Gesundheitswesen

Was den Neckar-Odenwald-Kliniken zu schaffen macht

Die Verantwortlichen der Neckar-Odenwald-Kliniken kämpfen an vielen Fronten: Unklare Finanzierung, ausbleibende Krankenhausreform, höhere Kosten wegen Inflation, gestiegene Energie- und Medikamentenpreise sowie Personalmangel.

Von 
Martin Bernhard
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Steigende Kosten und die bisher ausbleibende Krankenhausreform erschweren die Finanzplanung für die Neckar-Odenwald-Kliniken erheblich. © Martin Bernhard

Buchen/Neckar-Odenwald-Kreis. Die Nachricht bei der vergangenen Kreistagssitzung war erfreulich: Die Neckar-Odenwald-Kliniken machen 2023 einen um zwei Millionen Euro geringeren Verlust als geplant. Der Kreis muss nur drei Millionen Euro zuschießen. „Das ist das beste Ergebnis seit zehn Jahren“, freute sich Geschäftsführer Frank Hehn bei einem Pressegespräch. Allerdings habe man dies nur dank Energie- und Landeshilfen erreichen können. Und zudem seien den Kliniken Gelder zugeflossen, die in den Jahren 2021 und 2022 erwirtschaftet worden waren.

Für 2024 ist ein Verlust von sieben Millionen Euro im Kreishaushalt eingeplant. „Wenn sich nichts ändert, wird es eine enorme Herausforderung, den Jahresverlust bei sieben Millionen Euro zu halten“, sagte Hehn. Denn die Verantwortlichen rechnen mit steigenden Kosten, und das, obwohl man die Prozesse verbessert und die Menge benötigten Materials verringert habe. Man habe Doppelstrukturen an den beiden Standorten Buchen und Mosbach abgebaut und dabei auf eine „optimale Patientenversorgung im Neckar-Odenwald-Kreis“ geachtet. Unter anderem wurden die Geburtshilfe komplett nach Buchen und die Orthopädie sowie die Unfall- und Wirbelsäulenchirurgie nach Mosbach verlegt. „Der Mensch steht bei uns im Mittelpunkt“, betonte Geschäftsführer Harald Löffler.

Geschäftsführer Frank Hehn, Ärztlicher Direktor Dr. Rüdiger Mahler, Pflegedienstleiter Kurt Böhrer und Geschäftsführer Harald Löffler (von links) erwarten wirtschaftlich schwierige Zeiten für die Neckar-Odenwald-Kliniken. © Martin Bernhard

Trotzdem drohen den beiden Krankenhäusern die Kosten davonzulaufen. Die Kliniken seien – wie Privatleute und Unternehmen – von der Inflation, gestiegenen Energiepreisen und höheren Gehältern betroffen. In manchen Sektoren stiegen die Kosten überproportional stark. So habe im Bereich Wäsche ein Lieferant eine Preissteigerung um 20 Prozent gefordert, erläuterte Hehn.

Rund 1000 Mitarbeiter

Drei Viertel der Kosten entstehen den Kliniken durch Löhne und Gehälter, die ebenfalls gestiegen seien. Mit rund 1000 Mitarbeitern sei man einer der größten Arbeitgeber im ländlichen Raum. Als Dienstleistungsunternehmen wolle man am Personal nicht sparen, sagte Harald Löffler. Derzeit sei man personell gut aufgestellt. Es sei gelungen, alle Ausbildungsplätze zu besetzen. Doch auch die Neckar-Odenwald-Kliniken spüren den Fachkräftemangel. „Geld allein hilft nicht, wenn die Köpfe nicht da sind“, stellte Hehn fest.

Die Klinik-Verantwortlichen sind stolz auf insgesamt sechs Auszeichnungen im Bereich Personal: Die „Verlagsgruppe Handelsblatt“ nahm die Neckar-Odenwald-Kliniken in die Liste „Beste Ausbilder 2023“ und „Faire Karriereförderung 2023“ auf. Das Arbeitgeberbewertungsportal „Kununu“ verlieh das Siegel „Top Company 2024“, das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Auszeichnung „Wir fördern Anerkennung“. Außerdem vergab das „Deutsche Institut für Qualitätsstandards und -prüfung“ an die Kliniken die Prädikate „Familienfreundlicher Arbeitgeber“ und „Top Arbeitgeber“.

„Hängepartie“ der Politik

Wie die hiesigen Krankenhäuser die Kosten durch Erstattungen der Krankenkassen oder durch staatliche Zuschüsse finanziert sollen, ist offen. Löffler kritisierte die „Hängepartie in der Politik“, die die Arbeit der Kliniken schwierig mache. Man habe gehofft, dass nach der Sommerpause ein Entwurf für die Krankenhausreform vorliege. Jetzt, zum Beginn des neuen Jahres, fehle dieser immer noch.

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Bedenklich stimmt die Verantwortlichen die Entwicklung der Fallzahlen in den beiden Krankenhäusern. Diese hätten sich seit Anfang der Pandemie zwar stabilisiert, liegen aber noch deutlich unter dem Wert von 2019. So wurden im vergangenen Jahr etwa 46 000 Personen behandelt gegenüber rund 61 000 im Jahr 2019. Während die Anzahl der stationären Behandlungen im selben Zeitraum von rund 18 000 auf etwa 13 000 gefallen war, fiel die Zahl der ambulanten Behandlungen von 2019 mit rund 43 000 Fällen auf rund 30 000 im Jahr 2021. Seitdem sind diese auf rund 33 000 Fälle gestiegen.

Hehn erklärte den Anstieg im ambulanten Bereich unter anderem damit, dass mehr Operationen ohne anschließender Übernachtung im Krankenhaus vorgenommen würden als früher. Zudem habe die Schließung der Notfallpraxen zu einem Anstieg ambulanter Behandlungen beigetragen. Ärztlicher Direktor Rüdiger Mahler wies darauf hin, dass schon vor der Schließung der Notfallpraxen Patienten ins Krankenhaus gekommen seien, bei denen keine medizinische Notwendigkeit dafür bestanden habe. „Dadurch wurden in den Kliniken Kräfte beschäftigt, was nicht hätte sein müssen“, sagte er.

Ungünstige Vorzeichen für 2024

Nach den Worten von Hehn steht das Jahr 2024 für die Kliniken unter „äußerst ungünstigen Vorzeichen“. Er rechnet damit, dass der sogenannte Basisfallwert, der für die Vergütung von Leistungen wichtig ist, um etwa fünf Prozent steigen werde. Allerdings würden künftig wegen einer neuen Regelung stationäre Leistungen schlechter entlohnt als bisher. Wie die Kliniken künftig ihre Leistungen abrechnen können, sei allerdings unklar. „Es werden Verordnungen erlassen, aber wie man diese umsetzt, ist nicht geklärt“, klagte Hehn.

Atemwegserkrankungen an den Neckar-Odenwald-Kliniken

  • Ärztlicher Direktor Dr. Rüdiger Mahler ging auf die Situation in den Neckar-Odenwald-Kliniken im Bereich der Atemwegserkrankungen ein.
  • Der Chefarzt spricht nicht mehr von „Corona-Situation“. Denn es spielen auch die Virusgrippe und die Rhinoviren bei Atemwegserkrankungen eine Rolle.
  • Wegen gestiegener Fallzahlen habe sich der Druck auf die Isolationsstationen der Neckar-Odenwald-Kliniken erhöht. „Wir kommen mit den beiden Stationen aus“, sagte der Arzt.
  • Eine allgemeine Maskenpflicht an den Kliniken sei derzeit nicht geplant. „Wir werden die Situation regelmäßig neu bewerten“, kündigte der Ärztliche Direktor an. mb

Pflegedienstleiter Kurt Böhrer bezeichnete die neue Pflegepersonaluntergrenzen- und die Pflegebemessungs-Verordnung als „Bürokratie-Monster“. Man müsse täglich erfassen, wie viele Patienten um 12 und um 24 Uhr auf den Stationen vorhanden seien und deren Pflegeaufwand nach 16 Kriterien einschätzen. Diese Zahlen müsse man monatlich melden. „Wir brauchen pro Station eine zusätzliche Pflegekraft, die das übernimmt“, sagte Böhrer.

Herausforderung Digitalisierung

Auch die zunehmende Digitalisierung stellt die Klinik-Verantwortlichen vor Herausforderungen. Mitarbeiter müssten geschult werden. Und EDV-Dienstleister seien so sehr mit Arbeit ausgelastet, dass sie vor Jahresende kein Angebot abgeben, stellte Frank Hehn fest.

Redaktion

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