Bad Mergentheim. Sechs Parteien sitzen am neuen Ratstisch in Bad Mergentheim. Die konstituierende Sitzung steht Ende Juli an. Doch hinter den Kulissen wird bereits eifrig über Posten und Gremiensitze verhandelt. Und es werden neue Allianzen gebildet. Für einen Paukenschlag sorgt der Wechsel von Inge Basel, der bisherigen SPD-Fraktionsvorsitzenden, in die FDP-Gruppe (Stadträte Artur Schmidt und Prof. Hans-Werner Springorum), die dadurch zur Fraktion aufsteigen – zum Ärger des SPD-Ortsvereins.
38 Stadträte sind neu gewählt. Die Kommunalwahl Anfang Juni brachte folgendes Ergebnis: 14 Stadträte stellt die CDU, jeweils sieben „Pro Bad Mergentheim“ und die Freien Wähler, fünf die Grünen, drei die SPD, zwei die FDP.
Inge Basel erklärt ihre Entscheidung zum Wechsel
Doch knapp fünf Wochen später sieht die Welt schon etwas anders aus: Inge Basel (75) bestätigt den FN auf Anfrage, dass sie die SPD-Fraktion „aus internen Gründen“ verlässt. Mehr will sie auch auf Nachfrage nicht zu den Gründen sagen.
Weiter erklärt sie: „Ich habe auch darüber nachgedacht, meinen Sitz im Stadtrat ganz aufzugeben, doch nach verschiedenen Gesprächen habe ich mich entschlossen, im Gremium zu bleiben, da ich mich meinen Wählern verpflichtet fühle.“ Sie sei der Überzeugung, dass die Stimmen vorrangig ihr als Person gegeben wurden und nicht der SPD, auf deren Liste sie kandidierte.
„Ich fühle mich den Bürgern Bad Mergentheims verpflichtet und habe für alle ein offenes Ohr, egal ob ich in der SPD-Fraktion oder eben künftig in einer neuen FDP-Fraktion tätig bin“, erklärt Basel den FN, die nach eigener Aussage „nie SPD-Mitglied war“ und in den vergangenen fünf Jahren dennoch die SPD-Fraktion anführte.
„Jetzt habe ich entschieden, mich der FDP-Gruppe mit Artur Schmidt und Prof. Hans-Werner Springorum anzuschließen – und zu dritt bilden wir eine neue Fraktion“, sagt Inge Basel selbstbewusst. Sie freue sich auf die künftige Zusammenarbeit. Kritik aus der SPD weist sie zurück, denn ihr Entschluss habe schließlich „triftige Gründe“.
Verfälschtes Wahlergebnis durch Wechsel?
Aufgebracht über die Entscheidung ist der SPD-Ortsverein. Dessen Vorsitzender Klaus Scholz nimmt gegenüber den FN Stellung: „Der angestrebte Wechsel führt zu einer gravierenden Verfälschung des Wählerwillens, denn eine Liste mit deutlich weniger Wählerstimmen erhielte dadurch mehr Mandate als eine Liste, die etwa doppelt so viele Stimmen erhalten hat. Zudem würden wir in unseren kommunalpolitischen Rechten erheblich beschnitten werden. Die Konstituierung und die finale Verteilung der Sitze in den Ausschüssen hat noch nicht stattgefunden. Das macht den Fall sehr kompliziert. Er wird derzeit auf Landesebene juristisch geprüft.“
„Aus heiterem Himmel“
Scholz betont weiter: „In der SPD-Fraktion hat es keine Missstimmungen gegeben. Alle Beschlüsse nach der Kommunalwahl erfolgten einstimmig mit der Stimme von Frau Basel. Der Vorgang hat uns daher wie aus heiterem Himmel getroffen und ist für unsere Wählerinnen und Wähler, den Ortsverein und unsere Kandidaten der Kommunalwahl ein tiefer und nicht nachvollziehbarer Schlag ins Kontor. Bedauerlicherweise leiden vor allem das Demokratieverständnis und die kommunalpolitischen Gremien unter dem geschilderten Vorgang. Es wäre im Sinne einer demokratischen Lösung, wenn Frau Basel den Weg frei machen würde für einen Vertreter der SPD und ihr Mandat zurückgeben würde“, so Klaus Scholz, der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Bad Mergentheim.
FDP-Stadtrat Prof. Dr. Hans-Werner Springorum begrüßt den Wechsel von Inge Basel und die Tatsache, dass man von einer Gruppe zur Fraktion aufgewertet werde. Wer den Vorsitz übernehme, sei noch nicht endgültig entschieden, „es könnte aber Artur Schmidt sein, weil er die meisten Stimmen bei der jüngsten Wahl für die FDP erhalten hat“.
Inge Basel sei laut Springorum „eine äußerst engagierte und liberale Stadträtin, die ein Herz für die kleinen Leute hat“ – „wir schätzen ihr Engagement im Gemeinderat sehr und aufgrund der vertraulichen Zusammenarbeit bislang war es gar keine Frage, Inge Basel mit offenen Armen und offenem Herzen auf der FDP-Seite zu empfangen“, so Springorum.
Am Donnerstagabend wollte Springorum im Verwaltungsausschuss die Zustimmungserklärung für den Übertritt von Inge Basel zur FDP-Fraktion an die Stadtverwaltung offiziell übergeben.
Stimmgemeinschaft?
Viel wird gerade hinter den Kulissen geredet, um die Strukturen im neuen Gemeinderat fest zu zurren und die Postenverteilung in Ausschüssen, Aufsichtsräten und Gremien zu klären. Von einer Stimmgemeinschaft „Pro Bad Mergentheim“, Freie Wähler und FDP-Fraktion ist dabei auch die Rede wie die FN erfuhren. Prof. Springorum (FDP) bestätigte, dass es Gespräche unter Führung von Jochen Flasbeck (Freie Wähler) und Graziano Parutto (Pro MGH) gegeben hat und man sich auf eine Zusammenarbeit verständigt habe. Zusammen mit Inge Basel komme man künftig auf 17 Stadträte, wenn die Reihen geschlossen seien und man stelle dann eine starke Stimme dar.
Graziano Parutto von „Pro Bad Mergentheim“ sagte den FN nur, dass seine neue Fraktion aktuell mit allen rede und man sondiere, was wo gemeinsam möglich sei. Die Sachpolitik solle im Vordergrund stehen.
Vom Fraktionschef der Freien Wähler, Jochen Flasbeck, war bis Donnerstagnachmittag keine Stellungnahme zu bekommen.
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