Ukraine-Hilfe - "Wir sind als DRK oft die erste Anlaufstelle  / Aus Caritas-Laden soll DRK-Lebensmittelmarkt werden

Buchen: DRK-Kreisgeschäftsführer Steffen Horvath zieht Zwischenbilanz zu Ukraine-Hilfsangeboten

Rund 70 Geflüchteten aus der Ukraine hat der DRK-Kreisverband Buchen eine Unterkunft vermittelt, über 300 mit Kleidung versorgt. Kreisgeschäftsführer Steffen Horvath zieht im FN-Interview eine erste Bilanz.

Von 
Maren Greß
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Während Umbaumaßnahmen ist die Kleiderkammer des DRK Buchen vorübergehend in die Marktstraße umgezogen. Hier wurden schon rund 300 Geflüchtete aus der Ukraine mit Kleidung versorgt. © Maren Gress/DRK

Buchen.  Als sich nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine vor rund einem Monat die ersten Flüchtlinge auf den Weg nach Deutschland und auch in die Region gemacht haben, war der DRK-Kreisverband Buchen eine der ersten Organisationen, die Hilfsangebote aus der Bevölkerung koordiniert und vermittelt hat.

Seither ist viel passiert. Viele Ukrainer haben im Altkreis Buchen eine Unterkunft gefunden, wurden mit Kleidung und dem Nötigsten ausgestattet. Zum Teil besuchen ukrainische Kinder schon Schulen und Kindergärten.

Im FN-Interview zieht Steffen Horvath, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands Buchen, eine Zwischenbilanz über das, was das DRK und die Bevölkerung in den vergangenen Wochen geleistet haben.

Herr Horvath, wie schnell fiel Ihre Entscheidung, dass der DRK-Kreisverband Buchen helfen muss?

Steffen Horvath: Wir haben schon zum Jahreswechsel hin die Situation rund um die Ukraine und den Truppenaufmarsch der russischen Armee mit Sorge betrachtet. Als es dann immer klarer wurde, dass eine Eskalation kurz bevor stand, haben wir intern die Hilfsmaßnahmen schon durchgesprochen. Für uns ist es selbstverständlich, nach der Flüchtlingskrise 2015/16, Corona und der Flutkatastrophe natürlich wieder zu helfen und für Bedürftige da zu sein.

Sind Sie zufrieden mit dem, was das DRK bisher geleistet hat?

Horvath: Ich bin mehr als zufrieden, da wir uns ja immer noch in der Corona-Zeit befinden und trotz pandemiebedingter Ausfälle in der Geschäftsstelle sowie bei den ehrenamtlichen Helfern schnell und zielgerichtet aktiv werden konnten. Für die Helfer unserer Einsatzeinheit heißt es derzeit erst einmal warten. Aber wir sind auf die vermutlich kommende Lage, wenn Flüchtlinge in der eingerichteten Erstaufnahmeunterkunft in Adelsheim ankommen, gut vorbereitet. Unsere Helfer stehen auf Stand-by und können adhoc diese Erstaufnahmeunterkunft in Betrieb nehmen.

Mit welchen konkreten Angeboten hat das DRK geholfen?

Horvath: Durch unsere großen Erfahrungen im Bereich Hilfe-Hotline und Koordinierungsstelle konnten wir diese von Anfang an schnell wieder aktivieren. Ähnlich der Coronaunterstützung und Fluthilfe möchten viele Menschen, Vereine, Freundeskreise, Firmen direkt helfen. Wir können diese Hilfe koordinieren und an die richtigen Stellen bringen. Auch wenn das DRK keine direkten Lieferungen an die Grenze organisiert, haben wir dort mit gezielten Materialspenden unterstützt. Unsere Schwestergesellschaften in der Ukraine und Polen haben uns gebeten, keine unabgestimmten Transporte durchzuführen, da es keine Möglichkeiten an den Grenzen gibt, die Waren zu lagern, zu sortieren und zu verteilen. Wir konzentrieren uns auf gezielte Anfragen und kommen diesen nach, beispielsweise medizinisches Material für Einrichtungen vor Ort.

So kann man helfen

  • Der DRK-Kreisverband Buchen ist weiterhin auf die Unterstützung der Bevölkerung angewiesen. Auf der Homepage ukraine.drk-kv-buchen.de können alle Hilfsangebote abgegeben werden.
  • Derzeit werden laut Kreisgeschäftsführer Steffen Horvath neu gekaufte Hygieneartikel sowie Dinge zur Grundausstattung wie Mikrowelle oder Bügeleisen benötigt. Auch Kleiderspenden können weiterhin abgegeben werden.
  • Das DRK hat zudem ein Spendenkonto eingerichtet: DRK Kreisverband Buchen e.V., Sparkasse Neckartal-Odenwald, DE79 6745 0048 0004 3721 16, Stichwort „Ukraine“. mg

Daneben haben wir aus unseren Ortsvereinen zwei Helfer plus Transportfahrzeug aktiv gemeldet, welche über das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) für einen Zeitraum von zwei Wochen angefordert wurden. Es sollten direkt aus Krankenhäusern der Ukraine erkrankte und verletzte Menschen in sichere Anrainerstaaten transportiert werden. Dieser Auftrag wurde jedoch aufgrund der Gefährdungslage kurz vor Beginn wieder abgesagt.

Für Geflüchtete geben wir kostenfreie SIM-Karten von der Telekom aus. Gegen die Vorlage eines Ausweisdokuments können sie in unserer Geschäftsstelle abgeholt werden.

Ist die DRK-Kleiderkammer eine Unterstützung?

Horvath: Ja auf jeden Fall. Mithilfe des Ukraine-Help-Centers aus Hettingen haben wir einen Basar veranstaltet. Über 300 Personen konnten wir so schon direkt, unbürokratisch und natürlich kostenfrei mit Kleidung ausstatten. Zusätzlich haben wir den Caritas-Laden in Adelsheim nach dessen Schließung im Dezember übernommen und versuchen, ihn nun schnellstmöglich als DRK-Lebensmittelladen wieder zu eröffnen. In Buchen suchen wir hierfür noch eine passende Räumlichkeit. Mithilfe dieser Läden sollen Geflüchtete und alle anderen Bedürftigen wieder schnell zu kostengünstigen Lebensmitteln kommen.

Die Psychosoziale Notfallversorgung war auch schon aktiv, richtig?

Horvath: Ja, unsere Helfer haben bei der Ankunft einiger privater Transporte die initiale notfallseelsorgerische Betreuung übernommen. Unser hauptamtlicher Sozialdienst stellt sich ebenfalls auf die aktuelle Situation ein und bereitet die Migrations- und Eingliederungshilfen vor. Dafür haben wir eigens eine neue Stelle geschaffen, da wir von einer langen Einsatzzeit ausgehen.

Wie vielen Ukrainern haben Sie schon Unterkünfte vermitteln können?

Horvath: Da wir bei der Vermittlung der Unterkünfte sehr eng mit dem Landratsamt zusammenarbeiten, können wir die tatsächlichen Unterbringungen nicht genau festhalten. Wir finden die initiale und schnelle Unterbringung bei Familien, ohne Mietvertrag und behördliche Unterstützung, zwar menschlich richtig, sehen aber die Gefahr, dass nach kurzer Zeit Probleme unterschiedlichster Art auftreten können, beispielsweise können die Gäste nicht mehr mit finanziert werden, sind Kinder naturgemäß gegebenenfalls zu laut, wird der Platz doch für die eigene Familie benötigt, etc.

Wir mussten leider auch schon Familien wieder aus Wohnungen herausnehmen, da es mit den Gastgebern zu Problemen kam. Deshalb präferieren wir die Unterbringung, in durch das Landratsamt geprüften Unterkünften, die auch auf eine längerfristige Dauer ausgelegt sind und finanziert werden. In der Summe sind mindestens über 70 Personen „vermittelt“ worden.

Wie hat die Bevölkerung auf das Angebot reagiert, dass das DRK die Koordinierung der Hilfen übernimmt?

Horvath: Die Hilfsbereitschaft war wieder einmal überwältigend. Viele Menschen sind sehr dankbar, dass sie eine Anlaufstelle haben, die auch nach den „üblichen Zeiten“ und am Wochenende ansprechbar ist. Wir sind als DRK für viele Helfende und Bedürftige oft die erste Anlaufstelle. Nach unserem Einsatz in der Corona-Pandemie hat sich das noch mehr gezeigt.

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Vor allem die Sachspenden haben uns teils auch überfordert. Viele Menschen haben sich aber auch angeboten, bei der Koordinierung zu helfen, bei Behördengängen zu unterstützten oder zu übersetzen. Das zeigt mir, dass Menschlichkeit und Zusammenhalt bei uns funktionieren.

Wie viel „Manpower“ aus der Kreisgeschäftsstelle steht aktuell hinter dem Projekt „Ukraine-Hilfsangebote“?

Horvath: In der Kreisgeschäftsstelle kümmern sich mit mir noch drei weitere Mitarbeiter um die Aktionen. Die Koordinierung wird federführend vom dezentralen Koordinierungsteam rund um Ulrike Schneider vom Helferkreis Schweinberg gesteuert und sehr rührig und liebevoll geführt. Das sind in der Summe etwa weitere 20 ehrenamtliche Helfer. In unserer Einsatzeinheit stehen rund 40 Helfer für die Ankunft der Geflüchteten in Adelsheim bereit.

Werden derzeit noch Hilfe beziehungsweise konkrete Angebote aus der Bevölkerung benötigt?

Horvath: Definitiv, wir sind in unserer Region noch vergleichsweise gering ausgelastet. Wenn man die Flüchtlingszahlen in den Großstädten vergleicht und die noch zu erwartenden Flüchtlingszahlen sieht, werden wir noch deutlich mehr Geflüchtete aufnehmen und versorgen müssen.

Deshalb sehen wir uns als DRK immer noch „vor der Lage“ und bereiten uns auf einen „Ansturm“ vor. Auf der Homepage können alle Hilfsangebote abgegeben werden. Auch wenn diese vielleicht nicht heute gebraucht werden, dann bestimmt in einigen Wochen. Besonders wichtig sind aktuell neu gekaufte Hygieneartikel wie Zahnbürsten, Zahnpasta, Duschgel und Damenhygieneartikel sowie Bügeleisen, Mikrowellen, Kühlschränke, Wasserkocher und weitere Grundausstattung, um vor allem Lebensmittel lagern und zubereiten zu können.

Kleidungsspenden haben wir immer noch in ausreichender Zahl, nehmen diese aber auch weiterhin gerne an. Auch Geldspenden sind ebenfalls herzlich willkommen.

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