Buchen. Wer in Buchen unter die Erde kommen will, kommt an Bestatter Michael Sauter nicht vorbei. Der Unternehmer aus Adelsheim präsentiert sich stilecht: Er trägt einen schwarzen dreiteiligen Anzug, weißes Hemd mit Krawatte und eine Uhrenkette an seiner Anzugsweste. Sein Bestattungshaus ist von der Stadt Buchen damit beauftragt, Gräber auf den Friedhöfen der Stadt auszuheben, Tote aufzubahren, Trauerfeiern auszuführen und Verstorbene oder deren Asche auf dem Buchener Friedhof beizusetzen. Denn diese Tätigkeiten zählen in Deutschland zu hoheitlichen Aufgaben und müssten eigentlich von den Kommunen übernommen werden. Diese dürfen jedoch ein externes Unternehmen damit beauftragen. In Buchen hat das Bestattungshaus Sauter den Zuschlag dafür erhalten.
Zeit der Totengräber ist vorbei
Die Zeiten, als die Stadt einen eigenen Totengräber beschäftigte, sind schon lange vorbei. Stadtarchivar Jan-Tobias Kohler teilt dazu folgendes mit: „Der letzte Totengräber, der als städtischer Bediensteter angestellt war, war vermutlich Otto Faulhaber. Dieser konnte nach einer amtsärztlichen Untersuchung 1967 den Dienst nicht mehr versehen. Das städtische Personal lehnte das Gräbermachen per se ab. Deshalb schrieb die Stadt das Gräbermachen aus und versuchte, eine dauerhafte Regelung mit einer Privatperson oder einem Unternehmen zu finden. Vermutlich hat dies auch funktioniert, denn die Akte zum Totengräber endet danach.“ Ältere Buchener können sich allerdings noch an Gerhard Henn erinnern, der in der Mühltalstraße 1 wohnte, in einem jener Häuser, die wegen der Straße „Am Schrankenberg“ abgerissen wurden. Dieser war noch in den 1970-er Jahren als Totengräber tätig. Kohler bestätigte, dass Henn bei der Stadt beschäftigt war.
Asche für Zuhause
„Die Asche des Verstorbenen mit nach Hause zu nehmen , ist sehr stark im Kommen“, stellt Bestatter Michael Sauter fest.
In Deutschland ist das eigentlich nicht erlaubt. Da Angehörige allerdings selbst wählen dürfen, wo ein Verstorbener bestattet wird, können sie sich auch für die Niederlande entscheiden. Offiziell wird die Asche dort beigesetzt.
Nach niederländischem Recht darf man diese allerdings nach Deutschland einführen. Man muss dazu lediglich eine Bestattungsbestätigung einer niederländischen Behörde vorweisen können.
„Die Angehörigen wollen selbst über die Asche entscheiden“, sagte Sauter. „Sie wollen diese zum Beispiel auf dem Lieblingsplatz des Verstorbenen verstreuen.“
Während die Totengräber damals noch mit Pickel, Spaten und Schaufel arbeiteten und manchmal nach einem nächtlichen Regenguss das eingestürzte Grab am Folgetag noch mal ausheben mussten, setzen Michael Sauter und seine Mitarbeiter einen speziellen Friedhofsbagger ein. Außerdem verfügen sie über einen Abbruchhammer, um Fels im Erdreich beseitigen zu können. Auch Schalungen und Sprießen, um die Grube abzustützen, zählen zur Ausrüstung.
Doch immer seltener wird Sauter damit beauftragt, ein Grab auszuheben. „Die Tendenz geht zur Feuerbestattung“, stellt er fest. „Das klassische Doppelgrab ist ein Auslaufmodell.“ Das bestätigt die Statistik vom Buchener Standesbeamten Thomas Großkinsky. Zählte man in 2010 noch 50 Erd- und 43 Urnenbestattungen, so waren es im vergangenen Jahr 29 Erd- und 56 Urnenbestattungen. Zwei Drittel der in Buchen beigesetzten Verstorbenen ließen ihren Körper also verbrennen. Sauter geht davon aus, dass sich dieser Anteil in den nächsten Jahren auf 95 Prozent erhöhen wird.
Auf dem Buchener Friedhof ist dieser Trend schon seit Jahren erkennbar. So lässt die Stadt immer mehr Urnengräber anlegen. In der Nähe von der Aussegnungshalle steht eine Urnenwand, Kolumbarium genannt. Auch in den gärtnergepflegten Gräbern werden Urnen beigesetzt. Das anonyme Gräberfeld ist ebenfalls für Urnen bestimmt. „Wenn wir ein Doppelgrab auflösen“, sagt Großkinsky, „wird es in der Regel nicht neu belegt.“ Das hat zur Folge, dass über hundert Lücken auf dem Friedhof entstanden sind.
Bei Thomas Großkinsky und Elisabeth Repp im Standesamt hängt ein großer Plan des Buchener Friedhofs, in dem Gräber und Urnenfelder eingezeichnet sind. Doch auch bei der Friedhofsverwaltung geht es mit der Digitalisierung voran. So führt man längst kein Totenbuch mehr, sondern verwaltet die Daten zu den einzelnen Gräbern mit dem Computer. Dennoch muss Bestatter Sauter nach wie vor bei einem Sterbefall anfragen, wer in Wahlgräbern schon bestattet ist und ob man einen weiteren Verstorbenen zubetten kann. Nach den Worten von Sauter will die Stadtverwaltung eine Cloud-Lösung einführen. Dann könnte der Bestatter jederzeit übers Internet mit einem Passwort Informationen über Gräber auf dem Friedhof abrufen.
Nach der Friedhofssatzung unterscheidet die Buchener Behörde zwischen Reihen- und Wahlgrab. Ein Reihengrab kann nur ein Mal genutzt werden, für ein Wahlgrab kann die Laufzeit des Nutzungsvertrags verlängert werden. Außerdem können dort – je nach Größe – mehrere Verstorbene bestattet werden, unabhängig ob in Urne oder Sarg. Wie Michael Sauter erläuterte, würden die Ruhefristen bei Urnenbestattungen 15 Jahre, bei Erdbestattungen 20 oder 25 Jahre betragen. Er weist darauf hin, dass der Verwesungsprozess bei Erdbestattungen von körpereigenen Bakterien abhänge. Diese könnten nur dann aktiv werden, wenn genügend Sauerstoff zur Verfügung stehe. „Der Sarg sollte so lange wie möglich Sauerstoff halten“, erklärte er. Wasser im Erdreich oder lehmiger Boden würden den Verwesungsprozess hemmen. „Auf dem Buchener Friedhof haben wir kein Problem mit der Verwesung“, sagte der Bestatter. Er wies darauf hin, dass man den Ort der Trauerfeier frei wählen dürfe. „Es gibt hier einen Trend zur Privatisierung“, sagte er. So könne man den Verstorbenen im privaten Rahmen und moderner Umgebung aufbahren lassen.
Von See- bis Weltraumbestattung
Wie nahezu alle Bestattungsunternehmen bietet Sauter auch besondere Bestattungsformen an. Bei einer Seebestattung wird die Urne mit der Asche an eine Reederei übergeben. Diese wird dann – auf Wunsch im Beisein der Angehörigen – auf hoher See verstreut. Baumbestattungen finden in sogenannten Ruhehainen statt. Und wer sich an einen verstorbenen Angehörigen auf eine besondere Weise erinnern will, kann aus einem Teil der Asche in der Schweiz einen Diamanten fertigen lassen.
Weltraumbestattungen werden nach den Worten von Sauter dagegen sehr selten nachgefragt. Wer sich dafür entscheidet, lässt einen Teil der Asche des Verstorbenen einer amerikanischen Firma zukommen. Diese schießt die Asche in einem kleinen Zylinder ins Weltall, wo sie verglüht. Dafür zahlt man einen fünfstelligen Eurobetrag.
Muslimische Bestattungen
Bestattungen nach muslimischen Regeln nehmen zwar zu, kämen in der Region allerdings selten vor. Nach den Worten von Sauter wendeten sich muslimische Angehörige meist an Dienstleister in Ballungsräumen. Dies bestätigte auch Thomas Großkinsky. Drei bis viermal im Jahr würden muslimische Bestatter Beurkundungen über einen Todesfall beim Standesamt abholen, um die Leichen ins Ausland transportieren zu können
Wie Sauter erläuterte, gelten für Bestattungen nach muslimischem Ritus folgende Regeln: Der Tote darf nur von Muslimen berührt werden. Es werden spezielle rituelle Waschungen vorgenommen. Außerdem muss der Tote innerhalb von 24 Stunden in Heimaterde beigesetzt werden. Für den Transport eines Toten zum Beispiel in die Türkei benötigten die Angehörigen beziehungsweise der Bestatter einen sogenannten internationalen Leichenpass. Nach den Worten von Großkinsky werden die Toten meist mit dem Flugzeug in die Türkei transportiert, wo sie beigesetzt werden. Sauter dagegen berichtete auch von Leichentransporten in die Türkei mit Kraftfahrzeugen.
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