Morre-Serie, Folge 2

Buchen: Zehn Biberdämme auf einer Gewässerlänge von 1,3 Kilometer

Der Biber hat sich seit einigen Jahren an der Morre angesiedelt. Im Hettinger Tal hat sich Landwirt Herbert Kieser mit dem Nagetier arrangiert.

Von 
Martin Bernhard
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Schwierige Koexistenz: Bauer Herbert Kieser bei der Biber-Station des Biodiversitätspfads im Morretal in Richtung Hettingen. Dort setzt das Nagetier immer wieder die Wiesen unter Wasser. © Martin Bernhard

Buchen.  Was ist eigentlich mit dem Biber an der Morre im Hettinger Tal los? Bauer Herbert Kieser, der dort eine Fläche von insgesamt acht bis neun Hektar bewirtschaftet, hat sich – wohl oder übel – an das Nagetier gewöhnt. „Die Wiesen sind phasenweise übersättigt mit Wasser“, stellt er im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten fest. „Es wachsen Binsengräser, die als Futter für meine Rinder nicht geeignet sind.“

Das Nagetier hat mehrere Dämme in der Morre errichtet. Damit das gestaute Bachwasser vor allem in Regenzeiten nicht zu sehr die Wiesen überflutet, hat man, in Absprache mit dem zuständigen Biberberater, Drainagerohre in einige Dämme eingebaut. Doch so leicht lässt sich das Tier nicht überlisten. Der Biber baut die Rohre immer wieder zu. Deshalb rücken regelmäßig Mitarbeiter des städtischen Bauhofs an und legen diese wieder frei.

Sehr wartungsintensiv

Das bestätigt Hubert Kieser, Technischer Dezernent bei der Stadtverwaltung. Man habe in einigen Dämmen drei Meter lange Drainagerohre verlegt. Bauhofmitarbeiter würden diese regelmäßig kontrollieren. „Die Sache ist sehr wartungsintensiv“, stellt der Dezernent fest. Am Damm selbst dürften die Mitarbeiter nichts verändern.

Wissenswertes zum Biber

Der erste Biber im Neckar-Odenwald-Kreis tauchte vor etwa zehn Jahren im Roberner See in der Gemeinde Fahrenbach auf. Seitdem ist die Population stark gestiegen.

Im Stadtgebiet Buchen hat sich der Biber nach Angaben von Bauhofleiter Marcus Wörner an folgenden Orten angesiedelt: Hettinger Tal, oberhalb der Mittelmühle, am Anderbach beim Feuerwehrgerätehaus Buchen, zeitweise am Schulzentrum, zwischen der Kläranlage Buchen und Hettigenbeuern, in Götzingen an beiden Seen, zwischen Waldhausen und Bödigheim, bei der Kläranlage in Waldhausen und an der Unterneudorfer Mühle.

Ein Biber wird 15 bis 25 Jahre alt. Wegen der hohen Verlustrate bei den Jungtieren beträgt das durchschnittliche Alter nur acht Jahre. Ausgewachsene Biber wiegen zwischen 25 und 35 Kilogramm. Sie können 15 Minuten unter Wasser tauchen.

Biber leben in einer Dauerehe. Pro Jahr sind drei bis maximal sechs Jungtiere möglich.

Junge Biber werden im Alter von zwei Jahren von der Mutter vertrieben. Dann suchen sie sich ein neues Revier. mb

„Wir kontrollieren die Dämme wöchentlich“, sagt Marcus Wörner, Fachdienstleiter beim städtischen Bauhof. Seine Mitarbeiter prüfen, ob die Drainagerohre noch frei sind und ob wegen vom Biber verbissener Bäume die Verkehrssicherungspflicht noch gewährleistet ist. Nach seinen Worten befinden sich zwischen dem Zulauf zur Morre unterhalb des Spielplatzes am Hasenwald bis zum Verkehrsübungsplatz auf einer Gewässerlänge von 1300 Metern zehn Dämme. Vier davon sind mit Kanalgrundrohren versehen. Im Morretal hat sich der Biber auch bei Hettigenbeuern niedergelassen. Diese Tiere sind vermutlich vom angrenzenden Bayern zugewandert.

Der Freistaat hatte das in Deutschland ausgestorbene Tier in den 1960-er bis 1980-er Jahre wieder angesiedelt. Nach Angaben des Bayerischen Staatsministeriums ist die Population des Bibers im Freistaat auf etwa 22 000 Tiere in rund 6000 Revieren gewachsen. In Baden-Württemberg macht sich der Nager seit etwa 20 Jahren breit. Das Land schätzt die Biberpopulation auf 7500 Tiere.

Nach Angaben von Irene Feilhauer von der Pressestelle des Regierungspräsidiums Karlsruhe leben im Neckar-Odenwald-Kreis die meisten Biber im Regierungsbezirk Karlsruhe. Mit 107 erfassten Revieren, von denen mindestens 86 als besetzt gewertet werden, sei dort die größte Dynamik und das größte Konfliktpotenzial vorhanden. So nahm allein im vergangenen Jahr die Gesamtzahl der im Neckar-Odenwald-Kreis erfassten Reviere um neun Prozent gegenüber dem Vorjahr zu.

Dem Regierungspräsidium sind im Bereich der Stadt Buchen zwölf Biberreviere bekannt, die der dort ansässige ehrenamtliche Biberberater betreut. Wie Feilhauer mitteilt, gab es 2023 hier bisher in sechs Revieren Ortsbegehungen und Termine mit den jeweiligen Betroffenen. In den übrigen Revieren mussten weder Maßnahmen ergriffen noch Besprechungstermine aufgrund von möglichen durch den Biber verursachten Problemen anberaumt werden.

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„Aus Sicht des Naturschutzes und der Gewässerökologie ist die Rückkehr des Bibers ein Segen“, heißt es auf der Homepage der Regierungspräsidien Baden-Württemberg. „So gestalten die Biber durch ihre Aktivitäten – etwa das Bauen von Dämmen – Gewässerläufe naturnah um. Dies führt zu einer größeren Strukturvielfalt, wodurch ein abwechslungsreiches Mosaik verschiedenster Lebensräume entsteht, die von einer Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten genutzt werden.“

Ernteausfälle und Schäden

Die Bauwerke des Bibers mögen sich auf die Natur positiv auswirken, die Arbeit des Bauern Kieser erschweren sie aber. „Wenn Wasser auf dem Grundstück steht, kann ich nicht auf die Wiese fahren“, sagt er. Der Landwirt ist von Ernteausfällen und immer wieder auch von Schäden an seinen Maschinen betroffen. So hatte er kürzlich einen Radbruch hinzunehmen, weil er in ein von dem Biber gegrabenes Loch in der Wiese gefahren war. „Es gab einen Schlag, und das Rad war kaputt“, erläutert der Landwirt.

„Da kommt einer, macht Löcher in deinen Boden, fällt Bäume und verschwindet wieder“, fasst er seine Situation zusammen. „Ich bin allein mit meinen Problemen“, klagt er. Denn das Land erstatte ihm keinen finanziellen Ausgleich für den entgangenen Ertrag und den entstandenen Schaden. Bayern dagegen verfügt über einen Entschädigungsfonds für vom Biber betroffene Landwirte. Im Einzelfall kann die Entschädigung bis zu 30 000 Euro betragen.

Redaktion

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