Museen im Altkreis Mergentheim (Teil 4)

Hachtel: Ottmar Mergenthaler läutete neues Zeitalter ein

In unserer Serie über die Museen im Altkreis Mergentheim geht es heute um das Ottmar-Mergenthaler-Museum in Hachtel und das Heimatmuseum Igersheim.

Von 
Bernd Hellstern
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Für die Fränkischen Nachrichten gab es eine Sondervorführung auf der berühmten Linotype aus dem Jahre 1904 durch Museumsleiter Horst Wagner. © Hellstern

Hachtel/Igersheim. Die Redaktion blickt auch in diesem vierten Teil der Serie in die Museen im Altkreis Mergentheim. Ein Hingucker ist zum Beispiel das Ottmar-Mergenthaler- Museum im Bad Mergentheimer Stadtteil Hachtel, das nach dem Umbau – nach alten Plänen – 1954 eingeweiht wurde.

Zu sehen ist im Heimatmuseum Igersheim auch die komplette Werkstatt eines Schuhmachers. © Hellstern

Die darin untergebrachte Ausstellung dokumentiert das Leben und die Entwicklung der Satztechnik durch den genialen Erfinder Ottmar Mergenthaler. Denn was im Kopf des gebürtigen Hachtelers reifte, wurde zu einer Maschine realisiert, welche die ganze Welt eroberte.

Die neue Technik war nicht nur ein technischer Quantensprung für die Zeitungspresse, sondern für das gesamte Druckereiwesen. Den Grundstein dafür legte eben Ottmar Mergenthaler (1854 bis 1899), der gelernte Uhrmacher, der im Jahre 1872 in die USA auswanderte. 1886 konstruierte er dort die Linotype, die erste brauchbare Setzmaschine, mit der ganze Zeilen statt einzelner Buchstaben gegossen werden konnten. Damit hatte er das Problem der maschinellen Satzherstellung gelöst und läutete eine ganz neue Epoche ein.

Mit 18 Jahren in die USA

Den größten Teil seiner Kinder- und Jugendzeit verbrachte Ottmar Mergenthaler im Schwäbischen und dort vornehmlich in Ensingen. Die erneute Heirat seines Vaters, nach dem frühen Tod der Mutter, gaben dem weiteren Leben von Ottmar Mergenthaler entscheidende Impulse in Richtung USA. Und so landete im Oktober 1872 der 18-Jährige in Baltimore, mit 30 Dollar, einer silbernen Armbanduhr und einem Holzkoffer als Handgepäck.

Schnell hatte er sich privat als auch beruflich eingelebt, denn dort konnte er sein Talent voll entwickeln. Durch Vermittlung des Erfinders Charles T. More bekam er Pläne, nach welchen er eine Maschine konstruieren sollte, um mit Hilfe von Lithografentinte maschinengeschriebene Vorlagen aufs Papier zu bringen.

Nach anfänglichen organisatorischen Hindernissen hatte er es dann tatsächlich geschafft. 1885 präsentierte Mergenthaler das erste Modell der Zeilensetz- und Gießmaschine mit umlaufenden Einzelmatrizen, die dann auch in Serie ging. Nach Differenzen in der Firma machte er sich selbstständig und produzierte selbst. Im Jahre 1888 erkrankte Mergenthaler an einer Rippfellentzündung, stürzte sich aber dennoch mit ganzer Kraft bald wieder in die Arbeit.

1895 waren schon 2608 Linotype-Model-1-Maschinen an 385 Orten in den USA installiert.

60 Patente

Am 28. Oktober 1899 starb Ottmar Mergenthaler erst 45-jährig aufgrund seiner Tuberkuloseerkrankung in seinem Haus in Baltimore. Drei Tage später wurde er auf dem Loudon-Park-Friedhof in Baltimore bestattet. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits über 7000 Linotype-Setzmaschinen weltweit installiert, mehr als 60 Patente trugen den Namen von Ottmar Mergenthaler als Erfinder.

Seit 20 Jahren zeichnet Horst Wagner, der gelernte Schriftsetzer, für das Museum in Hachtel verantwortlich. Für das Museum ist es geradezu ein Glücksfall, dass Horst Wagner bis zur Pensionierung bei der Südwestpresse Ulm arbeitete und durch familiäre Umstände von der Donau an die Tauber umzog.

Führungen werden jeden ersten Sonntag im Monat von 13 bis 17 Uhr angeboten, Gruppen bei Voranmeldungen auch an Wochentagen. Voranmeldungen sind unter Telefon 07931 / 57-4815, unter E-Mail tourismus@bad-mergentheim.de oder direkt bei der Museumsleitung unter Telefon 07931 / 42575 möglich.

Sehenswertes in Igersheim

Ein weiteres sehenswertes Museum in der Region befindet sich in Igersheim. Klein aber fein – das trifft in etwa auf das Heimatmuseum zu, das im Kulturhaus neben der St. Michaels-Kirche untergebracht ist.

Eröffnet wurde es am 15. Oktober 2000 im Dachgeschoss des Kulturhauses, dem ehemaligen Haus Burger (Zehntscheune). In der Hauptsache Georg Jetzinger und Uli Dallmann, beides passionierte Heimatkundler, haben in jahrzehntelanger Kleinarbeit die im Museum ausgestellten und teils noch im alten Farrenstall befindlichen Kostbarkeiten zusammengetragen. Diese geben Zeugnis von der wechselvollen und reichen Geschichte der Gemeinde und deren Menschen.

Mehr Platz erwünscht

Bereits in der Phase der Vorbereitung zum 900-Jahr-Ortsjubiläum fand sich ein Freundeskreis engagierter Igersheimer Bürger zusammen, mit dem Ziel des jetzigen Heimatvereins, dem Aufbau des Heimatmuseums. Im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten waren der Vorsitzende Jascha Derr, der zweite Vorsitzende Uli Dallmann und der Ehrenvorsitzende Georg Jetzinger darin einig, dass die Räumlichkeiten des Museums viel zu klein sind, um die historischen Exponate so präsentierten zu können, wie sie es eigentlich verdienten. Man hofft, dass die Gemeinde sich entschließt, die der Gemeinde gehörende Zehntscheune für das Museum nutzbar zu machen, was eine enorme Aufwertung bedeuten würde.

Ganz besonders stolz ist man auf ein Schreiben des Französischen Generalmarschalls „Henry de Turenne“ im Original aus dem Jahre 1645 an den Bürgermeister von Mergentheim, in dem der Franzose vier Fuhren Wein (ca. 3000 Liter) für seine bei Herbsthausen lagernden Soldaten anforderte. In diesem Zusammenhang sei kurz erwähnt, dass Henry de Turenne am 5. Mai 1645 bei der berühmten Schlacht von Herbsthausen eine vernichtende Niederlage durch die kurfürstlich bayerische Armee hinnehmen musste.

Das Museum beherbergt noch ein zweites weltweit einzigartiges Unikat, mit dem von Heinrich Hein (Edelfingen) aus einem einzigen Lederteil hergestellten Skischuh. Der zweite Schuh befindet sich in Wien im dortigen Stadtmuseum. Neben zahlreichen anderen Utensilien präsentiert das Museum auch eine vollständige Schuhmacherwerkstatt, sowie die Uniform des letzten uniformierten Polizeidieners (Alois Büchold) der Gemeinde Igersheim aus den 1940er Jahren.

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Themen der zahlreichen Sonderausstellungen waren unter anderem das Bäckerhandwerk, die Geschichte der Radio- und Phonotechnik und von der Bohne zur Tasse, um nur einige wenige zu nennen.

Während der Osterfeiertage dreht sich in Kürze eine Sonderausstellung um den Kaffee und die dazu gehörenden Kaffeemühlen, im Juli heißt das Thema dann „Hexen“. Es werden überwiegend Hexenprozesse auf Burg Neuhaus aus Igersheim, Markelsheim und Bad Mergentheim thematisiert.

Neumitglieder sind im Heimatverein natürlich willkommen, so die drei Macher unisono. Georg Jetzinger (Telefon 07931 / 3617) und Uli Dallmann (Telefon 07931 / 41365) sind jedenfalls gerne bereit, über alle Themen der Vereinsarbeit Auskunft zu geben.

Das Museum ist von Ende März bis Ende September jeweils am zweiten und vierten Sonntag geöffnet.

Das schmucke Museum in Hachtel beherbergt die Erfindung von Ottmar Mergenthaler, welche die Kunst des Druckens weltweit revolutionierte. © Hellstern

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