Bildung - Erfahrungen der Schulen zu Wissenslücken bei Kindern und Jugendlichen sind unterschiedlich / Verschiedene zusätzliche Angebote

Buchener Schulleiter über ihre Erfahrung mit Fernunterricht und Wissenslücken

Wie groß sind die Bildungslücken, die durch Corona und den Fernlernunterricht bei den Kindern und Jugendlichen an den Buchener Schulen entstehen? Die FN haben nachgefragt.

Von 
Maren Greß
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Der Fernlernunterricht fordert von den Schülern ein hohes Maß an Selbstdisziplin. Einige Kinder und Jugendliche können damit nicht umgehen. So entstehen Lerndefizite. Den Schulen liegt daran, diese so klein wie möglich zu halten. © dpa

Buchen. Präsenzunterricht ist nicht zu ersetzen – da sind sich sowohl die Schüler als auch Lehrer, Rektoren und Experten einig. Dennoch müssen die Kinder und Jugendliche im Neckar-Odenwald-Kreis aufgrund der Pandemie seit über einem Jahr immer wieder auf den persönlichen Weg in die Schule verzichten, stattdessen findet der Unterricht zuhause via Videokonferenz statt. Das erfordert von den Schülern ein hohes Maß an Selbstdisziplin, denn im Rücken sitzt eben kein Lehrer, der auch mal ein mahnendes Wort fallen lässt, wenn nicht aufgepasst und mitgemacht wird. Lerndefizite bleiben da wohl nicht aus.

Dafür hat die Bundesregierung kürzlich ein Bildungspaket beschlossen. Rund zwei Milliarden Euro will man in die Hand nehmen, um ein Aufholprogramm gegen Lerndefizite zu starten.

Das Bildungspaket der Bundesregierung

Der Bund plant laut Kabinettsbeschluss vom 5. Mai ein Aufholprogramm gegen Lerndefizite, rund zwei Milliarden Euro sollen dafür in die Hand genommen werden. Die Hälfte sei zum Ausgleich der Defizite geplant, beispielsweise sollen die Länder mit dem Geld Sommercamps oder Nachhilfe während des Schuljahres finanzieren. Für die Aufstockung verschiedener Programme, um die sozialen und psychischen Folgen für Kinder und Jugendliche abzufedern, ist eine weitere Milliarde geplant.

Einen „Freizeitbonus“ in Höhe von 100 Euro sollen überdies Kinder aus ärmeren Familien erhalten.

Kritiker finden das Milliardenprogramm des Bundes nicht ausreichend. Laut dem Deutschen Kinderhilfswerk stünden pro Kind nur etwa 150 Euro zu Verfügung. Das sei zu wenig. Auszubildende, Berufsanfänger und Studierende werden nicht berücksichtigt. Das bemängelt die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx. mg

Doch wie groß sind die Bildungslücken wirklich und was unternehmen die Schulen explizit dagegen? Die FN haben stellvertretend bei weiterführenden Schulen in Buchen nachgefragt.

„Etwa 20 Prozent“

„Ein Teil der Vollzeit-Schüler vor allem aus dem Übergangsbereich zwischen allgemeinbildender Schule und Berufsausbildung schafft es nicht, diszipliniert am Fernunterricht mittels Video-Online-Übertragung teilzunehmen. Von daher gibt es Lerndefizite“, wird Konrad Trabold, Schulleiter der ZGB sehr deutlich. Er schätzt die Bildungslücken auf „etwa 20 Prozent“ ein. Als spezifische Fächer nennt er beispielsweise Sport – ein Fach, das zur Zeit nicht unterrichtet werden kann. Ansonsten seien eher die Nebenfächer betroffen, die nicht für die Prüfungen relevant sind.

Schulleiterkollege Jochen Schwab vom Burghardt-Gymnasium ist hingegen nicht so konkret: „Bildungslücken können ganz unterschiedlich sein und werden oft auch individuell ganz unterschiedlich wahrgenommen. Die letzten Leistungserhebungen zeigen aber bereits, dass wir keinen allgemeinen Trend zu erheblichen Bildungslücken erkennen können.“ Das BGB habe über den gesamten Zeitraum „einen kontinuierlichen Schulalltag unter besonderen Herausforderungen“ sicherstellen können, so der Rektor.

„Fachliche Einschränkungen“ – wie Schwab es nennt – „gab es beim Sprechen in den Fremdsprachen, das sich in Videokonferenzen nicht so geschmeidig einbauen lässt wie im Präsenzunterricht. Einschränkungen gab es auch beim fachpraktischen Arbeiten (Biologie, Physik, Chemie Naturwissenschaften und Technik, Musik, Bildende Kunst und Sport), das im häuslichen Bereich nur ansatzweise zu kompensieren ist. Videos sind kein wirklicher Ersatz, um motorische Kompetenzen zu entwickeln und Inhalte im wahrsten Sinne des Wortes zu begreifen.“

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Bereits in den vergangenen Sommerferien haben einige Schulen sogenannte „Lernbrücken“ ins Programm genommen, um gerade den schwächeren Schülern zusätzliche Hilfen anzubieten. Im neuen Hilfspaket der Bundesregierung ist dafür auch wieder Geld vorgesehen.

An der Zentralgewerbeschule sind solche „Lernbrücken“ vermutlich nicht möglich. „Wir beschulen in sieben Berufsfeldern etwa 20 verschiedene Berufe sowie in sechs Schularten Lernende aus dem ganzen Neckar-Odenwald-Kreis und darüber hinaus. Somit erreichen wir nicht die erforderliche Mindestzahl an Interessenten für einigermaßen homogene Lerngruppen“, erklärt Konrad Trabold.

Individuelle, zusätzliche Lern- und Betreuungsangebote gibt es für die Schüler dennoch, wie der ZGB-Schulleiter anmerkt: „Speziell in Prüfungsklassen bieten Lehrkräfte zusätzliche Unterrichtsstunden für die Vorbereitung auf die Abschlussprüfungen an, beispielsweise in den Osterferien, am Brückentag, zusätzliche Nachmittagsstunden oder an Samstagen.“

Schuljahr ist aussagekräftig

Trotz der bestehenden Bildungslücken beantwortet Trabold die Frage, ob das Schuljahr 2020/21 überhaupt aussagekräftig ist, mit einem klaren „Ja“. „Für die notwendigen schriftlichen Leistungsfeststellungen haben wir Schüler in Präsenz an die Schulen geholt. Meistens haben wir zwei bis drei Klassenarbeiten am Tag schreiben lassen, damit sich die Anfahrt lohnt und sich der Organisationsaufwand für die Ausbildungsbetriebe in Grenzen hält“, so der Schulleiter abschließend.

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