Christopher Street Day in der Kurstadt

Bad Mergentheim: Zeichen für Vielfalt und Zusammenhalt gesetzt

Der zweite Christopher Street Day im Taubertal fand am vergangenen Samstag in Bad Mergentheim statt. 200 Teilnehmer waren dabei. Es gab auch Proteste.

Von 
Phillip Drost
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Die Teilnehmer des CSD setzten ein Zeichen für Vielfalt und Gleichberechtigung im ländlichen Raum. © Phillip Drost

Bad Mergentheim. Rund 200 Menschen haben am vergangenen Samstag in der Innenstadt von Bad Mergentheim am zweiten Christopher Street Day (CSD) im Taubertal teilgenommen. Ziel der Veranstaltung war es, ein Zeichen für Gleichberechtigung, Vielfalt und gegen Diskriminierung zu setzen. Die Kundgebung auf dem Deutschordenplatz wurde begleitet von Redebeiträgen, Musik und einem Demonstrationszug durch die Stadt. Am Rand der Veranstaltung fand zudem ein angemeldeter Gegenprotest der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Partei „Der III. Weg“ statt, an dem sich laut Polizei 23 Personen beteiligten.

Organisatorischer Hintergrund

Wie bereits im Vorfeld von den FN ausführlich berichtet, wurde der CSD von einer ehrenamtlich arbeitenden Gruppe organisiert. Laut Mitorganisatorin Verena Reichenberger will die Gruppe langfristig einen gemeinnützigen Verein gründen, um künftig auch kulturelle und bildungspolitische Projekte zu fördern. Unterstützt wurde die Veranstaltung durch den Landkreis Main-Tauber und weitere regionale Partner.

In der Ankündigung des CSD hieß es: „Der zweite CSD im Taubertal findet statt, um die Sichtbarkeit und Akzeptanz queerer Menschen in der Region weiter zu stärken und ein deutliches Zeichen für Vielfalt, Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung zu setzen.“

Gerd Bayer sprach bei seiner Rede über Akzeptanz, persönliche Erfahrungen und gesellschaftliche Verantwortung. © Phillip Drost

Gerd Bayer spricht über Sichtbarkeit und Selbstverständlichkeit

Ein Höhepunkt der Kundgebung war die Rede von Gerd Bayer. Der gelernte Koch, ehemalige Modefotograf und heutige Biolandwirt aus Niederstetten-Rüsselhausen ist politisch bei Bündnis 90/Die Grünen aktiv und kandidiert für den baden-württembergischen Landtag. In seiner Ansprache schlug Bayer persönliche Töne an und plädierte für gesellschaftliche Akzeptanz queerer Menschen – nicht nur Toleranz: „Es muss endlich für alle klar sein, dass wir ein uneingeschränkt gleichwertiger Teil der Gesellschaft sind!“

Bayer sprach offen über seinen eigenen Weg, sein Coming-Out und die Erfahrungen auf dem Land: „Ich bin schwul – offen, sichtbar, selbstverständlich. Ich habe gelernt, authentisch meinen Weg zu gehen – auch auf dem Land. Meine Großmutter hat auf mein Outing hingesagt: ‚Es tut mir leid, dass du dadurch immer wieder Probleme haben wirst.‘ Ich kann sagen, bis jetzt hatte sie unrecht!“

Er erinnerte daran, dass queere Jugendliche oft vor schwierigen Entscheidungen stehen und betonte, wie wichtig es sei, dass sie Unterstützung im Umfeld finden. „Es ist nachgewiesen, dass es nur eine Person im nahen Umfeld braucht, die den Jugendlichen mitteilt: ‚Du bist gut so, wie du bist‘, um sie vor Verzweiflung und Selbstaufgabe zu bewahren“, sagte er. Mit seiner Rede setzte Bayer ein deutliches Zeichen für Gleichstellung und forderte dazu auf, sich weiterhin aktiv für eine inklusive Gesellschaft einzusetzen.

Engagement aus der Buchhandlung Moritz und Lux

Ein Unterstützer des CSD war auch die örtliche Buchhandlung Moritz & Lux. Die traditionsreiche Buchhandlung in der Altstadt, geführt von Rosemarie Lux und Rainer Moritz, versteht sich nicht nur als Ort für Literatur, sondern auch als Raum für gesellschaftlichen Dialog. Bereits im Vorfeld hatten die Inhaber erklärt, dass sie Veranstaltungen wie den CSD für wichtig halten, um die Themen Vielfalt und Menschenrechte sichtbarer zu machen. Mit Buchempfehlungen zu queeren Themen und Gesprächen im Laden wollen sie zur Aufklärung beitragen.

Friedlicher Ablauf beider Versammlungen

Trotz Gegenprotest verlief die CSD-Veranstaltung laut Einsatzleitung der Polizei friedlich. Die Gruppen wurden räumlich durch einen Abstand von etwa 20 Metern getrennt. Auf Seiten des CSD kamen außerdem von den Teilnehmern mitgebrachte Banner zum Einsatz, die Sichtschutz bieten sollten. Die Gegendemonstranten hielten Schilder mit politischen Slogans hoch und verhielten sich überwiegend still. Auf der Seite der CSD-Teilnehmenden wurden mehrfach lautstark Parolen wie „Eure Kinder, werden mal wie wir!“ gerufen.

Der Demonstrationszug durch die Innenstadt wurde von zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmern begleitet. Die Polizei war mit mehreren Einsatzkräften vor Ort und sprach nach Veranstaltungsende von einem störungsfreien Verlauf.

Kurzzeitige Einschränkung der Pressearbeit

Der FN-Reporter wurde kurzzeitig an seiner Arbeit und beim Anfertigen von Fotos auf der CSD-Kundgebung gehindert. Zahlreiche Personen versammelten sich vor dem Fotografen und versuchten ihm, mit Hilfe von Regenbogen-Regenschirmen die Sicht und Bewegungsfreiheit zu nehmen. Die Polizei schlichtete und verwies darauf, dass es sich um eine öffentliche Veranstaltung handle. Die Veranstalter hatten zuvor Bedenken hinsichtlich ihrer Sicherheit geäußert und zuvor bereits einen als rechts vermuteten Teilnehmer vom Gelände verwiesen. Die Veranstalter erklärten auf FN-Nachfrage, man sehe durch den Gegenprotest ein erhöhtes Risiko für die Teilnehmer des CSD und wolle diese schützen.

Feier am Abend: Beim „Queer Dance“ im Jugendhaus "Marabu" klang der CSD in ausgelassener Atmosphäre mit Musik und Gesprächen aus. © Phillip Drost

Abendveranstaltung im Jugendhaus

Nach dem Demonstrationszug fand im Jugendhaus „Marabu“ eine Abendveranstaltung unter dem Titel „Queer-Dance“ statt. Dort sorgte Musik des DJane-Duos „she&i“ für ein buntes Rahmenprogramm. Der Abend wurde ausgelassen und bunt von vielen vor allem jungen Menschen gefeiert.

Resonanz und Ausblick

Die Veranstalter zeigten sich am Abend mit der Resonanz zufrieden. Auch in diesem Jahr habe sich eine Vielzahl von Menschen beteiligt. Wie es mit dem CSD im Taubertal weitergeht, ist derzeit noch offen. Die Organisatoren kündigten an, sich weiterhin für mehr Aufklärung und gesellschaftlichen Dialog in der Region einsetzen zu wollen. Die Polizei bewertete das Aufeinandertreffen beider Versammlungen als ruhig. Zwischenfälle wurden keine gemeldet. Sowohl die Versammlungsfreiheit als auch der Schutz der öffentlichen Ordnung seien gewahrt worden.

Gemeinsam zog man durch die Innenstadt. © Phillip Drost
Abgeschirmt und still: Der angemeldete Gegenprotest der rechtsextremen Kleinstpartei „Der III. Weg“ blieb laut Polizei ohne Zwischenfälle. © Phillip Drost

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