Altertheim/Großrinderfeld. Die heftige Debatte um den von Knauf geplanten Gips-Abbau in Altertheim geht weiter. Fast 50 Millionen Tonnen dieses wertvollen Rohstoffs sollen in der Altertheimer Mulde liegen. Es könnte das größte Bergwerk Bayerns entstehen. Der weltweit agierende Baustoffhersteller plant seit vielen Jahren, das Genehmigungsverfahren läuft.
Nachdem die Frist zur Einreichung von Einwänden beendet ist, muss sich nun das zuständige Bergamt Nordbayern, das bei der Regierung von Oberfranken in Bayreuth angesiedelt ist, damit befassen. Dutzende Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und weitere über 1200 Einwendungen von Privatpersonen sind bei der Behörde zum Mega-Projekt eingegangen. Dies teilte die Pressestelle auf FN-Anfrage mit. Das Bergamt muss letztlich entscheiden, ob der Weltkonzern Knauf in Altertheim Gips im großen Stil abbauen darf.
Geht es nach dem Wunsch von Knauf, könnte bereits 2025 mit dem Bau des Bergwerks begonnen werden. In einer Tiefe von 70 bis 130 Meter soll dann der wertvolle Gips abgebaut und per Lkw nach Iphofen zur Weiterverarbeitung gefahren werden. Grund für den gestiegenen Bedarf am Gipsabbau ist der Ausstieg aus der Kohleenergie. Bisher wurde Gips teilweise als sogenannter Rea-Gips aus Nebenprodukten der Kohlestromerzeugung gewonnen.
Wasserwirtschaftsamt hält Bau für machbar
Noch hat das Bergamt keine Entscheidung getroffen. Die Mitarbeiter arbeiten sich durch die schriftlichen Einwendungen. Dagegen erachtet das zuständige Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg den Bau derzeit für machbar, wie die dpa informiert. Ein Behördensprecher bestätigte einen entsprechenden Bericht der „Main-Post“. Demnach wären die Auswirkungen aus wasserwirtschaftlicher Sicht akzeptabel. „Ein Bergwerk unter einem Wasserschutzgebiet ist zunächst gegen jede wasserwirtschaftliche Intuition. Aber das heißt nicht, dass es nicht geht“, sagte die Leiterin des Wasserwirtschaftsamts Jane Korck der Zeitung zufolge.
Die Einschätzung des Wasserwirtschaftsamtes beruhe, so schreibt die Deutsche Presseagentur, unter anderem auf einer Prüfung von Probebohrungen. Nach Ansicht der Behörde würde weniger als ein Prozent des Wassers verloren gehen und sich das Wasser nur wenig mit Sulfat anreichern. Die Einschätzung bedeutet allerdings noch kein finales grünes Licht für das Bergwerk.
Auch die Arbeit des Wasserwirtschaftsamtes dürfte nicht vorbei sein. Geprüft wurde laut Amt bisher nur der Antrag für den Bau. Einwendungen, etwa von Wasserversorgern, würden erst nach Aufforderung des Bergamtes separat geprüft werden.
Kritisch wird das Projekt von der Würzburger Trinkwasserversorgung bewertet, die sich um die Quellen sorgt. Das wurde den FN bereits im Februar bestätigt. Das mögliche Gipswerk liegt im Einzugsbereich des Trinkwasserschutzgebiets „Zeller Quellen“. Aktuell steht das Verfahren zur Erweiterung des Wasserschutzgebiets von acht auf 66 Quadratkilometer an, das parallel stattfindet. Die Hälfte der Würzburger Bevölkerung sowie mehrere Landkreisgemeinden werden darüber mit Trinkwasser versorgt. Alternativen gebe es nicht. Dem Versorger fehlen „aussagekräftige Unterlagen für eine umfassende Risikobewertung“. Die Ansicht eines von Knauf in Auftrag gegebenen Gutachtens, wonach „die Errichtung eines Bergwerks aus hydrologischer Sicht für gut und machbar“ gehalten wird, teilt man nicht.
In einer Sondersitzung Ende Februar hat sich auch der Würzburger Stadtrat mit dem Thema beschäftigt. Der Tenor war eindeutig: Man lehnt das geplante Gips-Bergwerk aus Sorge um das eigene Trinkwasser ab. Für die Stadt liegen „die Zulassungsvoraussetzungen nicht vor“. Ob das Thema auch bei der Würzburger OB-Wahl am 4. Mai eine Rolle spielt?
Knauf-Chef: Nur sicheres Bergwerk ist auch profitabel
Nun hat sich vor wenigen Tagen Jörg Kampmeyer, Geschäftsführender Gesellschafter von Knauf, per ganzseitiger Zeitungsanzeige als offenen Brief zu Wort gemeldet. Es werde mit unwahren und unbelegten Behauptungen agiert. Er führt neben Tausenden Arbeitsplätzen auch die Wettbewerbsfähigkeit ins Feld. „Unser Bergwerk kann zu einem positiven Beispiel werden für eine verantwortungsvolle Industriepolitik - in unserer Region und darüber hinaus. Hier lassen sich berechtigte Interessen gut in Einklang bringen: Es geht eben nicht darum, wirtschaftliche Interessen stärker oder gar zulasten des Trinkwassers zu gewichten. Nein: Sichere Arbeitsplätze, eine sichere Rohstoffversorgung und eine sichere Trinkwassergewinnung gehen bei unserem Vorhaben erwiesenermaßen und glücklicherweise zusammen.“ Man berufe sich auf ein Gutachten der DMT als Tochterunternehmen des TÜV-Nord. „Niemand außer der DMT hat den Untergrund jahrelang mit Bohrungen in die Tiefe untersucht und seine Annahmen akribisch wissenschaftlich getestet. Wäre das Ergebnis des Gutachtens nicht so eindeutig, bestünden tatsächlich Zweifel – wir hätten unser Vorhaben längst beerdigt: Um das Trinkwasser zu schützen und auch unsere wirtschaftlichen Interessen. Und er betont: „Nur ein sicheres Bergwerk ist auch ein profitables Bergwerk“, das man mit und nicht gegen die Region betreiben will.
Das sehen die Gegner anders. Sie befürchten nicht nur, dass durch den Abbau des Naturgipses Grundwasser in diese Schicht eindringt, sondern monieren auch die enorme Zunahme des Lkw-Verkehrs. Bis zu 320 Laster sollen bei Vollbetrieb täglich von Altertheim Richtung Anschlussstelle Gerchsheim der A 81 und über die A 3 nach Iphofen rollen. Sie beklagen, dass die Auswirkungen auf die Region verharmlost werden. Entstanden ist auch ein Lied unter dem Titel „Geld kann man nicht essen“.
BN kündigt bei Genehmigung Klage an
Auch der Bund Naturschutz (BN) ist kein Befürworter. Es gehe um eine klare Festlegung: Die Trinkwasserversorgung habe bei einer Abwägung die höchste Priorität. Und man droht bei einer Genehmigung des Bergwerks bereits mit einer Klage.
Gefährdet das geplante Bergwerk Würzburgs Trinkwasser? Das ist eine der Fragen, die bei der Sendung „Jetzt red i“ des BR-Fernsehens am Mittwoch, 23. April, um 20.15 Uhr diskutiert wird. Mitreden dürfen auch die Altertheimer Bürgerinnen und Bürger am 1. Juni bei den Bürgerentscheiden zum Bergwerk.
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