Bad Mergentheim. Viele Diskussionen, viele Pläne, viele Bauchschmerzen – so umschrieb Oberbürgermeister Udo Glatthaar die schwere Geburt eines Grundsatz-Baubeschlusses für den neuen Gänsmarkt in der Altstadt. Am Donnerstag gaben 27 Ratsmitglieder der Planungsvariante 2 des Fachbüros „Planstatt Senner“ den Segen. Drei SPD-Vertreter votierten dagegen, FDP-Mann Artur Schmidt enthielt sich.
Die Variante 2 trägt den Namen „Gute Stube“ und schlägt laut Ratsvorlage „einen lockeren Baumhain über den gesamten Gänsmarkt vor. Verschiedene Arten von klimaresilienten Gehölzen wie Schnurbaum, Feldahorn und Parrotie wachsen in großzügigen, mit Stauden und Gräsern bewachsene Grünflächen und sorgen so für ein angenehmes Kleinklima. Die Entwässerung des anfallenden Regens erfolgt in die offenen Baumscheiben und Grünflächen. So gelingt es, das Prinzip der ,Schwammstadt’ auf dem Gänsmarkt umzusetzen.
Das vorgeschlagene Fontänen- beziehungsweise Sprühnebelfeld ergibt zusammen mit dem Holzdeck, den Sitzskulpturen und Sitzbänken eine sehr angenehme Aufenthaltsatmosphäre (,gute Stube’). Die Baumhaine sind vorwiegend auf der wärmeren Südostseite angeordnet, die Solitärs im kühleren (da im Schatten der Gebäude liegenden) westlichen Platzbereich. Diese Komposition ermöglicht es, kleinere und mittelgroße Feste auf dem Platz abzuhalten und erhält ihm so seine Multifunktionalität. Als Belag wählt man einen großzügigen Stadtboden mit Muschelkalk. Eine Vorortbemusterung ist vorgesehen.
Die Straße setzt sich höhenmäßig nur minimal ab, damit keine Stolperkanten entstehen. Somit ist die Barrierefreiheit gewährleistet. Die Radfahrer können sich im mittleren Platzteil bewegen oder schieben ihr Rad entlang der Auslagen und Schaufenster der Geschäfte. In regelmäßigen Abständen werden Radstellplätze angeboten“, so die Ausführungen in der Ratsvorlage.
Andere Varianten ausgeschieden
Die hatte das Planungsbüro „Planstatt Senner“ aus Überlingen mit der Verwaltung ausgearbeitet und dies wurde auch von Johann Senner so in der Sitzung vorgestellt. Die Variante 1 mit dem Namen „Grüner Rahmen“ mit kleinkronigen Bäumen mit Unterpflanzung und offener Platzmitte sowie Platzraum in mehrere „Streifen“, die in Nord-Süd-Richtung verlaufen, wurde am Ende ebenso nicht gewählt, wie auch andere Varianten, die bereits in den Vorberatungen der Gremien ausgeschieden waren.
Einig waren sich alle im Rahmen der Beratung und anschließenden Beschlussfassung, dass der neue Gänsmarkt „viel können muss“: Er soll Aufenthaltsqualität schaffen, Veranstaltungen ermöglichen, Erlebnisraum sein, barrierefrei, die Mobilität von Radlern und Fußgängern gewährleisten, eine Grünzone sein, Klimaanpassung und Klimaresilienz verkörpern, den Anwohnern und auch den Gästen gefallen, eine gute Möblierung und Beleuchtung bieten, Rettungsgassen freihalten und das bislang ungeordnete Leitungsnetz im Untergrund neu sortiert vorhalten.
Erfreulich ist, dass die Stadt für den Umbau des Gänsmarktes die Förderzusage in Höhe von 1,5 Millionen der Städtebauförderung 2022 (Programm „Soziale Integration im Quartier“) bereits erhalten hat, so dass es 2023 mit den Bauarbeiten endlich losgehen soll.
Grundsatzentscheidung
Oberbürgermeister Udo Glatthaar verwies auf die wichtige Grundsatzentscheidung an diesem Abend und Johann Senner fragte die Stadträte, welche Atmosphäre sie künftig vor Ort haben wollten.
CDU-Fraktionschef Andreas Lehr sprach sich dafür aus, alle Installationen gut abzuwägen, um Beschwerden im Nachgang zu vermeiden. Sein Fraktionskollege Hariolf Scherer warb dafür, auch künftig noch Platz für die Bühne des Stadtfestes zu haben. Thomas Tuschhoff (Grüne) meinte, dass man die Holzapfelgasse zur Sackgasse machen und die Vorbeifahrt am Kiliansbrunnen ganz unterbinden sollte. Vom Ledermarkt dürfte es nur noch in die Nonnengasse weitergehen. Und die Bahnhofsstraße als wichtige Verbindung zum Bahnhof sollte ebenso gleich mit einem neuen Belag in die weiteren Umbaupläne mit einbezogen werden.
Wolfgang Herz (CDU) war sich nicht sicher, ob nicht doch die Durchfahrt vom Ledermarkt zur Härterichstraße über den Gänsmarkt wieder ermöglicht werden müsste.
SPD-Fraktionschefin Inge Basel kritisierte all die Ideen in Verbindung mit der Verkehrsführung als zu wenig ausgegoren, so dass ihre Fraktion heute nicht zustimmen könne.
Laub und Legionellen?
Alexander Hay (CDU) sorgte sich um Rutschgefahren durch gefallenes Laub und Legionellengefahren durch die „Sprühnebel-Attraktion“. Jochen Flasbeck (Freie Wähler) bat darum, die Anlieger-Gastronomie mit ihrem Sitzplatz-Bedarf nicht zu vergessen und raunte dann: „Der neue Platz muss wirklich viel können!“ Rainer Moritz (Grüne) war wichtig, dass nun bald etwas passiere, während Jeremias Träger (SPD) zu viele Gegensätzlichkeiten ausmachte: da die Fußgänger, dort die Radler, da die Gastronomie und spielende Kinder, dort Ruhe und Erholung, da Veranstaltungen, dort Bäume und Grünzonen.
Zügig soll es weitergehen
Den Beschluss fasste dann aber eine große Mehrheit des Gemeinderates gemeinsam und so sollen bald die Ausschreibungen erfolgen, damit der Umbau zügig beginnen kann.
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