Eine 166-jährige Tradition geht zu Ende

Sängerkranz Creglingen löst sich auf

Mitgliederschwund und Überalterung lassen dem Vorstand keine Wahl. Chorgemeinschaft besteht weiter

Von 
Arno Boas
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Nach 166 Jahren hat der Sängerkranz Creglingen in seiner jüngsten Generalversammlung beschlossen, den 1857 gegründeten Verein aufzulösen. Im Bild der aktuelle – und zugleich auch letzte – Vorstand nach der Versammlung in der Musikhalle. © Boas

Seit 166 Jahren gibt es den Sängerkranz Creglingen – jetzt soll der Gesangverein aufgelöst werden. Gründe sind Überalterung und Mitgliederschwund. Außerdem findet sich niemand mehr, der Vorstandsposten übernehmen will.

Creglingen. Für den Männergesangverein Sängerkranz war die jüngste Generalversammlung ein einschneidendes Datum. Denn der traditionsreiche Verein steht vor dem Aus. Dass sie es musikalisch noch drauf haben, bewiesen die Sänger gleich zu Beginn mit zwei Liedern unter Leitung von Ehrendirigent Karl-Heinz Rehfeld – unter anderem „Die Musik erfüllt die Welt“ – in diesem Fall die Musikhalle, das Sängerlokal in der Industriestraße. Die Frage nach der Zukunft der Halle, die auch von der Stadtkapelle genutzt wird, stellt sich nun ebenfalls.

Der aktuelle Vorstand mit dem Vorsitzenden Egon Berg an der Spitze hatte schon vor zwei Jahren angekündigt, 2024 aus Altersgründen nicht mehr zur Wiederwahl anzutreten.

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Nachfolger ließen sich trotz intensiver Bemühungen nicht finden. Dieser Umstand, gepaart mit dem Mitgliederrückgang und der Überalterung, haben den Vorstand „schweren Herzens“ (Egon Berg) dazu bewegt, den Mitgliedern die Auflösung des Vereins vorzuschlagen.

„Nicht leicht gefallen“

„Das ist uns nicht leicht gefallen“, hob Berg hervor. In mehreren Sitzungen habe man sich mit dem Thema befasst, Gespräche mit dem Chorverband Hohenlohe, mit der Stadtkapelle, dem Bürgermeister und natürlich mit der Chorgemeinschaft Archshofen-Creglingen-Niederrimbach geführt. Berg betonte ausdrücklich, dem Sängerkranz sei es ein großes Anliegen, dass die Chorgemeinschaft weiter bestehe.

„Wir wollen zwar unseren Verein auflösen, aber wir wollen weitersingen, damit die Gemeinschaft weiterbesteht“, hob Berg sichtlich bewegt hervor. Der Schritt falle allen schwer, „aber wir sehen keine andere Wahl und wollen es ordentlich über die Bühne bringen“, so der Vorsitzende.

Man habe sich nach einem Gespräch mit dem Vorsitzenden des Hohenloher Chorverbands dazu entschlossen, keine Fusion der drei Vereine Archshofen, Creglingen und Niederrimbach anzustreben. Der Verbandsvorsitzende habe davon abgeraten, berichtete Berg. Dieser Schritt sei mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden und mache nur Sinn, wenn die nach der Fusion entstandene Chorgemeinschaft eine dauerhafte Perspektive habe.

Deshalb habe der Sängerkranz-Vorstand einstimmig beschlossen, keine Fusion anzustreben, sondern den Verein aufzulösen.

Schriftführer Karlheinz Hofheinz sagte, man könne die Augen nicht vor der Realität verschließen. Er hatte in seinem Bericht ausführlich über die Sitzungen berichtet, in denen man sich vor allem mit der Zukunft des Vereins beschäftigt hatte.

Man sei gezwungen, die Auflösung ins Auge zu fassen, was aber nur den Sängerkranz und nicht die Chorgemeinschaft betreffe. Die letzte Entscheidung liege nun bei den Mitgliedern, so Hofheinz. Der Ehrenvorsitzende Günter Hofmann, der seit 1965 Mitglied im Sängerkranz ist, erinnerte an den Mitgliederschwund, den man habe hinnehmen müssen. Er sei seit 1965 auf über 60 Beerdigungen gewesen und habe Sangesbrüder zu Grabe tragen müssen – und es seien in all den Jahren keine wesentlichen Neuzugänge zu verzeichnen gewesen.

Fusion wäre großer Aufwand

Auch er wies auf den erheblichen Verwaltungsaufwand hin, den die Fusion mit sich bringen würde. Alle drei Vereine müssten sich auflösen und einen neuen Verein bilden – ohne dass man die Gewähr habe, dass dieser dann langfristig über genug aktive Sänger verfüge.

Berg sagte mit Blick auf die Zukunft der Musikhalle, dass Bürgermeister Uwe Hehn sich mit dem Thema befasse und ein Gespräch mit ihm, dem Sängerkranz und der Stadtkapelle sinnvoll sei. „Der Bürgermeister hat schon Überlegungen angestellt, ihm ist das Thema nicht egal“, so Berg. Bürgermeisterstellvertreter Rudi Müller würdigte die Arbeit des Vorstands, bezeichnete den Sängerkranz als große Bereicherung des kulturellen Lebens und verwies dabei unter anderem auf die traditionellen Auftritte beim Pferdemarkt.

Nicht nur der Chorgesang leide unter Nachwuchssorgen, in der heutigen schnelllebigen Zeit wolle sich kaum noch jemand länger binden und Verantwortung übernehmen. „Die Auflösung ist sehr schade für Creglingen, aber wahrscheinlich nicht aufzuhalten“, sagte der Stadtrat aus Münster.

Die Vorsitzenden der befreundeten Vereine, Andreas Jöchner aus Archshofen und Sven Weidenmüller aus Niederrimbach, lobten die immer gute Zusammenarbeit mit den Creglinger Sängerfreunden. „Wir akzeptieren eure Entscheidung“, sagte Jöchner, der sich die weitere Zusammenarbeit in der Chorgemeinschaft genauso reibungslos wünscht wie sein Niederrimbacher Kollege. Das sehen die Creglinger genauso: „Wir wollen alle weitermachen, das verspreche ich euch“, so Berg. Die Creglinger werden Mitglied entweder im Archshofener oder Niederrimbacher Verein, denn „wildes Singen können wir uns nicht erlauben, alleine aus versicherungsrechtlichen Gründen“, unterstrich der Vorsitzende. Zur vereinsrechtlichen Seite sagte der frühere Creglinger Notar Josef Köder, wenn es in einem Verein keinen neuen Vorstand gebe, werde irgendwann das Amtsgericht einen Notvorstand bestellen, der dann die Auflösung des Vereins betreibe – gegen Bezahlung.

Der andere Weg sei, dass der amtierende Vorstand nach einer gewissen Zeit eine außerordentliche Generalversammlung einberufe, auf der dann der Auflösungsbeschluss gefasst werde. Die Vorstände würden dann zu Liquidatoren.

Das Verfahren bis zur Löschung des Vereins aus dem Vereinsregister könne bis zu einem Jahr dauern, so Köder. Angesichts der vom Vorstand vorgetragenen Fakten hielt sich der Diskussionsbedarf in Grenzen. Der Antrag des Vorstands, die Auflösung des Vereins in die Wege zu leiten, wurde bei zwölf Ja-Stimmen und einer Nein-Stimme mit großer Mehrheit angenommen. Gesprächsbedarf wird es aber weiterhin geben mit Blick auf die Chorgemeinschaft und die Zukunft der Musikhalle.

Redaktion Redakteur bei den FN

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