Rund 150 Werke sachkundig und empathisch ins Deutsche übertragen

Creglingen: Anne Emmert hat Lesern Welten eröffnet

Übersetzerpreis wird auf Buchmesse postum an die Creglingerin Dr. Anne Emmert verliehen

Von 
Anita Bone-Czerniejewski
Lesedauer: 
Die Übergabe des Übersetzerpreises auf der Leipziger Buchmesse durch Beate Frauenschuh, Präsidentin des Freundeskreises zur Förderung literarischer und wissenschaftlicher Übersetzungen, an die beiden Kinder von Dr. Anne Emmert. © Anita Bone-Czerniejewski

Creglingen/Leipzig. Es war eine berührende Feierstunde in Leipzig: Auf der Buchmesse wurde der bei einem Unfall tödlich verunglückten Creglinger Übersetzerin Dr. Anne Emmert ein Preis verliehen. Übergeben wurde er an ihre Kinder.

Auf der Leipziger Buchmesse wurde die im Januar gemeinsam mit ihrem Mann tödlich verunglückte Anne Emmert aus Creglingen postum mit dem Übersetzerpreis „REBEKKA“ geehrt. Der Preis wird seit 2021 vom Freundeskreis zur Förderung literarischer und wissenschaftlicher Übersetzungen e.V. an Übersetzer und Übersetzerinnen vergeben, die seit vielen Jahren in der Branche tätig sind, deren Arbeit jedoch nicht so sehr im Rampenlicht steht, weil Sachbücherm und wissenschaftlicher Literatur in der Branche nicht der gleiche Stellenwert beigemessen wird wie der Belletristik. Der Preis ist mit 5000 Euro dotiert.

In Anwesenheit der beiden Kinder von Anne und Günter Emmert, ihrer Schwester, weiteren Familienangehörigen sowie zahlreichen Berufskolleginnen von Anne Emmert fand am Freitag auf der Leipziger Buchmesse die Preisübergabe und eine berührende Feierstunde statt. Sowohl die neu gewählte Präsidentin des Vereins, Beate Frauenschuh, als auch insbesonders ihre Vorgängerin richteten dabei sehr persönliche Worte an die Gäste.

„Die Freude war groß und echt“

Mehr zum Thema

Tragischer Unfall

Trauer um Creglinger Kommunalpolitikerin Dr. Anne Emmert

Veröffentlicht
Von
Arno Boas
Mehr erfahren
Generalversammlung der GbR in Finsterlohr

Dorfladen hat bald rund um die Uhr geöffnet

Veröffentlicht
Von
Arno Boas
Mehr erfahren
Creglinger Einzelhandel

Frischemarkt in Creglingens Innenstadt schließt

Veröffentlicht
Von
Arno Boas
Mehr erfahren

Altpräsidentin Karen Nölle berichtete von dem Moment, als sie Anne Emmert im vergangenen Jahr am Telefon von dem Preis verständigte. Emmert sei völlig überrascht gewesen, ihre Freude war so groß und echt, dass es ihr noch gut in Erinnerung sei, so Karen Nölle. Unendlich traurig sei man nun, dass Anne Emmert die Preisverleihung nicht mehr erleben durfte. Ihre außerordentliche Beliebtheit spiegle sich in zahlreichen wundervollen Kommentaren im Netz wider.

Anne Emmert übersetzte rund 150 Bücher sachkundig, präzise und mit einem unfehlbaren Gespür für den jeweiligen Ton ihrer Autoren, zu denen unter anderen Laurie Penny, Susan Faludi und Judith Butler gehören.

Die Laudatio hielt Beatrice Faßbender vom Berliner Berenberg Verlag. Nach den Ansprachen ihrer Vorgängerinnen begann sie mit den Worten: „Es hätte also so schön werden können. Die wunderbare Anne Emmert erhält endlich, endlich den ihr längst gebührenden Preis für ihre Arbeit als Literaturübersetzerin. Dass es nun so ganz anders gekommen ist, bricht mir das Herz“.

„Unverstellt und herzlich“

Beatrice Faßbender würdigte die Creglingerin nicht nur als professionelle und zuverlässige Übersetzerin sondern auch als eine unverstellt herzliche, heitere und zugewandte Frau, die sie auch persönlich kennengelernt habe.

Aus ihrer Zusammenarbeit mit dem Verlag gab sie den Gästen einen spannenden Einblick in Anne Emmerts Arbeit und geht u.a. ganz speziell auf den Titel „Kafkas letzter Prozess“ ein. Diese Übersetzung stellte eine ganz besondere Herausforderung an die Übersetzungsarbeit dar an deren Ende Anne Emmert einen erschöpften Werkstattbericht verfasste, der auf ihrer Website „sachbuchwerkstatt.de“ erschien. „Allein für dieses eine Buch habe Anne einen Preis verdient“, so die Laudatorin.

Anne Emmert sei eine Vollblutübersetzerin gewesen, der der Austausch und die Zusammenarbeit mit Kollegen immer wichtig war. Sie habe sich beim Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke engagiert, war hilfsbereit, empathisch, machte sich über die Zukunft und Künstliche Intelligenz Gedanken. Beatrice Faßbender hatte Anne Emmert einige Male in Creglingen besucht. Sie schloss ihre Rede mit den Worten: „Was Anne Emmert mir über Tilman Riemenschneider und das Taubertal schrieb, gilt eben auch für sie selbst: Sie ’öffnet unsere sehr abgelegene Gegend’ – worunter man ja auch unsere geistigen Gegenenden verstehen kann – ’doch ein bisschen in die große weite Welt.’“

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten