Am Kurpark in Bad Mergentheim

Bad Mergentheim: Parkhotel jetzt als Kulturdenkmal eingestuft

Nach dem Aus für das MediSpa-Hotelprojekt äußert sich auch das Landesamt für Denkmalpflege und wehrt sich gegen Vorwürfe. Man verstehe sich als „Möglichermacher“.

Von 
Sascha Bickel
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Das Parkhotel in Bad Mergentheim zählt jetzt zu den Kulturdenkmalen. © Sascha Bickel

Bad Mergentheim/Stuttgart. Das Aus des MediSpa-Hotelprojekts in der Kurstadt sorgt für großes Bedauern. Der abgesprungene Investor Wolfgang Maier nannte im FN-Gespräch zu viel Bürokratie und den Denkmalschutz beim Parkhotel als Gründe für seinen Ausstieg. Nun antwortet das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart auf die FN-Fragen dazu. Das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) ist eine Abteilung im RP.

„Das Parkhotel in Bad Mergentheim ist seit kurzem Kulturdenkmal gemäß Paragraf 2 Denkmalschutzgesetz Baden-Württemberg. Kulturdenkmale im Sinne des Denkmalschutzgesetzes sind Sachen, Sachgesamtheiten und Teile von Sachen, an deren Erhaltung aus wissenschaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht“, erklärt RP-Sprecherin Stefanie Paprotka.

Weiter heißt es aus dem RP: „Auflagen gab es bislang keine, da bisher überhaupt keine Gespräche zwischen dem Investor und dem LAD im Regierungspräsidium aufgenommen wurden. Das LAD hatte einen zeitnahen Ortstermin mit dem Investor angeboten, um das weitere Vorgehen und etwaige Fragen zu klären. Dabei hatte das LAD auch ausdrücklich betont, den Investitionsprozess konstruktiv und wohlwollend begleiten zu wollen, um dem Hotel eine sinnvolle und sinnstiftende Zukunft als historischem ’Ankerpunkt’ einer modernen Hotelanlage geben zu können, gleichzeitig aber auch die Pläne zu ermöglichen.“

Das RP weist drauf hin: „Der Eigentümer/Investor hat gemäß dem Denkmalschutzgesetz eine Erhaltungspflicht; im Parkhotel gibt es allerdings viele Bereiche, die um-/ neugestaltet werden könnten, wie das LAD gegenüber der Kurverwaltung mehrfach geäußert hatte. Die Befürchtung und die Vorwürfe zu etwaigen Auflagen/Vorgaben des Denkmalschutzes sind aus unserer Sicht somit nicht nachvollziehbar.“

RP-Sprecherin Paprotka betont zu den Aussagen des Investors: „Es stimmt nicht, dass es zehn Monate lang keine Informationen vom LAD gab. Der Kurdirektor von Bad Mergentheim wurde regelmäßig über den Fortgang der Prüfung unterrichtet. Es gab außerdem einen Ortstermin im Juli und ein Angebot an die Kurverwaltung, dass das LAD für einen Vor-Ort-Termin mit dem Investor zur Verfügung stehe, um die weitere Vorgehensweise zu besprechen und etwaige Fragen zu klären. Leider wurde auf dieses Angebot nicht eingegangen.“

Seitens des LAD, so die RP-Sprecherin, wurde „mehrfach ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das LAD den Prozess konstruktiv begleiten wird und Pläne des Investors ermöglichen möchte – es wurde unter anderem die Realisierbarkeit von sehr großen Teilen des Projekts gesehen und dies auch dem Eigentümer des Hotels (Kurverwaltung) mitgeteilt.“

Zudem erklärt Paprotka: „Was den Vorwurf angeht, dass in den ’Amtsstuben’ die Vergangenheit wichtiger erscheint als die Zukunft, möchten wir mitteilen, dass wir in der Denkmalpflege immer versuchen, eine begründet bewahrenswerte Bausubstanz sinnstiftend in die Zukunft zu führen und damit Vergangenheit und Zukunft nicht als ’entweder oder’ sondern als ’sowohl als auch’ zu begreifen und zu begleiten. Dies passt auch zur gesellschaftlichen Entwicklung ’Bestand erhalten ist das neue Bauen’ und sollte aus unserer Sicht selbstverständlich sein.

Das LAD bedauert sehr, dass sich der Investor ohne jegliches Gespräch mit dem LAD negativ hinsichtlich des Denkmalschutzes geäußert und aus dem Prozess zurückgezogen hat.“

Nach Auskunft des RP dauerte die denkmalfachliche Prüfung Bad Mergentheim betreffend „etwas länger, da auch das Vergleichsobjekt Gaggenau herangezogen werden musste, um eine fachgerechte Entscheidung zu treffen“.

Als Hintergrund zum Parkhotel Bad Mergentheim gibt das RP die folgenden Informationen weiter: „Das LAD erfasst auch junge Kulturdenkmale aus den 1970er und 1980er Jahren. Kürzlich hat das LAD das Parkhotel in Bad Mergentheim in die Liste der Kulturdenkmale aufgenommen. Das direkt am Kurpark gelegene Hotel wurde nach Plänen des renommierten Züricher Architekt Justus Dahinden (1925-2020) 1980 bis 1982 erbaut. Auch das Parkhotel in Gaggenau, ebenfalls von Dahinden entworfen, wurde kürzlich unter Schutz gestellt. Beide Hotels dokumentieren den vielfältigen Stil Dahindens und sind repräsentative Zeugnisse der Postmoderne in Baden-Württemberg. Beide Hotels waren auch wichtige Prestigeprojekte für die Stadtentwicklung.

Das Kurhotel in Bad Mergentheim ist ein einzigartiger, ideenreicher Bau mit typischen Motiven der 1980er Jahre: die Farbe Weiß, die vom Art deco inspirierten Ausstattungselemente, der für den Architekten typische Rauputz, die Zitate historischer Architektur. Das Parkhotel als das erste Haus am Platz ist ein bemerkenswertes Exempel für den Hotelbau der Postmoderne in Deutschland.

Der höchst individuell gestaltete Bau schafft als Hotelbau etwas völlig Neuartiges: In den Architekturzeitschriften seiner Bauzeit wurde das Objekt mehrmals publiziert und erhielt über die Fachwelt hinaus höchste Anerkennung.

Im Außenbau und Grundriss begegnet man rechteckigen, aber vor allem dreieckigen Formen. Das Dreieck als Form zieht sich durch das gesamte Werk Dahindens: So hat er das das Ferro-Haus in Zürich von 1971 als Pyramide gestaltet und das Trigondorf in Zürich von 1969 besteht aus dreieckigen Häusern. Das gleichzeitig mit dem Bad Mergentheimer Kurhotel entstandene Parkhotel Gaggenau bildet ein riesiges, auf der Seite liegendes Dreieck. Trotz aller Modernität und Andersartigkeit bedient sich Dahinden beim Formenrepertoire historischer Architektur.“

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Bebaut werden sollte auch das Areal des ehemaligen Heizkraftwerkes der Kurverwaltung und der dahinterliegende Berghang. Gab es dazu Auflagen vom Landesdenkmalamt? Dazu antwortet die RP-Sprecherin: „Zum Neubauprojekt jenseits des Kurparks gab es keine grundsätzlichen Bedenken seitens der Denkmalpflege (Bau- und Kunstdenkmalpflege), allerdings Hinweise der archäologischen Denkmalpflege.“ Paprotka betont abschließend: „Das LAD war und ist an einem guten und konstruktiven Austausch interessiert und hat – auch um etwaige Fragen zu klären – einen Vor-Ort-Termin angeboten. Beim LAD verstehen wir uns als ’Möglichermacher’, so dass wir versuchen die verschiedenen Belange und Aspekte mit dem Denkmalschutz zu verbinden.“

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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