Bad Mergentheim. Die FN-Gesundheitsserie „FitNess“ beschäftigt sich heute mit der Sauna und vielen Tipps und Tricks drumherum. Für ein Interview stand Andreas Schauer gerne bereit. Er ist nicht nur der Betreiber zahlreicher Thermen in Deutschland, darunter das „Solymar“ in Bad Mergentheim, sondern auch langjähriger Saunagänger und -experte.
Wie kamen Sie zum Saunieren? Wann haben Sie selbst damit angefangen?
Andreas Schauer: Ich kam durch den Schwimmsport zum Saunieren, da es in den Bädern meist auch Saunen gab. Nach dem Training war das ein sehr gutes und beliebtes Regenerationsprogramm. Und jetzt, mit 54, genieße ich das fast noch mehr als früher!
Was ist der Reiz beim Sauna-Gang? Was gefällt Ihnen am besten?
Schauer: Die Sauna ist für mich ein Sehnsuchtsort. Man findet dort Ruhe, trifft andere Menschen. Und ich glaube, dass das Gesellige immer mehr in den Vordergrund tritt. Darin liegt ja auch der Ursprung der Sauna, die sich im Laufe der Zeit in vielen Kulturen zu einem wichtigen sozialen Treffpunkt entwickelt hat.
Der Reiz? Ganz klar: die Erholung. Nach der Sauna fühlt man sich frisch und frei, wie von innen gereinigt. Übrigens hat Saunieren im Sommer den höchsten Erholungswert, wegen der Kreislaufregulierung. Ein vermeintlicher Widerspruch, aber probieren Sie‘s aus!
Die meisten Saunen sind zu heiß. Lieber bei moderaten Temperaturen starten und länger bleiben. Man kann die Temperatur ja selbst regulieren, indem man sich eine Stufe höher setzt. 80 Grad Celsius sollten es auf der oberen Bank schon sein.
Highlight ist der Aufguss, wenn das Hitzegefühl steigt, weil der Schweiß durch die hohe Luftfeuchtigkeit nicht mehr kondensieren kann und der Kühlungseffekt des Schwitzens fehlt. Ich selbst bin aber kein guter Hitzeindikator. Durch das jahrzehntelange Saunieren hat mein Körper eine Regulierungsfähigkeit wie ein Stahlkocher: 120 Grad Celsius in einer russischen Banja – für mich kein Problem.
Müssen es immer 90 Grad sein?
Schauer: Nein, wie gesagt, es sollte nicht extrem heiß sein, das gilt vor allem für Saunaanfänger. Man muss sich erst langsam an die eigene optimale Temperatur herantasten. Ist es am Anfang zu heiß, entwickelt der Körper eine Gegenreaktion – eine Überreaktion. Der Körper fängt trotz Hitze an zu frieren, der Kreislaufkollaps droht, und das Immunsystem wird nicht gestärkt, sondern geschwächt. Und das ist für Saunaeinsteiger dann oft das Aus der Saunakarriere.
Können Sie einem Laien mit wenigen Sätzen das Thema „Sauna“ erklären? Was ist Ziel und Zweck?
Schauer: In wenigen Sätzen? Das wird scheitern, aber ich versuch’s. „Sauna“ kommt aus dem Urfinnischen und bedeutet „Schwitzstube“. Das Wort Sauna wird übrigens weltweit verwendet. Zum Saunieren braucht‘s also kein Wörterbuch.
Das Bedürfnis der Menschen nach Wärme und Wohlfühlen gibt es schon seit Tausenden von Jahren. Weltweit haben sich unabhängig voneinander unterschiedliche Schwitzkulturen entwickelt. Man kennt die Hamams, die römischen Thermen, die japanischen Onsenbäder, die Schwitzkulturen der nordamerikanischen indigenen Völker. Aber auch in Mittel- und Südamerika und in Indonesien gab traditionelle Baderituale – schöne wie auf Bali, wo die Bräute vor der Hochzeit eine dreiwöchige Wellnesszeremonie bekamen – und weniger schöne wie bei den Inkas: Vor der Hinrichtung, vorwiegend durch Köpfen, gab es noch eine Dampfbadzeremonie, wahrscheinlich, um gut gereinigt und duftend im Jenseits anzukommen (lacht).
Ziel und Zweck der Sauna haben sich im Laufe der Jahrtausende gewandelt. Bei den nordischen Völkern diente die Sauna vor allem der Reinigung von Körper und Kleidung und dem Aufwärmen, weil es der einzige beheizte Ort war. Rituelle Waschungen spielten auch eine Rolle.
Heute steht vor allem das Freizeit- und Erlebnisvergnügen im Vordergrund. Aber der gesundheitsfördernde Effekt sollte nicht vergessen werden! Sauna stärkt das Immunsystem und trainiert die Gefäße.
Ganz wichtig: Sauna ist kein Sport, auch wenn die Verbreitung der Schwitzstube, wie wir sie heute in Deutschland kennen, von den Olympischen Spielen 1936 in Berlin ausging. Die Finnen hatten in der Nähe des Wannsees eine Sauna bauen lassen. Der Erfolg der finnischen Läufer wurde auch der Sauna zugeschrieben.
Welche Ratschläge geben Sie als Experte zum Saunieren? Was ist alles zu beachten? Was ist am Wichtigsten?
Schauer: Also jetzt doch eine Bedienungsanleitung. . . Vor der Sauna gilt: nur leicht verdauliche, kohlenhydratreiche Kost wie Pasta und Salate. Tierische Fette meiden. Der erste Gang führt unter die Dusche, nicht nur aus hygienischen Gründen, sondern auch um die oberflächennahen Gefäße zu aktivieren. Bei kalten Füßen noch ein knöcheltiefes heißes Fußbad nehmen, um den Wärmehaushalt zu regulieren.
Dampfbad oder Sauna zuerst? Hier gilt: vom Feuchten ins Trockene. Lieber mit einer nicht so heißen Sauna starten, und zwar auf der mittleren Bank. Wenn man sich wohlfühlt, kann man sich hinlegen. Das entlastet den Kreislauf, weil das Blut nur noch horizontal transportiert werden muss. Außerdem kommt so überall im Körper gleich viel Wärme an. Ist einem die Temperatur zu niedrig, setzt man sich einfach eine Bank höher. Ganz wichtig: Vor dem Aufstehen erst hinsetzen, um Körper und Kreislauf an die aufrechte Lage zu gewöhnen.
Das Wichtigste beginnt nach dem Saunagang: die Abkühlung! Am besten zuerst an die frische Luft gehen. Tiefes Einatmen kühlt den Körper sanft von innen sanft ab. Die Oberfläche unserer Lungen gleicht einer 3-Zimmer-Wohnung, da steht also viel Raum zur Abkühlung zur Verfügung. Eine Runde im Storchengang aktiviert die Beinmuskeln, das Blut wird von den Venen zurück zum Herzen gepumpt.
Wer möchte, kühlt sich mit einem Kneippschlauch ab, am besten von den Extremitäten zum Körper hin. Erst ganz zum Schluss geht’s unter die kalte Dusche. Übrigens: Das Tauchbecken ist eher für Saunaprofis geeignet, denn durch den starken Temperaturwechsel kommt es zu Blutdruckspitzen, das verträgt nicht jeder. Nach der Abkühlung, die wiederholt werden kann, heißt es ruhen. Und in der Pause viel trinken!
Wie viele Sauna-Gänge sollte man an einem Tag maximal machen – wie lange Pausen dazwischen?
Schauer: In Deutschland hätten wir am liebsten eine Bedienungsanleitung für die Sauna (schmunzelt). Wenn ich in meinen Schulungen danach gefragt werde, nenne ich immer die folgende Formel: diastolischer Blutdruckwert geteilt durch das Alter multipliziert mit der Anzahl der Tage seit dem letzten Vollmond. Der Wert ist die ideale Saunazeit für jeden. Das ist natürlich Quatsch! Sie glauben aber nicht, wie viele wirklich anfangen zu rechnen.
Zu Ihrer Frage: Machen Sie so viele Saunagänge, wie Ihnen guttun. Es geht beim Saunieren auch darum, wieder ein Körpergefühl zu entwickeln. Wir sind ja heute fast ständig in klimatisierten und künstlich belüfteten Räumen und können uns kaum noch auf verschiedene Temperaturen einstellen.
Man sollte für die Sauna mindestens vier Stunden einplanen. Ein Saunagang dauert etwa anderthalb Stunden und kann zwei- bis dreimal wiederholt werden. Zwischendurch eine Stunde ruhen. In die Sauna kann man ruhig zwei-, dreimal pro Woche, wenn man es gewohnt ist, auch jeden Tag.
Ist das Reden in der Sauna gänzlich verpönt? Welche Etikette gilt noch? Was geht gar nicht?
Schauer: In der Sauna schweigen – das ist die „deutsche“ Form des Saunierens. In Finnland, dem „Sauna-Ursprungsland“, ist die Sauna ein geselliger Ort. Man geht hin, um Menschen zu treffen und sich zu unterhalten. Man trinkt Bier, in manchen wird sogar gegrillt! Es werden zotige Witze gerissen und der neueste Klatsch und Tratsch ausgetauscht. Auf dem Land wurden in der Sauna früher sogar die Kinder geboren, weil es der reinste Raum war. Wahrscheinlich sind die richtigen finnischen Kinder in der Sauna entstanden. Ich muss wohl noch eine finnische Sauna bauen oder am besten eine finnisch-fränkische Weinstubensauna! Was allerdings weder in Finnland noch in Deutschland geht: glotzen. Solche Gäste fliegen bei uns in der „Solymar“-Therme auch raus!
Wo kann man gut saunieren? Welche außergewöhnlichen Plätze haben Sie bereits ausprobiert?
Schauer: Am besten kann man natürlich in einer unserer neun Anlagen saunieren, zum Beispiel in der „Solymar“-Therme. Ich selbst habe schon fast alles ausprobiert, die nordamerikanische Tipi-Sauna, mit tagelangen Zeremonien, Hamams in Nordafrika und im arabischen Raum, und auch die balinesischen Schwitzkulturen habe ich kennengelernt. Das beste Erlebnis hatte ich in einer russischen Banja. Eingehüllt im schwarzen Rauch eines holzbefeuerten Raums, ohne Kamin, dazu die Behandlung mit Birkenzweigen – das war einmalig!
Die allerbeste Sauna steht allerdings in meinem Garten. Die kommt auch nicht aus einem exotischen Land, sondern aus dem Baumarkt. Eine Kerze sorgt für Beleuchtung, und im Vorraum steht eine Flasche Bier für die Pause bereit, fast finnisch also. Wobei, ich bin gerne alleine dort, am liebsten Sonntagabend als Gegenprogramm zum Tatort.
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