Buchen unterirdisch, Folge 3

Buchens teuerste Anlagentechnik befindet sich unter der Erde

Ein Millionenvermögen der Stadt Buchen befindet sich unter der Erde: die Kanalisation mit Abwasserbehandlungsanlagen. Das Kanalnetz der Stadt ist 168 Kilometer lang.

Von 
Martin Bernhard
Lesedauer: 
Denis Schwind ist stellvertretender Leiter der Kläranlage in Buchen. © Martin Bernhard

Buchen. „Einmal bin ich in Abwasser getaucht“, gesteht Denis Schwind, Abwassermeister und stellvertretender Leiter der Kläranlage in Buchen. Das allerdings ist schon lange her. Während seiner Ausbildung zur Fachkraft für Abwassertechnik wollte er wissen, wie das ist. Natürlich trug er einen entsprechenden Schutzanzug.

Wie die mechanisch-biologische Kläranlage arbeitet

Dem Abwasser werden mit zwei Rechen die Feststoffe entnommen.

Anschließend werden ihm im sogenannten „Sandfang“ der Sand und im „Fettfang“ das Fett entzogen.

Im nächsten Schritt werden der Zulauf- und Rücklaufschlamm im Abwasser zusammengefasst.

Dann werden mithilfe von Bakterien die organischen Stoffe umgebaut, und zwar im Belebungsbecken mit Hilfe von sauerstoffliebenden Mikroorganismen, im Nachklärbecken unter Sauerstoffarmut.

Das nun geklärte Abwasser wird in die Morre abgeleitet.

Der Überschuss-Schlamm wird entwässert. Der so entstandene Filterkuchen verfügt über einen Brennwert, der mit dem von Braunkohle vergleichbar ist. Dieser wird thermisch entsorgt. mb

Äußerst selten muss Schwind eine blockierte Pumpe wieder in Gang setzen und dazu Gegenstände von Hand herausziehen. Er und seine Kollegen haben schon Füchse, ein Wildschwein, einen Fußball und einen Dackel aus der Kanalisation geholt. Im Rechen, der in der Kläranlage die Feststoffe aus dem Abwasser siebt, finden sich immer wieder tote Ratten.

Anlage wird am PC überwacht

Seinen Dienst verrichtet Denis Schwind in der Regel relativ unspektakulär überirdisch am Schreibtisch, am Computer, im Labor und am Telefon. Denn er überwacht die Anlagen elektronisch. Schaubilder auf dem PC-Bildschirm informieren ihn über den Zustand der Buchener Anlage und die wichtigsten Wasserwerte. Regelmäßig unternimmt Schwind Kontrollgänge in der Kläranlage. Außerdem überwacht er mit seinen Kollegen die städtischen Kläranlagen in Bödigheim, Eberstadt, Hettigenbeuern, Stürzenhardt, Waldhausen und Einbach. Die Buchener Abwasserspezialisten sind auch für die Anlage in Bofsheim zuständig. Zu seinen Aufgaben und denen seiner derzeit sechs Kollegen gehört es außerdem, den Rasen rund um die Kläranlagen zu mähen und die Außenanlagen zu pflegen.

Die städtischen Kläranlagen sind nur der von außen sichtbare Teil des Buchener Abwassersystems. Wie bei einem Eisberg befindet sich der weitaus größere Teil darunter, in diesem Fall unter der Erde. Nach den Worten des Technischen Dezernenten Hubert Kieser ist das Kanalnetz der Stadt 168 Kilometer lang. Der Durchmesser der Rohre reicht von 15 Zentimeter im Bereich der Hausanschlüsse bis zu 2,20 Meter.

Weil ein Schaden im Abwassersystem verheerende Folgen für die Umwelt haben kann, muss dieses regelmäßig überprüft werden. „Alle zehn Jahre müssen die Kanäle mit einer Kamera befahren werden“, sagt Kieser. Die Stadt beauftragt damit eine Fremdfirma. Diese teilt der Stadt mögliche Schäden mit.

Zur Reparatur muss allerdings kein Mensch in den Untergrund abtauchen. Fachdienstleiter Stefan Müller informiert über die „grabenlose Sanierung“ mithilfe eines Art Kunstharz-Strumpfes, auch „Inliner-Sanierung“ genannt. Dabei wird ein mit Reaktionsharz getränkter Polyesterschlauch mithilfe einer Inversionsanlage in den Kanal gestülpt und unter Druck an die Innenwand der alten Leitung gepresst. Dort härtet er unter Wärmezufuhr aus. So können kleinere Risse beseitigt werden. Bei größeren Schäden kommt man um ein Aufgraben der Kanalrohre nicht herum.

208 Liter pro Sekunde

Hubert Kieser weist auch auf die 24 städtischen unterirdischen Regenüberlaufbecken mit einem Gesamtvolumen von 15 800 Kubikmeter hin, was einem Fassungsvermögen von 15,8 Millionen Liter entspricht. Außerdem sind 28 sogenannte „Regenüberläufe“ Bestandteil des Buchener Abwassersystems. Becken und Überläufe sorgen dafür, dass bei Starkregenereignissen nicht zuviel Wasser in die Kläranlage fließt. Nach Angaben von Denis Schwind kann die Anlage im Buchener Mühltal höchstens 208 Liter pro Sekunde aufnehmen, das entspricht rund 750 000 Liter in der Stunde. Laufen die Regenüberlaufbecken über, gelangt das durch Regenwasser stark verdünnte Abwasser in die Gewässer.

Mehr zum Thema

Buchen unterirdisch

Buchen: Ein wahres Labyrinth an alten Gewölben

Veröffentlicht
Von
Martin Bernhard
Mehr erfahren
Buchen unterirdisch

In Gasthaus in Buchen: Fast vergessenes Gewölbe erforscht

Veröffentlicht
Von
Martin Bernhard
Mehr erfahren
Buchen unterirdisch

Eberstadt: Wie die Luft in der Tropfsteinhöhle bei Krankheiten hilft

Veröffentlicht
Von
Martin Bernhard
Mehr erfahren

Wie Kieser erläutert, wurden bisher in Buchen Regen- und Abwasser im selben Kanalisationssystem entsorgt. Neubaugebiete erschließt man mit dem umweltfreundlicheren Trennwassersystem. Regen- und Schmutzwasser werden dabei in getrennten Rohren abgeleitet. Dadurch erhöhen sich die Erschließungskosten für die Bauherren. Und wer bisher sein Schmutzwasser vom Treppenhausputzen im Dohl entsorgt hat, muss sich umgewöhnen. Denn durch diesen soll nur Regenwasser in die Gewässer entsorgt werden. Schmutzwasser sollte man dagegen in die Toilette oder in ein Waschbecken schütten.

„Die Abwasser- und Kläranlagentechnik ist die teuerste Anlagentechnik der Stadt Buchen“, sagt Stefan Müller. Hubert Kieser weist darauf hin, dass die Standards für die Abwasseraufbereitung und -entsorgung immer höher würden. „Abwasserbehandlung ist Umweltschutz“, betont der Technischer Dezernent. „Sie sorgt dafür, dass wir relativ saubere Gewässer haben wie den Neckar.“

Redaktion

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten