Buchen unterirdisch, Folge 4

In Gasthaus in Buchen: Fast vergessenes Gewölbe erforscht

In der Regel haben Häuser einen Keller. Das Gasthaus „Reichsadler“ verfügt sogar über zwei Keller - untereinander. Ein Erkundungstrupp stieg hinab in die Tiefe.

Von 
Martin Bernhard
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Die „Kellerforscher“ mussten sich durch einen engen Durchgang aalen, um das tieferliegende Gewölbe des Gasthauses „Reichsadler“ zu erreichen. © Müller

Buchen. Wer im Restaurant „Reichsadler“ sein Essen verzehrt, dürfte kaum ahnen, dass sich unter ihm zwei Gewölbekeller befinden. Peter Reinhardt, Seniorchef des Gastronomiebetriebs, ging es lange Zeit ähnlich. Mitte der 1970er Jahre ließ er den oberen Keller betonieren. Dabei stieß er zu seiner Überraschung auf ein darunter liegendes Gewölbe. Sein Sohn Christian erinnert sich daran, dass er auf dem Arm eines Feuerwehrmannes den unteren Keller erblickt hatte. Peter Reinhardt ließ den Zugang zu dem tieferen Keller verschließen. Es sollte bis Anfang der 1990er Jahre dauern, bis man den Schachtdeckel wieder anhob. Das Gewölbe stand damals fast komplett unter Wasser.

Auf Anregung der Fränkischen Nachrichten machte sich vor kurzem ein Trupp abenteuerlustiger Heimatforscher auf, den fast vergessenen Gewölbekeller zu erkunden. Es soll nicht verschwiegen werden, dass der eine oder andere darauf hoffte, Gegenstände von historischem oder finanziellem Wert in der Tiefe zu entdecken.

Schmutzig, aber glücklich: Auch Christian Reinhardt wagte sich in den Untergrund. © Martin Bernhard

Fachdienstleiter Stefan Müller von der Stadtverwaltung, sein Sohn Florian, dessen Freund Uwe Kirchgeßner und Marc Müller, Betriebsleiter der Kläranlage, rückten mit Schutzhelmen, Stirnlampen, Gummistiefeln, Laser-Messgerät, Gaswarngerät, Metalldetektor und Motormetallsäge an. Marc Müller entfernte mit der Säge zunächst den Baustahl, der den Einstieg in den Schacht versperrte. Dann ließ er das Gaswarngerät in die Tiefe hinab. Die Luft war rein.

Stefan Müller legte einen weißen Einmal-Overall und Handschuhe an. Mit Helm, Stirnlampe und Scheinwerfer wagte er sich in die schwarze Tiefe. Um von dem Schacht in das Gewölbe zu gelangen, musste er sich auf allen Vieren durch eine schmale Öffnung aalen. Gespannt wartete oben der Rest des Erkundungstrupps auf Informationen. Doch zunächst blieb alles still. Schließlich drang eine Stimme gedämpft an die Ohren der Wartenden. Um eine reibungslose Verständigung zu gewährleisten, stieg Müllers Sohn Florian in den Schacht. Er übermittelte die Fragen der Außenstehenden an seinen Vater und diesen wiederum dessen Antworten. Wie viel Wasser steht im Gewölbe? Wie groß und breit ist es? Was gibt es zu sehen?

Wasser steht hüfthoch

Stefan Müller bestätigte zunächst die Angaben von Christian Reinhardt. Demnach liegt das tiefe Gewölbe rechtwinklig zu dem oberen. Es verläuft in Richtung Restaurant-Parkplätzen und Biergarten. Müller ermittelte mit dem Laser-Entfernungsmesser eine Länge von 10,57 Meter und eine Breite von 3,45 Meter. Neben diesem Gewölbe befindet sich ein weiteres, das parallel zu dem ersten verläuft. Dieses ist hüfthoch mit Wasser gefüllt und misst 11,57 Meter in der Länge und 3,75 Meter in der Breite. Nach Angaben von Müller sind beide Gewölbe in massivem Sandsteinfelsen gemauert. Sie sind etwas über zwei Meter hoch.

Buchen unterirdisch

Mit der Serie "Buchen unterirdisch" werden wir Sie in loser Folge an Orte in Buchen führen, die unter der Erde liegen. Außerdem stellen wir Ihnen Menschen vor, die im engeren und weiteren Sinn unterirdisch tätig sind. mb

Die außen Wartenden wurden ungeduldig. Uwe Kirchgeßner folgte den beiden Müllers ins Gewölbe. Marc Müller begnügte sich damit, im Schacht die Verbindung der Kellerforscher zur Außenwelt zu halten. Nach etwa einer Stunde hatte die Außenwelt die Kellerforscher wieder. Ihre Anzüge waren braun vom Schlamm, die Hosen nass, in den Gummistiefeln befanden sich mehrere Liter Wasser.

Leere Weinflasche geborgen

Ein Overall war noch übrig. Also beschloss Reichsadlerwirt Christian Reinhardt, das Gewölbe gemeinsam mit Florian Müller zu erkunden. Er drang bis in das zweite Gewölbe vor. „Im hinteren Keller sinkt man im Schlamm ein“, erzählte er nach seiner Rückkehr. „Man kann den Fuß kaum anheben.“ Im Gegensatz zu den anderen barg Reinhardt einen Gegenstand aus dem Gewölbe: eine leere Weinflasche. Sie scheint allerdings aus moderner Zeit zu stammen.

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Die nassen und schmutzigen Overalls der Kellerforscher wanderten in eine Mülltüte. Die Männer werteten im Restaurant-Biergarten ihre Erkenntnisse aus. „Man kann ausschließen, dass von dem Gewölbe Gänge abgehen“, stellte Stefan Müller fest. Nur im zweiten Gewölbe befindet sich ein Schacht nach oben, der wahrscheinlich der Lüftung diente. Im ersten Gewölbe liegt ein großer Balken, außerdem schwimmt ein Dielenbrett auf dem Wasser. Vermutlich handelt es sich um Überreste von Umbaumaßnahmen.

Rätselhafte Steinquader

Rätsel gaben sonderbar gehauene Steinquader auf. Man mutmaßte, dass Bierfässer damit festgeklemmt worden sein könnten. Die „Kellerforscher“ gehen davon aus, dass es sich bei dem Wasser in den Gewölben um Regenwasser handelt. Denn aus dem oberen Keller führt ein Dränagerohr in den Schacht, der zu dem unteren Keller führt.

Florian Müller zwängte sich durch den Schacht, der vom oberen Keller in das untere Gewölbe führt. © Martin Bernhard

Wegen des hohen Wasserstands war es nicht möglich, mit dem Metalldetektor nach Gegenständen im Erdreich zu suchen. Um das nachzuholen, planen die Forscher schon die nächste Aktion. So will man in den nächsten Wochen das Wasser aus den Gewölben pumpen. Dann könnte man mit dem Metalldetektor im schlammigen Boden nach verborgenen Schätzen suchen.

Redaktion

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