Creglingen

„Links und rechts der Tauber“ heute nur Folklore

FN-Gespräch mit je einem Vertreter links der Tauber, rechts der Tauber und an der Tauber über die Gemeindereform 1972. „Es war der richtige Weg“

Von 
Arno Boas
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Links, rechts und an der Tauber: Über den Zusammenschluss von 13 Gemeinden zur Stadt Creglingen vor 50 Jahren sprachen die FN mit Albert Stein (links der Tauber), Karl Haag (an der Tauber) und Eugen Schmidt (rechts der Tauber). Die drei sind sich einig: Der Zusammenschluss war richtig, eine echte Alternative hat es nicht gegeben. © Boas

Waldmannshofen hatte gute Böden, Münster viel Wald – manche Orte hatten Schulden, andere standen gut da. Am Ende kamen sie alle unter einen Hut und heißen seit 50 Jahren „Stadt Creglingen“. Es war eine Zweckehe – heute schätzt man sich.

Creglingen. Im Oberen Bezirk war die Aussage „Links der Tauber, rechts der Tauber“ lange Zeit ein Synonym dafür, dass bei der Kommunalreform 1972 mit den 13 Gemeinden etwas zusammen gekommen war, was eigentlich nichts miteinander zu tun hatte. Heute dient diese Bezeichnung eher noch der Folklore, man schmunzelt darüber.

Im Rückblick stellen sowohl Vertreter von „links der Tauber“ als auch „rechts der Tauber“ unisono fest, dass die Vernunftehe ihren Zweck erfüllt hat. Und auch diejenigen Ortschaften, die an der Tauber liegen, haben sich längst an das Konstrukt der Gesamtgemeinde gewöhnt.

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In einem Gespräch in der alten Posthalterei plauderten Albert Stein aus Lichtel, Eugen Schmidt aus Freudenbach und Karl Haag aus Zentral-Creglingen mit den Fränkischen Nachrichten über die Zeit vor 50 Jahren. Man war sich einig: Eine wirkliche Alternative zum Zusammenschluss hat es nicht gegeben.

„Wir sind damals mit Verwaltungsaktuar Hans Kiesel gut gefahren“, erinnert sich der 90-jährige Albert Stein vom Landturm Lichtel an die Zeit, als die kleinen Kommunen alle noch selbstständig waren, ihre Finanzen aber von einem Fachmann – dem Verwaltungsaktuar Hans Kiesel – geführt wurden. „Hans Kiesel hat gesehen, dass die kleinen Gemeinden auf Dauer nicht alleine zurecht kommen“. Und es war eines seiner Ziele, zentrale Plätze für Industrieansiedlungen zu schaffen. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft war unaufhaltsam, und so mussten die Kommunen schauen, wie sie Arbeitsplätze im gewerblichen und industriellen Bereich anbieten konnten – für Dörfer mit gerade mal 200 oder 300 Einwohnern ein Ding der Unmöglichkeit. „Wir sind gut mit dem Zusammenschluss gefahren“, findet Albert Stein. Dass sich damals die Menschen nicht kannten, war angesichts des großen Gemeindegebiets kein Wunder. Reutsachsen und die anderen Dörfer im Oberland tendierten nach Rothenburg, Waldmannshofen nach Aub. Doch mit der Schulreform und der Zentralisierung der Schulen in Creglingen Mitte der 70-er Jahre wurden die einstigen Grenzen langsam, aber sicher überwunden.

„Die Kommunalreform kam damals nicht über Nacht, es gab insgesamt sechs Treffen der Bürgermeister, um das Vorgehen zu besprechen“, erinnert sich der 81-jährige Eugen Schmidt. Debattiert wurde etwa über die Gründung von Verwaltungsgemeinschaften rechts und links der Tauber. „Aber solche Gedankenspiele sind gescheitert. Es war schnell klar, dass Creglingen die Zentrale wird“, so Schmidt. Auch sei die kommunale Verwaltung immer komplizierter, die Anforderungen höher geworden. Sein Fazit deshalb aus heutiger Sicht: „Es war der richtige Weg“. Und den habe der Staat dank seiner finanziellen Lockmittel erleichtert, wie Albert Stein ergänzt.

Wenn Albert Stein und Eugen Schmidt auf ihre eigenen Dörfer schauen, loben beide das große ehrenamtliche Engagement. Stellvertretend führt Eugen Schmidt den Freibad-Förderverein an und Albert Stein den Wegebauverein Oberrimbach-Lichtel. In Freudenbach hofft man auf die Dorfsanierung, auf die man seit gut zehn Jahren wartet. Nur Waldmannshofen wartet noch länger. Und in Oberrimbach steht der Ausbau des Gemeindesaals auf der Wunschliste.

Der 70-jährige Karl Haag, der sich vor 50 Jahren noch nicht so stark für die Kommunalpolitik interessiert hat, weiß aus Gesprächen mit altgedienten Creglinger Stadträten, dass Creglingen damals nicht auf der Bremse stand, als es um den Zusammenschluss ging. „Die Kernstadt hatte nur Sorgen, dass sie keine sechs Räte mehr im Gemeinderat stellen darf, wenn andere Gemeinden statt einen zwei Räte stellen dürfen, wie es Reinsbronn und Freudenbach gefordert hatten“.

Nicht ideal war eher, dass es in Creglingen nichts Vergleichbares wie die Ortschaftsräte auf den Dörfern gab. „Es gab zwar mal einen Bauausschuss, der diesen dörflichen Gremien nahe kam, aber der wurde wieder abgeschafft“, berichtet Karl Haag. Erst Bürgermeister Uwe Hehn habe den Stadtsprecher eingeführt, der sich zusammen mit den Creglinger Stadträten um die speziellen Angelegenheiten der Kernstadt kümmert.

Alle drei finden, dass der 50. Geburtstag der Großgemeinde ein Grund zum Feiern ist. „Ich finde gut, dass alle mitmachen. Wenn man zusammen schafft, kann man viel erreichen“, freut sich Albert Stein. Das sehen Eugen Schmidt und Karl Haag genauso. „Wenn schon der Pferdemarkt nicht gefeiert werden konnte, so wollen wenigstens jetzt alle raus“, sagt Eugen Schmidt. Und Karl Haag: „Ich finde es gut, dass wir feiern, denn das Ergebnis nach 50 Jahren passt“.

Mit einem gewissen Unbehagen verfolgt man die Entwicklung um die unechte Teilortswahl, die es auch in Creglingen gibt und die sicherstellt, dass auch kleine Stadtteile mit einem Vertreter im Gemeinderat sitzen. In Crailsheim und in Schrozberg laufen Bestrebungen, sie abzuschaffen, in Tauberbischofsheim hat eine Einwohnerin erfolgreich gegen die Wahl von 2019 geklagt – als Folge könnte die unechte Teilortswahl kippen.

„Ich halte die unechte Teilortswahl für unbedingt richtig“, betont Albert Stein. Seine beiden Gesprächspartner sind auch in dieser Frage der gleichen Meinung – rechts und links der Tauber spielt eben keine Rolle mehr . . .

Redaktion Redakteur bei den FN

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