Bad Mergentheim. Der Umbau eines Schuppens zu einem zweigeschossigen Einfamilien-Wohnhaus mit Doppelgarage spielt in der Zeitungsberichterstattung normalerweise keine Rolle. In Markelsheim erregt aber genau so ein Vorhaben schon seit Monaten die Gemüter. Im Ortschaftsrat wurde heftig debattiert. Dann erteilte das Stadtbauamt eine Baugenehmigung und die kassierte jetzt das Regierungspräsidium. Grund genug, genauer auf die Vorgänge zu blicken, zumal sich auch der Oberbürgermeister Kritik ausgesetzt sieht.
Es geht um ein privates Bauvorhaben am Oberen Wall 24 am Ortsrand von Markelsheim. In der Sitzung des Gemeinderates Ende Juni sprach Günter Knopp in der Bürgerfragestunde das Projekt kritisch an (die FN berichteten). Die Baugenehmigung zu erteilen sei nicht rechtens gewesen, meinte Knopp, und ein Bebauungsplan nötig. Er habe das Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde der Stadt eingeschaltet und er werfe OB Glatthaar hier einen schweren Fehler vor.
OB verteidigte Vorgehen
Rathaus-Chef Udo Glatthaar antwortete in der Ratssitzung, dass es hier um eine Einzelfall-Entscheidung gegangen sei und er der Meinung sei, dass man alles richtig gemacht habe. Glatthaar verwies zudem auf Lockerungen im Baurecht, die die Grundlage für das Vorgehen der Verwaltung und des Stadtbauamtes seien.
Auf FN-Nachfrage teilte das Regierungspräsidium Stuttgart aktuell nun mit, dass das RP bei einer Prüfung des Falles zu dem Ergebnis gekommen sei, „dass bei den bereits begonnenen Bauarbeiten von der erteilten Baugenehmigung abgewichen wurde. Eine Fertigstellung des Vorhabens auf Grundlage der ursprünglich erteilten Baugenehmigung ist nicht mehr möglich“, so Andrea Panitz von der RP-Pressestelle in Stuttgart.
Aufgrund einer Fachaufsichtsbeschwerde gegen die Untere Baurechtsbehörde bei der Stadt Bad Mergentheim sei man aktiv geworden, erläuterte Panitz. Der Beschwerdeführer wandte sich „gegen eine erteilte Baugenehmigung für ein Bauvorhaben im Außenbereich von Markelsheim. Diese Genehmigung hätte nach Auffassung des Beschwerdeführers nicht erteilt werden dürfen.“
Klare Vorgaben
Folgende Konsequenzen sind laut RP jetzt zu ziehen: „Von Seiten des Bauherrn muss beim Baurechtsamt eine neue – dem aktuellen Sachstand angepasste – Baugenehmigung beantragt werden. Bis zu einer Entscheidung sind die Bauarbeiten einzustellen.“ Weiter heißt es aus Stuttgart: „Nach Eingang des neuen Bauantrags sind die Fachämter erneut zu beteiligen. Sodann ist von der Unteren Baurechtsbehörde zu prüfen, ob unter den nunmehr gegebenen Voraussetzungen eine Baugenehmigung erteilt werden kann.“
Keine Aussage kommt vom RP dazu, ob die Baugenehmigung grundsätzlich hätte verweigert werden müssen.
Für die Stadtverwaltung nimmt Pressesprecher Carsten Müller kurz und knapp zu den Entwicklungen Stellung: „Wir verweisen auf die öffentliche Auskunft des Regierungspräsidiums, wonach im Raum stehende Verstöße des Bauherrn gegen die erteilte Baugenehmigung zu prüfen sind. Dem werden wir nachkommen. Ebenso der Aufforderung, einen Baustopp zu verhängen. Die offenen Fragen werden inhaltlich mit der Bauherrschaft, den zu beteiligenden Dritten und dem RP abgestimmt. Selbstverständlich binden wir auch den Ortschaftsrat ein. Bis dies geschehen ist, können wir keine weiteren Sach-Angaben zum Thema machen“, so Carsten Müller.
Und wie wird das Ganze in Markelsheim bewertet, was sagt der neue Ortsvorsteher Andreas Lehr zu dem Projekt und dem verhängten Baustopp?
Ablehnung im Ortschaftsrat
Zum Hintergrund muss man wissen, dass der Ortschaftsrat vergangenes Jahr nur einmal zum Bauvorhaben angehört wurde und es ablehnte. Die Stadt erteilte später eine Baugenehmigung, nachdem kritische Punkte laut OB abgearbeitet waren. Der Ortschaftsrat fühlte sich übergangen, wollte er doch ein zweites Mal angehört werden – entsprechend gingen die Wogen hoch und OB Glatthaar eilte für ein „klärendes Gespräch“ in den Ortschaftsrat.
Ortsvorsteher Lehr sagte nun den FN: „Der Ortschaftsrat hat das erste Baugesuch mehrheitlich abgelehnt und wurde beim zweiten Baugesuch erst nach bereits erfolgter Erteilung der Baugenehmigung beteiligt. Die Prüfung der Übereinstimmung des Vorhabens mit der Baugenehmigung und die Baukontrolle, die Gegenstand der Feststellungen des Regierungspräsidiums sind, liegen in der Zuständigkeit und Verantwortung der Stadtverwaltung.“
Im weiteren Verfahren sei im Interesse aller Beteiligter und des örtlichen Miteinanders „strikt auf die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben zu achten“, so Lehr: „Insbesondere gilt dies für die Beteiligung des Ortschaftsrates nach den Regelungen der Gemeindeordnung und der Hauptsatzung. Ich erwarte daher ein rechtlich einwandfreies Verwaltungshandeln und eine ordnungsgemäße Beteiligung des Ortschaftsrates.“
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