Geschichte - Otto Hofmann war 1942 an der Wannseekonferenz und damit am geplanten Massenmord an elf Millionen Juden beteiligt / Nach wenigen Jahren in Haft begnadigt

Wannseekonferenz: Kriegsverbrecher starb in Mergentheim

Otto Hofmann, Teilnehmer der Wannseekonferenz, bei der die „Endlösung der Judenfrage“ geplant wurde, starb 1982 in Bad Mergentheim. War er auch Bürger der Stadt?

Von 
Joachim W. Ilg
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Otto Hofmann (Zweiter von links) in einem Lager für Häftlinge in Polen um 1943. Das Bild entstand in der heutigen Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz in Berlin. © Wunderle

Bad Mergentheim. Anlässlich des 80. Jahrestages der Wannseekonferenz zeigte das ZDF vor kurzem den Film „Die Wannseekonferenz“. Das Drehbuch des Films basiert auf einem Protokoll der Sitzung, die am 20. Januar 1942 in Berlin stattfand, um den Völkermord an elf Millionen europäischen Juden zu planen.

Auf die Kurstadt gestoßen

Aufgrund des Films haben sich einige Zuschauer näher mit der Wannseekonferenz und ihren Teilnehmern befasst und sind dabei auf einen Namen im Zusammenhang mit Bad Mergentheim gestoßen: Otto Hofmann. Er gehörte zu den 15 Konferenz-Teilnehmern des Nazi-Sicherheitsapparates und der Ministerialbürokratie, die sich damals in einer Villa am Berliner Wannsee trafen und den geplanten, grauenvollen Massenmord als rein logistisches Problem behandelten.

Das Gebäude der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz in Berlin war von 1941 bis 1945 im Besitz einer nationalsozialistischen Stiftung und des Reichssicherheitshauptamtes (Polizeiverwaltung) und diente als Gästehaus. Am 20. Januar 1942 fand im Erdgeschoss die heute als Wannsee-Konferenz bezeichnete Besprechung über die „Endlösung der Judenfrage“ statt. © FREDERICK WUNDERLE

ZDF-Film

Otto Hofmann, 1896 in Innsbruck geboren, war 1923 in die NSDAP eingetreten. 1937 wurde er zum SS-Führer im Rasse- und Siedlungshauptamt, 1939 zum Chef des Sippenamtes und 1940 zum Chef des Rasse- und Siedlungshauptamtes befördert. Damit war er verantwortlich für die „Germanisierungspolitik“ in Polen und der Sowjetunion. Bei der Sitzung, bei der es vor allem um die Deportation und Tötung von Juden ging, trat Hofmann darüber hinaus mit der Forderung auf, „Mischlinge“ mit „jüdischem Blutanteil“ zu sterilisieren.

Bis zum Ende des nationalsozialistischen Regimes hatte Hofmann noch weitere Posten inne. So war er unter anderem Höherer SS- und Polizeiführer in Württemberg, Baden und im Elsass, sowie Kommandeur der Kriegsgefangenen in einem im Südosten des „Reichs“ gelegenen „Wehrkreis“.

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Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs geriet Hofmann in alliierte Gefangenschaft und wurde bei den Nürnberger Prozessen als einer der Hauptangeklagten im Prozess gegen das Rasse- und Siedlungshauptamt angeklagt. Im März 1948 wurde er zu 25 Jahren Haft verurteilt.

Verantwortlich

Ihm waren zahlreiche Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zur Last gelegt worden. Im Rahmen der „Germanisierungspolitik“, für die er nachweislich in führender Stellung verantwortlich war, wurden ausländische Kinder entführt. Zwangsabtreibungen wurden an Ostarbeiterinnen vorgenommen. Ausländer wurden für Geschlechtsverkehr mit Deutschen bestraft.

Ausländische Bevölkerungsgruppen wurden zwangsweise umgesiedelt. Angehörige von „Feindstaaten“ wurden zur Sklavenarbeit gezwungen.

Schon am 7. April 1954 wurde er begnadigt und aus dem Zuchthaus Landsberg entlassen. Danach war er als kaufmännischer Angestellter in Württemberg tätig.

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Am 31. Dezember 1982 starb Otto Hofmann in Bad Mergentheim. Wie Stadtarchivar Alexander Ploebsch dazu anhand der Sterbeurkunde, die sich im Standesamt befindet, mitteilt, wurde der Tod des „Rentners Otto Ludwig Karl Adam Hofmann, wohnhaft in Künzelsau, um 4.47 Uhr im Kreiskrankenhaus“ der Kurstadt festgestellt.

Der Verstorbene war laut Urkunde am 16. März 1896 in Innsbruck-Wilten (Österreich) geboren worden und ist damit eindeutig als jener Nationalsozialist identifiziert, der an der Wannseekonferenz mitgewirkt hat. Er war kein Bürger Bad Mergentheims, der als Kriegsverbrecher hier unbehelligt hat leben können, wie von manchen Zeitgenossen befürchtet wurde, sondern ein Bewohner der Stadt Künzelsau.

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