Jugendtechnikschule setzt auf „MINT – mitten im Leben“

Main-Tauber-Kreis: Freude und Faszination für MINT wecken

Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik zu fördern, ist das Ziel der Jugendtechnikschule. Im Mai rücken „Mathe-Kings und Mathe-Queens“ in den Fokus.

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Linda Hener
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Für ein Interview mit den Fränkischen Nachrichten standen Dr. Anna-Katharina Wittenstein (links) und Iris Lange-Schmalz gerne zur Verfügung. © Linda Hener

Main-Tauber-Kreis. Die MINT-Bereiche – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – zu fördern, das ist das Ziel der Jugendtechnikschule Main-Tauber sowie des MINT-Vereins Main-Tauber. Im Interview sprechen Dr. Anna-Katharina Wittenstein, Vorstandsmitglied des MINT-Region Main-Tauber e. V. und Vorstandsvorsitzende der Stiftung „Junge Kreative Köpfe“, und Iris Lange-Schmalz, Geschäftsstellenleiterin der Jugendtechnikschule (JTS) und Wettbewerbsleiterin der „Kreativen Köpfe“, über den bisherigen Aufbau eines MINT-Netzwerks in der Region und ihre künftigen Ziele.

Iris Lange-Schmalz, seit 2016 haben Sie die JTS mit passendem Angebot Schritt für Schritt erweitert. Wie werden die Kurse der JTS eigentlich festgelegt?

Iris Lange-Schmalz: Unser außerschulisches Angebot entsteht in enger Abstimmung mit zahlreichen Schulen der Region und orientiert sich am aktuellen Bildungsplan. Doch wir fragen uns auch: Welche Themen bewegen Kinder? Welche Rolle spielen sie in ihrem Alltag? Und was braucht die junge Generation, um ihre Zukunft erfolgreich zu gestalten? Deshalb stehen wir in engem Austausch mit unseren MINT-Vermittelnden und Unternehmen, um zu erkennen, welche Kurse und Workshops besonders begeistern, welche sich für eine Wiederholung oder Vertiefung eignen und wo neue Schwerpunkte frische Impulse setzen können.

Dr. Anna-Katharina Wittenstein: Wichtig bei unseren MINT-Vermittlerinnen und -Vermittlern ist uns in diesem Zuge, dass sie neben einer fachlichen Kompetenz und Know-how den Kindern und Jugendlichen auf Augenhöhe begegnen, ihnen neue Räume eröffnen, um sich frei ausprobieren zu können, und damit die MINT-Begeisterung weitertragen. Wenn Kinder und Jugendliche sehen, dass Personen, die ihnen MINT vorleben, selbst Freude und Faszination dafür empfinden, und es im Alltag einen greifbaren Nutzen hat, werden sie später eher einen MINT-Beruf in Erwägung ziehen.

Wie ist es Ihnen beiden gelungen, in den vergangenen Jahren ein regionales MINT-Netzwerk mit Schulen, Kommunen, Unternehmen und weiteren Unterstützerinnen und Unterstützern aufzubauen?

Lange-Schmalz: Der Jugend-Erfinderwettbewerb ‚Kreative Köpfe‘ bildete unser Fundament, über das wir erste wertvolle Kontakte knüpfen und Ansprechpartner gewinnen konnten. Dabei war uns wichtig, auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten – jeder konnte seine Ideen einbringen und mit seinem Engagement zum Erfolg beitragen. Wir haben dadurch gezeigt, dass wir partnerschaftlich agieren, also sich jeder mit seinen Ideen und seiner Zeit aktiv einbringen kann. So haben wir uns von Meilenstein zu Meilenstein vorgearbeitet und mit jeder Etappe gezeigt, was wir geleistet haben – wodurch wir wiederum neue Mitglieder für das Netzwerk gewinnen konnten.

Wittenstein: Unser Vorgehen war, mit Pilotregionen und individuell angepassten Angeboten zu starten und uns darauf aufbauend zu erweitern. Wir lernen im Kleinen – und wenden es im Großen an.

Ist es Ihr Ziel, das Konzept der JTS über den Main-Tauber-Kreis in anderen Landkreisen und Regionen zu etablieren?

Lange-Schmalz: Unsere Vorstellung ist es, uns offen auszutauschen – wie es beispielsweise in Balingen schon gelingt. Wir waren dort mit einer Delegation und haben unser Wissen zur Verfügung gestellt.

Wittenstein: Wir wollen anderen ein Beispiel geben, wie gemeinsames Engagement von Kommunen, Bildungseinrichtungen und Unternehmen im Bereich der außerschulischen MINT-Bildung funktionieren und verstetigt werden kann. Getan werden muss es von den Beteiligten vor Ort.

Sie hatten es erwähnt: Der Erfinderwettbewerb „Kreative Köpfe“ war eine Starthilfe für das MINT-Engagement in der Region. Gibt es Ansätze, die Akteure enger zu verknüpfen?

Wittenstein: Der 2023 gegründete MINT-Verein ist zunächst Träger der JTS und verfügt mit ihr über ein eigenes Bildungsangebot, was für solche Initiativen gar nicht so selbstverständlich ist. Daneben will der MINT-Verein aber eine Plattform der Vernetzung bieten. Er ist Partner für andere Initiativen und Kooperationen, um MINT in der Region zu stärken, soll aber gleichzeitig den Raum lassen, eigene Ideen zu entfalten. Wir sehen die MINT-Bildung im Main-Tauber-Kreis als ein großes buntes Mosaik, das aus vielen Teilen besteht, die JTS und Kreative Köpfe eingeschlossen. Dieses Mosaik sieht umso schöner aus, wenn jedes Feld besetzt ist. Dabei soll der MINT-Verein unterstützen: Wo sind weiße Flecken? Wo könnte der Verein oder einer seiner Partner einen weiteren Mosaikstein platzieren, damit wir alle im Hinblick auf unser gemeinsames Ziel vorankommen?

Lange-Schmalz: Dabei behalten wir gemeinsam mit den MINT-Vermittelnden im Blick, welche Jugendlichen bei den Projekten – etwa im Rahmen von ‚Kreative Köpfe‘ – besonderes Interesse oder Engagement zeigen. Durch diesen Austausch entstehen immer wieder neue Verbindungen: Ehemalige Teilnehmende bringen sich inzwischen selbst als MINT-Mentorinnen und -Mentoren in der Jugendtechnikschule ein, gestalten Workshops und geben ihre Begeisterung für Technik und Wissenschaft weiter. Auch mit der DHBW möchten wir künftig noch stärker zusammenarbeiten und Studierende in die Konzeption und Durchführung unserer Angebote einbinden.

Was sind die mittel- und langfristigen Ziele des Vereins, Frau Dr. Wittenstein?

Wittenstein: Unser langfristiger Wunsch ist es, dass alle Kinder und Jugendlichen des Landkreises während ihrer Kindergarten- und Schulzeit mehrfach mit einem unserer MINT-Angebote in Berührung kommen, sodass sie ihre Talente entdecken und entscheiden können, ob „MINT“ etwas für sie ist. Damit hoffen wir, dass sich im Landkreis überdurchschnittlich viele schließlich für eine Ausbildung oder ein Studium im MINT-Bereich entscheiden. Dazu müssen natürlich auch die finanziellen Mittel des Vereins mitwachsen. Wir haben 13.000 Schülerinnen und Schüler. Derzeit haben wir mit rund 3000 Kontakt.

Beim ersten Bronnbacher Diskurs Ende 2024 stand das Thema MINT im Mittelpunkt: Was haben Sie aus dieser Diskussion mitgenommen?

Wittenstein: Die Resonanz war sehr positiv. Alle Beteiligten sagen: „Ja, MINT-Fachkräfte- und -Expertenmangel ist ein Thema.“ Alle wollen dazu beitragen, dass dieser Mangel in der Region behoben wird. Der Bronnbacher Diskurs war um das Forschungsprojekt „dynaMINT“ herum angelegt, das sich damit beschäftigt, wie junge Menschen ihren (MINT-)Beruf wählen. Allein aus der Recherche konnten wir schon viele Impulse mitnehmen. Ein spannender Faktor der Berufswahl ist nach wie vor das Elternhaus und Menschen im Umfeld der Heranwachsenden, die ihnen Tätigkeiten vorleben. Damit sind wir mit der JTS auf dem richtigen Weg. Möglicherweise werden wir künftig Eltern-Kind-Kurse ins Programm aufnehmen.

Was würden Sie sich in Sachen MINT für die Region wünschen, was aber „nicht in Ihren Händen liegt“?

Wittenstein: Das betrifft eine gesellschaftliche Fragestellung: Wie blicken wir auf MINT-Berufe? Welches Bild haben wir von Menschen, die hinter diesen Berufen stecken? Welche Vorstellungen und Klischees, was zum Beispiel Geschlechter- und Altersgruppen angeht, sollten wir ändern? Und ein zweites Thema ist: Wenn man die Förderung von MINT auf Landesebene betrachtet, sollte man bei Programmausschreibungen die regionale Vielfalt Baden-Württembergs wahrnehmen, und diese zudem so gestalten, dass auch kleine Initiativen unbürokratisch Fördermittel nutzen können und Zugang zu Vernetzungsplattformen haben. Der dritte Punkt ist, dass auch in den Schulen lebensnaher MINT-Unterricht stattfinden sollte. Das Thema muss raus aus der Theorieecke und dahin, wo es hingehört: mitten ins Leben.

Lange-Schmalz: Mein Anliegen wäre, mehr Mut zum Machen zu zeigen. Ein Beispiel: In Schulen ist es heute oft nur noch eingeschränkt möglich, eine Weihnachtskerze anzuzünden. Doch wenn wir mit Kindern das Thema Feuer behandeln, reicht eine Bildpräsentation allein oft nicht aus, um echtes Verständnis zu vermitteln. Mein Wunsch ist daher, pragmatischer zu handeln: Nicht zuerst die möglichen Probleme sehen, sondern gemeinsam nach verantwortungsvollen Lösungen suchen, die praktisches Lernen weiterhin ermöglichen.

Den Monat Mai haben Sie zum Mathemonat erkoren: Was verbirgt sich dahinter?

Wittenstein: Mathe ist eine so wichtige Grundkompetenz, nicht nur für alle anderen MINT-Themengebiete, sondern für das tägliche Leben. Leider haben sich gerade in Mathematik die Leistungen der Schüler im Langzeitvergleich deutlich verschlechtert, wie zum Beispiel im Rahmen der PISA-Studien festzustellen ist. Oftmals wird der Mathematik-Unterricht als lebensfern empfunden.

Lange-Schmalz: Da im Mai die Mitmach-Ausstellung „Mathe-Kings und Mathe-Queens“ in Bad Mergentheim stattfindet, haben wir diesen Anlass genutzt, um verschiedene kreative Formate zu entwickeln, die Kindern und Jugendlichen Mathematik auf eine neue, erlebbare Weise näherbringen. Unsere Botschaft lautet: „Mathe kann richtig Spaß machen.“ Ein zentrales Ziel ist es, den Transfer zur Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen zu ermöglichen: Sie sollen erleben, wie Mathematik im Alltag vorkommt und wofür man sie tatsächlich braucht. Zwei besondere Formate machen das anschaulich: Zum einen unser Mathe-Escape-Room – hier sind Logik, Kreativität und Teamarbeit gefragt, was selbst Mathemuffel begeistert. Zum anderen laden zwei kreative Mathe-Rallyes durch die Innenstadt dazu ein, Mathematik spielerisch zu entdecken – eine für Kinder, eine für Jugendliche. Das vollständige Programm ist auf der Webseite der Jugendtechnikschule zu finden.

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