Citygemeinschaft Bad Mergentheim - „Wie sollen wir das durchhalten?“ / „Wir stolpern von Welle zu Welle“ / „Die Kunden sind momentan sehr zurückhaltend“

Umsatzeinbrüche von über einem Drittel im Bad Mergentheimer Einzelhandel

Von 
Sascha Bickel
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Seit Dienstag gilt im Einzelhandel in Baden-Württemberg aufgrund eines Gerichtsurteils wieder 3G (Geimpft, Genesen oder Getestet) statt bislang 2G. © dpa

Bad Mergentheim. „Das dauert alles viel zu lange. Wie sollen wir das durchhalten?“ Die beiden Sätze sprechen Bände und stammen vom Vorsitzenden der Bad Mergentheimer Citygemeinschaft, Hans-Joachim Kuhn, beim Pressegespräch mit unserer Zeitung über die Corona- und Wirtschaftslage. Er und viele seiner Kollegen im Einzelhandel beklagen aktuell Umsatzeinbrüche von über einem Drittel im Vergleich zum Vor-Corona-Niveau und eine Kaufzurückhaltung bei den Kunden.

Frust wächst

Der Januar sei noch nie ein umsatzstarker Monat gewesen, doch überall wachse der Frust kontinuierlich, berichtet Kuhn zusammen mit Wolfgang Wunderle und Stefan Dietz und fügt an: „Wir brauchen Ruhe und Normalität – und Sicherheit für unsere Kunden, dass diese wieder ohne Gefahren bummeln gehen und einen Kaffee in der Stadt genießen können.“ Gerade mache das Einkaufen wenig Spaß, vor allem, wenn man bedenke, dass die Rahmenbedingungen für den Einzelhandel in der Corona-Pandemie sich in Baden-Württemberg bislang „doppelt negativ entwickelten, durch die verschärfte FFP2-Maskenpflicht in Innenräumen und das Festhalten an der 2G-Regel, während im nahen Bayern Letztere vor einigen Tagen gerichtlich komplett gekippt wurde. Dass nun im Ländle seit Dienstag wieder 3G gilt, weil der Verwaltungsgerichtshof einer Klage stattgab, wird vom Handel nur als Etappensieg, aber nicht als großer Durchbruch verbucht.

„Wir erwarten weiterhin die Unterstützung der Politik“, betont Kuhn und verlangt vor allem „einheitliche Regelungen in allen Bundesländern“, „die Unterschiede nerven und sorgen nur für Verdruss“. Kuhn ist auch völlig unverständlich, „dass wir immer noch von Corona-Welle zu Corona-Welle stolpern und es scheinbar bis heute keine klaren Konzepte im Land gibt“. Lob hat der Chef der Citygemeinschaft nur für die Stadt Bad Mergentheim übrig, die leider nur wenig Einfluss auf Landes- oder Bundespolitik habe, sie habe immer für ausreichend Schnelltestkapazitäten, zusammen auch mit den örtlichen Apotheken, gesorgt.

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Auf das familieneigene Modehaus Kuhn bezogen, spricht Kuhn ebenfalls von „enormen Einbußen“. Die Zeit der Unsicherheiten müsse ein Ende haben. Es brauche wieder Planungssicherheit. Auf Kurzarbeit greife man immer noch zurück, habe aber bislang aktiv keinen Personalabbau betrieben, so Kuhn weiter: „Wir hoffen, dass uns das auch künftig erspart bleibt.“

Apotheker Stefan Dietz erzählt, dass auch seiner Burg-Apotheke die „normale“ Kundenfrequenz in der Innenstadt fehlt. Die Zahl der Spontankäufe beim Bummeln durch die Stadt habe gerade auch in seinen Randsortimenten deutlich nachgelassen. „Die Leute sind zurückhaltend.“

Durch die Maskenpflicht sei zudem die Zahl der traditionellen Erkältungskrankheiten stark gesunken und so auch dieser Winter-Umsatz mit entsprechenden Arzneimitteln zurückgegangen, berichtet er. Das klassische Apotheken-Geschäft mit Medikamenten aller Art gehe dagegen normal weiter. „Was bei uns dafür an Arbeit und Umsatz dazugekommen ist, sind die Corona-Schnelltests. Wir bieten PCR-, Antikörper- und Antigentests“, so Dietz. Schlange müsse man in Bad Mergentheim wie anderswo in Deutschland aber nicht stehen, „wir haben genügend Anbieter in der Stadt“.

Dietz weiter: „Spitzenzeiten sind bei uns bei den Schnelltests zwischen 8 und 10 Uhr und nochmal zwischen 15.30 und 18 Uhr. An starken Tagen liegen wir bei rund 120 Tests, die wir durchführen.“ Derzeit nehme die Nachfrage nach PCR-Tests stark zu und die Labore seien überfordert. „Deshalb haben wir uns vor kurzem entschlossen“, so Dietz, „ein eigenes PCR-Gerät anzuschaffen. Die Investition liegt bei 15 000 Euro.“

Für das Traditionsgeschäft „Leder Pfahler“ bestätigt auch Wolfgang Wunderle die schon anfangs angeführten Umsatzrückgänge. Auch Wunderle beklagt die Ungleichbehandlung des Einzelhandels in den einzelnen Bundesländern und meint, dass er einen Beschwerdebrief an den Handelsverband geschickt habe. Als positiv in der Kurstadt hebt er noch die eingeführten Bändchen für die Kunden hervor, die es bislang ermöglichten nach einmaliger Kontrolle des 2G-Nachweises auch alle anderen teilnehmenden Ladengeschäfte ohne weitere Kontrolle zu besuchen. Wunderle abschließend: „Auch wir hoffen auf eine schnelle Besserung der Corona-Lage und eine Rückkehr zu normalen Zeiten beim Shopping.“

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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