Main-Tauber-Kreis/Crailsheim. Denis Kollai ist der Sprecher der Geschäftsleitung der Westfrankenbahn, die auf 371 Kilometern zwischen Aschaffenburg und Crailsheim, aber auch auf anderen Strecken unterwegs ist. Er bedauert im FN-Gespräch ausdrücklich die seit Monaten schlechte Betriebsqualität und verspricht, mit aller Kraft und der gesamten Mannschaft gegenzusteuern.
Viel Kritik muss und musste die Westfrankenbahn (WFB) zuletzt immer wieder einstecken. Von veralteter Technik ist genauso die Rede wie vom fehlenden Personal, ausgefallenen Zügen und Verspätungen. Besonders betroffen ist der Streckenabschnitt Bad Mergentheim-Crailsheim. An Wochenenden und Feiertagen gibt es gar keine Züge zwischen Schrozberg und Crailsheim, stattdessen einen Ersatzverkehr mit Bussen.
Das Land Baden-Württemberg, die Landkreise und die Kommunen erwarten aber einen zuverlässigen Verkehr auf Tauber- und Maintalbahn. So schnürte man nun kürzlich ein Maßnahmenpaket, zu dem Kollai im FN-Gespräch auch Stellung nimmt.
„Erheblicher Unmut“
Beim „Qualitätsgipfel in Tauberbischofsheim“ (wir berichteten) sagte der Amtschef des Verkehrsministeriums, Berthold Frieß: „Die bisherige Qualität der WFB ist nicht akzeptabel.“ Christoph Schauder, der Landrat des Main-Tauber-Kreises, erklärte: „Die Leistung der WFB war in den vergangenen Monaten schlecht, was zu erheblichem Unmut bei uns vor Ort geführt hat.“ Und der Schwäbisch Haller Landrat Gerhard Bauer meinte: „Die WFB muss das in den letzten Jahren verloren gegangene Vertrauen der Fahrgäste dringend zurückgewinnen. Damit die Verkehrswende gelingen kann, ist ein zuverlässiger Schienenverkehr unerlässlich.“
Denis Kollai von der WFB betont die enormen Bemühungen bezüglich der Personalbeschaffung in der Infrastruktur und im Verkehrsbereich sowie die Pläne für große Investitionen in den nächsten Jahren.
„Ich bin seit über sieben Jahren hier in Verantwortung“, sagt Kollai, „und hätte mir gewünscht, dass so eine Situation nicht eintrifft. Aber der Personalmangel trifft viele, auch die Bahn und eben auch die Westfrankenbahn“. Hinzu komme ein Investitionsstau, den es nun endlich aufzulösen gelte. Ausbaumaßnahmen im ländlichen Raum seien jahrzehntelang zu wenig gefördert worden, doch dies habe sich zum Glück geändert und nun komme vieles geballt: „In den nächsten Jahren haben wir Investitionen über 38 Millionen Euro vor der Brust“, so Kollai; vieles davon im Streckenabschnitt Bad Mergentheim-Crailsheim.
Einiges sei auch schon passiert, verweist Kollai nicht unzufrieden auf das Geleistete: 50 Millionen Euro seien allein in die Großmaßnahme „Tunnel Reicholzheim“ sowie die Kreuzungsbahnhöfe Weikersheim und Schrozberg geflossen, dazu wurden kleine Haltepunkte bereits erneuert: Laudenbach, Elpersheim, Igersheim, Edelfingen und auch tauberabwärts.
„Im bayerischen Teil des WFB-Gebietes sind schon über 90 Prozent barrierefreie Bahnsteige angelegt, und dieser Verpflichtung kommen wir jetzt auch im baden-württembergischen Teil nach“, hebt Kollai hervor und verweist stets auch auf die Bundes- und Landesunterstützung.
Bauarbeiten stehen an
Bauarbeiten stehen nun in Bad Mergentheim (zunächst aber nur an Gleis 1), in Markelsheim, Blaufelden und Rot am See an. Eine Bahnsprecherin ergänzt im Videogespräch mit Denis Kollai seine Aussagen und erklärt: „Die Tauberbahn profitiert die nächsten Jahre von vielen Maßnahmen. Wir bauen Bahnhöfe aus, errichten neue, moderne Stellwerke und Bahnübergänge. Es wird sehr viel gemacht, um die Bahnhöfe besser bedienen und die Fahrtzeiten optimieren zu können.“
Ein neues Fahrplankonzept soll in Absprache mit allen Beteiligten erarbeitet werden und langfristig für eine Erhöhung der Pünktlichkeit sorgen. Es gehe hier laut Kollai auch um die Verbesserung der Anschlusszuverlässigkeit zur Sicherstellung der Reiseketten (Lauda, Wertheim, Miltenberg, Crailsheim) und um mehr Pufferzeiten in den Fahrplänen zum Ausgleich von Verspätungen. Ziel sei die Bedienung aller Stationen im Stundentakt.
Doch soweit ist es längst noch nicht. Wie erwähnt, fallen aktuell noch an Wochenenden und Feiertagen die kompletten Züge zwischen Schrozberg und Crailsheim aus. Noch bis Ende Mai dienen hier Busse mit längeren Fahrtzeiten als Ersatz. „Es handelt sich hier um ein zwar schmerzhaftes, aber letztlich auch erfolgreiches Projekt“, sagt Denis Kollai, „denn diese Maßnahme hat zur Stabilisierung des Verkehrs auf der gesamten übrigen Bahnstrecke geführt“. Und Kollai ergänzt: Weitergehende Zugausfälle seien so vermieden worden. Dem großen Personalmangel („in Baden-Württemberg fehlen Bewerber“) begegne man mit neuen Stellwerken, die an das digitalisierte Hauptstellwerk Niederstetten angebunden würden, und mit einer Qualifizierungsoffensive. Die Ausbildung und der Einsatz von bis zu 18 neuen Triebfahrzeugführern in Kooperation mit DB Regio Baden-Württemberg sei im Gange. Frei werdendes Stellwerkspersonal werde man an anderen Standorten einbinden.
Alle Investitionen und Anstrengungen seien so ausgerichtet, sagt Kollai, dass die Strecke Aschaffenburg bis Crailsheim bis 2029 durchgehend digitalisiert ist.
Aktuell setzt die Westfrankenbahn pro Tag 211 Züge ein und befördert hiermit rund 14 000 Fahrgäste.
Mit den positiven Entwicklungen im Januar und Februar („mehr Pünktlichkeit und deutlich weniger Zugausfälle“) sei man auf einem guten Weg hin zu „zufriedenen Kunden und stolzen WFB-Mitarbeitern“.
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