Main-Tauber-Kreis. Seit Bekanntwerden des ersten Entwurfs ist es wohl der Aufreger: Mit dem Gebäudeenergiegesetz soll das Heizen stärker mit erneuerbaren Energien gelingen. Mit dem Gesetz kamen in der Bevölkerung Ängste auf. Die FN sprachen mit Fachleuten.
Zum Gebäudeenergiegesetz (kurz GEG) hat wohl jeder eine Meinung, diese dürfte bei vielen auch eher wenig schmeichelhaft ausfallen. Wen also fragen, wenn man sich einen Überblick über das Gesetz und die Wärmewende, speziell im Main-Tauber-Kreis, informieren will?
Energieberater wie Thomas Faul oder Frank Künzig sind da eine gute Wahl. Faul berät seit 15 Jahren Privatpersonen im Auftrag der Verbraucherzentrale frei von wirtschaftlichen Interessen zu Energiethemen. Zwei bis drei Beratungen macht der Rentner wöchentlich. „Es macht Spaß, den Leuten zu helfen“, erklärt er seine Motivation. Auch Frank Künzig absolviert monatlich mehrere Termine.
Unzählige Heizungskeller hat der gelernte Heizungsbauer und -techniker Faul gesehen, sein Beratungsbereich erstreckt sich über Bad Mergentheim in einem Umkreis von 20 Kilometern hinaus, Frank Künzig deckt das mittlere Taubertal (Tauberbischofsheim, Lauda, Külsheim, Werbach, Großrinderfeld, Königheim) ab.
Seit das GEG in die öffentliche Debatte gerückt ist, erhalten sie deutlich mehr Anfragen für eine Beratung. „Das sind überwiegend Leute, die sich noch besser informieren wollen, weil in absehbarer Zeit ein Wechsel der Heizung ansteht“, erzählen die beiden.
Wie wird im Kreis denn so geheizt? „Von zehn Heizkellern, die ich sehe, werden fünf bis sechs mit Gas und zwei bis drei mit Öl betrieben, der Rest läuft über Alternativen“, schätzt Faul. Tatsächlich habe er in letzter Zeit „Schnellschüsse“, also das schnelle Austauschen der alten Öl- und Gasheizung aufgrund des GEG, beobachten können. Unklug nach Fauls Ansicht: „Aktuell gibt es schon einiges an staatlichen Förderungen und die kann sich sogar noch erhöhen. Wärmepumpen werden außerdem durch ein erhöhtes Angebot und bessere Verfügbarkeit noch deutlich günstiger werden“, prognostiziert der Energieberater optimistisch. Für ein normales Haus seien Wärmepumpenpreise bis maximal 35 000 Euro aus seiner Sicht akzeptabel, alles darüber müsse man hinterfragen. 35 Prozent des Preises seien zudem über staatliche Förderung abgedeckt.
Panikmache und Mehrkosten
„Ich würde gelassen abwarten, bis das Gesetz im September finalisiert ist. Die Panikmache, die man bislang bei diesem Gesetz beobachten konnte, ist unwürdig. Keiner wird sein Haus deswegen verkaufen müssen, die Perspektive ist gut“, so Faul. Auch von Kollege Künzig gibt es für das Gesetz keine guten Noten: „Das Durcheinander der Vergangenheit ist eine Zumutung der Politik an die Bürger. So entstehen Zweifel und Unsicherheit und in manchen Fällen auch Mehrkosten, denn nicht überall lässt sich eine Wärmepumpe wirtschaftlich betreiben“.
Dabei heizt der Wärmeberater aus der Kreisstadt selbst mit einer Wärmepumpe. „Ursprünglich war der Tausch meiner Ölheizung gegen eine Pelletheizung geplant, doch nachdem ich mich ausgiebig mit der Thematik beschäftigt hatte, war ich von der Wärmepumpe überzeugt und habe den Ölkessel vor drei Jahren ausgetauscht. Es war die richtige Entscheidung“.
Künzig kann die Schnellschüsse bezüglich eines Austauschs Öl gegen Öl oder Gas gegen Gas in bestimmten Fällen aber nachvollziehen: Bei Rentnern versteht er ein Zögern vor der deutlich größeren Investition in eine Wärmepumpe im Vergleich zu einem neuen Gasbrenner. Er ist auch pessimistischer bezüglich sozialer Härtefälle: „Ich sehe vereinzelt Härtefälle mit geringem Einkommen und alten Häusern. Die sind auch ohne finanzielle Herausforderungen für eine geplante Neuerung schon Härtefälle, mit dem Gesetz verschärft sich das wohl“. Ein Zwangsverkauf, wie manchmal als „Horrorszenario“ in die Debatte eingebracht, erscheint also auch im Kreis denkbar.
Was Hausbesitzer in jedem Fall tun sollten, ist sich schon jetzt zu informieren. Thomas Faul sieht bei seinen Beratungen öfter unrentable alte Ölheizungen, hier sei noch ungenutztes Sparpotenzial. Eine Beratung über die Energieagentur Main-Tauber-Kreis lohne sich immer, für einen Eigenanteil von nur 30 Euro erhalte man eine ausführliche Begutachtung des Hauses durch Experten und einen mehrseitigen Bericht, der mehrere Möglichkeiten zur zukünftigen Heizung aufzeigt.
Mehrheitlich Wärmepumpen
Wie wird in der Region zukünftig geheizt? „Von zehn Beratungen ergeben etwa acht eine Eignung für die Wärmepumpe. Für den Rest muss man alternative Lösungen suchen“, so Faul, auch sein Kollege sieht bei der Mehrheit seiner Beratungen eine Wärmepumpeneignung. Entscheidend sei letztlich das Alter des Hauses und die damit verbundene Dämmung. Denn wenn durch schlechte Dämmung die benötigte Vorlauftemperatur der Heizung über 55 Grad Celsius beträgt, würde das Heizen bei der überwiegend zum Einsatz kommenden Luftwärmepumpe bei niedrigen Außentemperaturen von einem Elektroheizstab übernommen und wäre aufgrund der hohen Strompreise eher unrentabel.
„Wenig kompliziert wird der Einbau einer Wärmepumpe in Häusern, die erst in den 80er- und 90er-Jahren gebaut wurden, bei älteren Häusern wird es schwierig“, so die Einschätzung von Heizungsbauer Faul. Doch auch hier gebe es Alternativen und bereits mit kleinen Sanierungsmaßnahmen lasse sich die Eignung für eine Wärmepumpe erhöhen. Künzig gibt Schwierigkeiten bei historischen Dorf- oder Stadtkernen wie dem in Tauberbischofsheim zu bedenken, hier sei eine Wärmepumpe in den allermeisten Fällen nicht wirtschaftlich und ein Hybridbetrieb teurer.
Für Städter gibt es noch eine Alternative: „Die Fernwärme ist eine sehr gute Alternative zur eigenen Heizung“, erklärt Faul. Gerade in Bad Mergentheim dürfen sich seiner Einschätzung nach viele Bewohner Hoffnung machen, an ein Fernwärmenetz angeschlossen zu werden. Dies sei sehr komfortabel und der für Bad Mergentheimer Fernwärme erzeugte Strom auch sauber hergestellt. Frank Künzig ist weniger optimistisch: „Die Planung und der Bau von Wärmenetzen in unvorbereiteten Quartieren ist ein längerer Prozess und hängt ganz entscheidend von der Verfügbarkeit von Planern und Handwerkern ab“. Eine realistische wirtschaftliche und zugleich nachhaltige Perspektive für klimaneutrales Heizen kann er bisher nicht erkennen.
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