einiger Zeit intensiv mit der Geschichte der Grünsfelder Juden. Was er zuletzt in Erfahrung bringen konnte, stellte er bei der Seniorenfeier vor. In den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellte Ködel das Schicksal von Hugo Schiller. 1931 in Grünsfeld geboren, musste er erleben, wie die Nationalsozialisten nach und nach sein Leben und das seiner Familie beeinträchtigt haben. „Weil ich ein Kind war, hätte ich mir nie träumen lassen, dass es Leute geben könnte, die mich nicht lieben“, zitierte Ködel aus Hugo Schillers Autobiografie.
„Die Teilhabe der Juden am gesellschaftlichen Leben war selbstverständlich“ betonte Ködel. Für Hugo Schiller hieß das, dass die Familie deutsche Freunde und Bekannte hatte. Gemeinsam besuchte man die Schule, spielte Fußball und fuhr Schlitten. Dass sich etwas änderte, merkte Hugo Schiller daran, als sein nichtjüdischer Freund nicht mehr mit ihm spielen durfte.
Hugo Schiller wurde am 22. Oktober 1940 mit sechs anderen Grünsfelder Juden nach Gurs in Südfrankreich deportiert. 1942 war er eines von acht Kindern, die ausgewählt wurden, um aus Frankreich herausgeschmuggelt und in die Vereinigten Staaten geschickt zu werden. Von den zuletzt in Grünsfeld ansässigen Juden war Hugo Schiller der einzige, der überlebte.
„Jahrzehntelang war es nicht opportun, über die dunkle Seite der Grünsfelder Geschichte zu sprechen“, erklärte Franz Ködel. Seine Aufgabe sah er darin, der historischen Wahrheit Raum zu verschaffen. Das gehe seiner Meinung nach nur, indem den Opfern ihre Würde durch eine angemessene Erinnerungskultur zurückgegeben wird. Er regte deshalb an, die Ausstellung zur Stadtgeschichte um einen Beitrag zu den Grünsfelder Juden zu ergänzen.
Wichtig sei auch, die Gedenkstätte in der ehemaligen Leichenhalle weiterzuentwickeln. Noch immer fehlten die Namen zweier im Ersten Weltkrieg gefallenen jüdischen Soldaten. Schließlich hielt Ködel es für angebracht, weitere Stolpersteine zu verlegen.
Der Frauenchor unter der Leitung von Regina Markert stimmte passend zum Monat Mai Marienlieder an.
Einen bunten Reigen voller Musik präsentierte die Schule für Musik und Tanz im Mittleren Taubertal mit ihren beiden Leiterinnen Stefanie Helmer und Manja Huber. Musikalische Unterhaltung bot auch die Jugendkapelle mit ihrer Dirigentin Daniela Stoy.
Harmonisch ging der Seniorennachmittag in der Stadthalle zu Ende. Gemeinsam gesungene Lieder sorgten nicht nur für musikalischen Gleichklang. feu
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