Rettungsdienst

Selbstfahrermodell abgeschafft: Notarzt wird in Creglingen stationiert

Die Änderung tritt zum 1. Februar in Kraft. Die Befürchtungen, dadurch würden womöglich nicht mehr genug Notärzte zur Verfügung stehen, teilt der Creglinger Bürgermeister nicht - doch Kritik am neuen Modell bleibt.

Von 
Arno Boas
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Creglingen. Im Main-Tauber-Kreis gibt es vier Notarztstandorte: in Bad Mergentheim, Wertheim, Tauberbischofsheim und Creglingen. An letzterem Standort wird es zum 1. Februar eine gravierende Änderung geben: Das bisher noch geduldete Notarzt-Selbstfahrermodell wird abgeschafft, stattdessen muss der Notarzt in seiner Dienstzeit am Standort Creglingen anwesend sein. Diese gesetzlich geregelte Maßnahme hatte im Weikersheimer Gemeinderat Ende letzten Jahres für großen Unmut gesorgt.

Der diensthabende Notarzt darf künftig auch nicht mehr alleine zum Einsatz fahren, sondern erhält einen Notfallsanitäter als Fahrer zur Seite gestellt – wie es der landesweite Rettungsdienstplan bis spätestens zum Jahr 2027 vorsieht. In Weikersheim hatte die geplante Änderung für Wirbel gesorgt, weil die Mehrzahl der vier Notärzte in Weikersheim lebt und bisher von zuhause aus zu den Einsätzen gefahren war. Das ist nun künftig nicht mehr möglich. Im Weikersheimer Gemeinderat wurde die Befürchtung geäußert, die notärztliche Versorgung des Stadtgebiets könne durch die Abschaffung der Sonderregelung leiden.

Selbstfahrermodell ist künftig nicht mehr erlaubt

Die DRK-Rettungswache in Creglingen ist schon länger der vom zuständigen Bereichsausschuss festgelegte Standort für den Notarztwagen. Doch hat sich hier aus praktischen Gründen das Selbstfahrermodell gehalten, das künftig laut Gesetz nicht mehr erlaubt ist – bisher galt allerdings noch eine Übergangsfrist. Das Gros der Notdienst leistenden Ärzte wohnt in Weikersheim, das Fahrzeug stand vor der Haustüre und von dort ging es dann auch zum Einsatz.

Maßgebliches Gremium für die Festlegung des Notarztdienstes ist der Bereichsausschuss

Der Rettungsdienst ist in Baden-Württemberg als Selbstverwaltung von Kosten- und Leistungsträgern organisiert.

Bei den Kostenträgern handelt es sich um die Träger der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung sowie der gesetzlichen Unfallversicherung.

Als Leistungsträger werden die mit der Durchführung des Rettungsdienstes betrauten Rettungsdienstorganisationen bezeichnet. Im Main-Tauber-Kreis sind dies die Kreisverbände des Deutschen Roten Kreuzes Bad Mergentheim und Tauberbischofsheim.

Maßgebliches Gremium dieser Selbstverwaltung ist der Bereichsausschuss, dem die Beobachtung und Beratung der Angelegenheiten des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich sowie deren Regelung obliegt. Das Landratsamt als untere staatliche Verwaltungsbehörde übt die Rechtsaufsicht über den Bereichsausschuss aus.

Seit dem 1. Januar 2025 befindet sich die Geschäftsstelle – aufgrund des turnusmäßigen Wechsels mit Tauberbischofsheim – beim DRK-Kreisverband Bad Mergentheim.

Die Rechtsaufsichtsbehörde hat den Bereichsausschuss aufgefordert, die notwendigen Maßnahmen für eine rechtskonforme und zukunftsgerechte Ausgestaltung des Notarztdienstes am Standort Creglingen umzusetzen. Der Bereichsausschuss hat in der Folge bereits vor über einem Jahr beschlossen, den Notarztstandort in Creglingen zeitnah – spätestens ab 1. Februar 2025 – entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zu organisieren. abo

Um Schlafmöglichkeiten für den Notarzt und den Fahrer zu schaffen, muss die DRK-Rettungswache in der Walther-Wirthwein-Straße in Creglingen umgebaut werden. Das ist bis zum 1. Februar nicht zu schaffen. So wird es zunächst eine provisorische Unterbringung geben. „Die Stadt Creglingen hat uns freundlicherweise mit Räumen im ehemaligen Kreiskrankenhaus ausgeholfen“, sagte DRK-Kreis-Geschäftsführerin Anna Deister auf Anfrage der FN. Dort werden der Notarzt und sein Fahrer vorläufig untergebracht, bis die Rettungswache entweder ausgebaut beziehungsweise umgebaut worden ist.

Rettungswache muss umgebaut werden

Bis 2015 war die Rettungswache im ehemaligen Krankenhaus stationiert, dann erfolgte der Umzug in den Neubau in der Walter-Wirthwein-Straße. Der aber ist momentan für die künftig erforderliche Unterbringung von Arzt und Sanitäter noch nicht geeignet.

Creglingens Bürgermeister Uwe Hehn verweist auf die landesgesetzliche Regelung, die das Selbstfahrermodell nicht mehr dulde. „Es ist nicht Landrat Schauder schuld, sondern der Gesetzgeber“, erklärte Uwe Hehn Bezug nehmend auf Aussagen im Weikersheimer Gemeinderat, man solle Einfluss auf den Landrat nehmen, um die Änderung zu verhindern. Grundsätzlich ist die notärztliche Versorgung von Weikersheim durch den Bad Mergentheimer Notarzt vorgesehen, während der Standort Creglingen vor allem auch für den südlichen Zipfel des Landkreises zuständig ist. Von Weikersheim aus seien die östlichen Ortsteile von Creglingen wie etwa Schwarzenbronn nicht in der zwölfminütigen Hilfsfrist zu erreichen, so Uwe Hehn.

Auch die Befürchtungen, durch die neue Regelung würden womöglich nicht mehr genug Notärzte zur Verfügung stehen, teilt der Creglinger Bürgermeister nicht. „Die Dienste sind begehrt“, glaubt Hehn und verweist auf die Notarzt-Börse, durch die bisher schon etwaige Personalengpässe aufgefangen würden. Die Genossenschaft HonMed eG mit Sitz in Eppingen schickt bisher schon Notärzte als Vertretung in den Landkreis.

Weikersheim war noch nie Notarzt-Standort

Weikersheims Bürgermeister Nick Schuppert sagte auf FN-Anfrage, ihm obliege es nicht, eine Bewertung der Notarzt-Standorte vorzunehmen. Weikersheim habe – auch wenn das aus Sicht der Stadt wünschenswert wäre – noch nie einen Notarzt-Standort besessen. Der Bereichsausschuss habe die Standorte mit Blick auf den gesetzlichen Rahmen festgelegt. Man befinde sich schon seit längerem im Austausch mit dem Landratsamt, und es sei bekannt gewesen, dass die Übergangsfrist, in der das Selbstfahrermodell noch geduldet werde, irgendwann ablaufe.

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Der Weikersheimer Bürgermeister würde es begrüßen, wenn Weikersheim zumindest eine Rettungswache bekäme. „Die Stadt unterstützt das zu 100 Prozent und hat auch schon einen Standortvorschlag gemacht“, so Nick Schuppert. Auch beim DRK steht man dieser Idee grundsätzlich offen gegenüber, will aber, wie Geschäftsführerin Anna Deister gegenüber den FN sagte, erst ein Gutachten des Landes abwarten.

Über Entscheidung sehr enttäuscht

Und was sagen die direkt Betroffenen, die Notärzte also, die momentan noch das Selbstfahrermodell ausüben können? „Ich habe mit großer Enttäuschung die Entscheidung des Bereichsausschusses aufgenommen, dass die selbstfahrende Notarzttätigkeit vor Ende der gesetzlichen Frist im Jahr 2027 abgeschafft wird“, sagte Dr. Wolfgang Willfarth auf Anfrage unserer Zeitung. Er hat seine Hausarztpraxis in Creglingen und wohnt in Weikersheim.

Die Abschaffung sei besonders deshalb bedauerlich, weil dieses System im ländlichen Bereich aktuell sehr gut funktioniert habe, so der Arzt.

Redaktion Redakteur bei den FN

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