Bad Mergentheim. Immer wieder spricht James Blunt sein Publikum im bei „Live im Schloss“ direkt an. Beim Megahit „You’re Beautiful“ – erstveröffentlicht wurde der schon 2004 – lässt er die Zuhörer sogar lange Passagen komplett selbst singen. “You sing like angels!“, lobt Blunt und badet in einer entspannten und großartigen Stimmung.
Ein Dämpfer zu Konzertbeginn
Dabei hatte der Konzertabend am Freitag mit einem herben Dämpfer begonnen: Die deutsche Fußballelf fliegt auf den letzten Minuten der Verlängerung aus dem Turnier. Draußen, in den Cafés und Kneipen, und drinnen im Schlosshof an den Mobiltelefonen hatte man noch gebangt und gehofft. Konzertbeginn dann also mit einer Niederlage. Der Brite nimmt das durchaus wahr, sattelt dafür aber gefühlt noch eins drauf. Druckvoll spielt er nach vorne. Mehr Rockkonzert als melancholisches Liedermachen. Und das Konzept kommt an.
Er ist 50 Jahre alt, wirkt aber wie ein End-Zwanziger, wenn er sein „Best-of-Programm“ spielt; rund 140 Minuten sind es am Ende. Die Setliste reicht von „Beside You“ über „Carry you Home“ und „High“ bis eben „Beautiful“. Bei „Stay the Night“ hat sich das Publikum schon auf eine moderate Party eingerichtet und singt nonstop mit, doch über „OK“, „Monsters“, Bonfire Heart“ und „1973“ ist Blunt dann auch schon beim Zugabenteil angelangt. Viel zu kurz, denkt man, denn die Zeit vergeht wie im Flug – aber als John Denvers „Country Roads“ aus den Lautsprechern kommt, ist es eben vorbei.
Sänger James Blunt mit Band auf der Bühne
James Blunt mit Band; die Combo macht von Anfang an nicht lange rum: Klassisches Fünf-Personen-Rock-Setting mit durchsichtigem „Fender“-Sound samt einem wunderbar unaufdringlichen E-Gitarristen, der immer wieder mit kleinen Licks und Loops als fürs Blunt-Gefühl sorgt. Vorne der Sänger selbst an der Akustischen und über ihn läuft eigentlich alles. Fast schon niedliche Ansagen in sympathischem Halb-Deutsch-Englisch, dann Spurts von einem Bühneneck ins andere oder ein Sprung hinauf auf den Klavierdeckel, dass man die Luft anhalten muss. Oder: Stagediving mitten ins Publikum, wo sich James Blunt auf Händen durchreichen lässt. Es ist ganz offensichtlich: Die furiosen Momente des Auftritts machen dem Sänger Spaß und deshalb wirken auch die eher traurigen Songs fast fröhlich. Dennoch: Blunt steht für Gefühl – und das bedient er auch.
James Blunt nimmt die Zuhörer mit
Bei „Monsters“ etwa, jenem Lied, das die komplizierte Vater-Sohn-Beziehung zum Thema hat. Zwei erwachsene Männer müssen sich voneinander verabschieden; und dennoch existiert der Sohn-Faden, der Wunsch, dass der Vater stolz sein soll. Die „Monster“ vertreiben, sich kümmern und sorgen – ein großer, gefühlvoller Konzertmoment, den die Zuhörer auch mitspüren.
„Mit „1973“ wird man schließlich in die Nacht hinaus entlassen: Erinnerungen, Nostalgie, Sehnsucht und Verlust, und auch das Nicht-Loslassen-Können. Menschliches eben. Das macht James Blunt aus. Der Mann mit den traurigen Liedern und der Falsettstimme verstellt sich nicht und unterm Strich bereitet er seinen Fans ein tanzbareres Vergnügen samt Reggae-Einlage. Die Frauen sind im Publikum in der Überzahl, das, doch auch die Männer tanzen mit.
„Dark Thoughts“, das hat er für die verstorbene Schauspielerin Carrie Fisher („Star Wars“) geschrieben hat, mit der Blunt befreundet war; „Goodbye my Lover“ folgt gleich danach – das Ende einer großen Liebe. Es sind die Dellen des Lebens, die Blunt verarbeitet und die nimmt er mit einer gewissen Leichtigkeit und durchaus interessant und klug. Und er zeigt, dass er sich für sein Publikum verausgaben kann; die großen – tausendmal gespielten – Hits nicht scheut, sondern gemeinsam feiert. Viel Applaus zwischen den Szenen und hinterher – das Konzert war das Hingehen und Dabeisein mehr als wert.
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