Main-Tauber-Kreis/Bad Mergentheim. 34.400 – so viele Einsätze für den Rettungsdienst gab es im vergangenen Jahr im Main-Tauber-Kreis. Diese Zahl steht in einem umfangreichen Bericht, der die Qualität des Rettungsdienstes in Baden-Württemberg dokumentiert. Hier werden unterschiedlichen Kategorien Millionen Datensätze für das ganze Land ausgewertet und miteinander verglichen – darunter auch der Main-Tauber-Kreis.
So lassen sich interessante Erkenntnisse über das Rettungswesen landesweit gewinnen. Beispielsweise verursachen Patienten ab 60 Jahren mehr als die Hälfte aller Notarzteinsätze. Auch sind etwa vier von fünf Einsätzen auf Erkrankungen, der Rest auf Verletzungen zurückzuführen. Einem standardisierten Bewertungssystem zufolge lagen in circa zwei Drittel aller Einsätze potenziell lebensbedrohliche Zustände vor. Das Verhältnis zwischen Verletzungen und Erkrankungen hängt auch mit dem Alter zusammen: Während in der Altersgruppe von 11 bis 20 Jahren fast 40 Prozent der Einsätze auf Grund einer Verletzung zustande kommen, sind es bei den über 60-Jährigen nur etwa zehn Prozent.
Doch wie ist es nun im Main-Tauber-Kreis? Hierzu kann Matthias Hofmann so einige Erklärungen liefern. Er leitet die Integrierte Leitstelle (ILS) und ist mit dem für Laien nicht ganz einfach zu durchschauenden Zahlenwerk bestens vertraut. Er hat den Blick natürlich vor allem auf seinen Zuständigkeitsbereich, also den Main-Tauber-Kreis, gerichtet. „Wir sind mit der Prähospitalisierungszeit unter dem Landesschnitt“, erklärt er. Das bedeutet konkret: Im Main-Tauber-Kreis erreicht ein Patient das Krankenhaus schneller als anderswo im Land.
In der Region erreicht die Hälfte der Patienten in bis zu 50 Minuten und 28 Sekunden das Krankenhaus. Dieses als Prähospitalisierungszeit bekannte Maß ist ein wichtiger Indikator für die Beurteilung der Leistungen des Rettungsdienstes, denn bei vielen Krankheitsbildern ist eine zeitnahe Therapie im Krankenhaus unerlässlich. Eine schnelle Ankunft des Rettungswagens alleine wäre hier weniger aussagekräftig, sondern ist gewissermaßen höchstens die sprichwörtliche „halbe Miete“.
Laut Matthias Hofmann merkt man beim Blick in den Landkreis deutliche Unterschiede: Während ein Notfall aus Bad Mergentheim oder Tauberbischofsheim meist deutlich schneller das Krankenhaus erreicht, sieht es damit im Raum Wertheim deutlich schlechter aus. Die räumliche Nähe oder größere Distanz zur nächsten Klinik mache sich also deutlich bemerkbar.
Dennoch ist natürlich auch die Frist, innerhalb der ein Rettungsmittel (also beispielsweise ein Rettungswagen) den Patienten erreicht, eine wichtige Kenngröße. Und obwohl der Main-Tauber-Kreis als Flächenlandkreis durchaus größere Entfernungen aufweist, müssen sich die Retter der Region im Landesvergleich nicht verstecken. In circa sechs Minuten erreichen sie in 50 Prozent der Fälle den Patienten, 95 Prozent (oder auch: 19 von 20 Einsätzen) werden in unter 15 Minuten erreicht.
Gute Einschätzung der Fälle am Telefon
Nach dem Willen der Landesregierung soll diese Frist zukünftig in Richtung der 12-Minuten-Marke nach unten verschoben werden. Laut Hofmann werde dieses Ziel durch neue Erprobungsstandorte wie in Boxberg oder Weikersheim zwar besser erreichbar, für ihn ist aber auch klar: „Wenn man die zwölf Minuten zukünftig erreichen will, wird es mehr Standorte geben müssen“. Gut denkbar also, dass im Main-Tauber-Kreis zukünftig noch weitere Rettungswagenstandorte entstehen.
Worauf Hofmann stolz ist: Die Daten bescheinigen seinem Team in der Leitstelle eine gute Einschätzung der Einsätze über Telefon. So müssen die Rettungskräfte in der Region seltener als anderswo einen Notarzt nachfordern, weil beispielsweise die Lage vor Ort doch schlimmer ist als am Telefon eingestuft. Das kann wertvolle Minuten sparen und spricht gleichzeitig für einen besseren Einsatz der wertvollen Rettungsmittel.
Alte Nummer 19 222 bleibt wichtig – mit einer Änderung
Insgesamt lässt sich also festhalten: Der Rettungsdienst im Main-Tauber-Kreis bewältigt die speziellen Herausforderungen des Flächenlandkreises auch im Landesvergleich durchaus gut und erfolgreich. Das ist auch vor dem Hintergrund beachtlich, dass der Main-Tauber-Kreis einer der „älteren Landkreise“ ist, also einen höheren Anteil an älterer Bevölkerung aufweist als eher „junge“ Regionen wie Tübingen oder Heidelberg.
Damit die Retter ihrer wichtigen Arbeit auch in Zukunft bestmöglich nachgehen können, weisen Matthias Hofmann und sein Stellvertreter Sebastian Adler noch auf eine wichtige Änderung zum Jahreswechsel hin. Die „19 222“, früher die Nummer für den Rettungsdienst, ist zukünftig über das Festnetz nur noch mit entsprechender Vorwahl (für Bad Mergentheim) erreichbar. „Die Nummer bleibt weiterhin aktiv und ist auch wichtig“, erklärt Adler. Hier werden neben allgemeinen Anfragen auch nicht-akute Anliegen, wie etwa ein Krankentransport, bearbeitet.
Während die meisten Kommunen bereits seit geraumer Zeit die Vorwahl benötigen, waren einige Kommunen (darunter unter anderem Tauberbischofsheim, Wertheim und Lauda) noch vorwahlfrei und erreichten die 19 222 noch direkt. Im Zuge einer technischen Umstellung nun dieser Schritt. Die 19 222 bleibe jedoch erreichbar und solle für die entsprechenden Anliegen auch weiterhin gewählt werden, betonen Adler und Hofmann. Sie befürchten, dass hier zukünftig ebenfalls die Notrufnummer 112 gewählt werden könnte und so wichtige Kapazitäten für dringendere Fälle blockiert oder verzögert würden. Bei einem Aufkommen von mehreren zehntausend Anrufen pro Jahr in der Leitstelle des Main-Tauber-Kreises sollte das nicht passieren. Damit auch zukünftig jeder die Hilfe in der Zeit erhält, die notwendig und angemessen ist.
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