Der Johanniterhof war früher ein Bauernhof. Da wurde Schnaps gebrannt. Milchkühe und Schafe wurden auf die Weide getrieben. Heute ist er ein eher stiller Platz. Mit einer langen Geschichte.
Bad Mergentheim. Eigentlich ist es schade, dass es dem Johanniterhof nie wirklich gelang, zu einem beliebten Treffpunkt für Einheimische und Gäste mit belebten Geschäften, Restaurants und Cafés zu werden. Plätze in Städten sollten nicht leer dastehen, sondern Anziehungspunkte sein, wo Menschen einkaufen und sich bei einem guten Essen, einem Eis oder erfrischenden Getränken treffen und den Tag, den Abend genießen.
November 1986
Als im November 1986 der neu gestaltete Johanniterhof nach dem Abriss alter Gebäude und dem Neubau von Wohn- und Geschäftshäusern eingeweiht wurde, war vom Erscheinungsbild der alten Hofanlage nicht mehr viel übriggeblieben. Sie war zum erheblichen Teil von Gebäuden mit landwirtschaftlicher Nutzung geprägt worden, die sich meist in sehr schlechtem Zustand befanden.
Ende der Durststrecke?
Das Ziel der Neugestaltung bestand darin, einen Verweilplatz mit hoher Aufenthaltsqualität zu schaffen und den Johanniterhof „ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken und aus dem Windschatten herauszunehmen“, wie in einer Sitzung des Bauausschusses erklärt wurde. In der Zeitung war zu lesen: „Johanniterhof soll Passanten anziehen“ und „Geschäftsleute hoffen auf ein Ende der Durststrecke“. Leider wurden diese Ziele trotz gelungener Architektur nicht erreicht.
Einer der ältesten Plätze
Der Johanniterhof gehört zu den ältesten Plätzen der Stadt. Sein Name geht auf den Johanniterorden zurück, der sich in Mergentheim noch vor dem Deutschen Orden im Jahr 1208 ansiedeln konnte. Albrecht von Hohenlohe übertrug die dem Hl. Kilian geweihte Kapelle dem Johanniterorden und schenkte ihm das dazugehörige Pfarrgut, aus dem der später so genannte Johanniterhof hervorging, der zum landwirtschaftlichen Wirtschaftshof ausgebaut wurde.
1554 verkauften die Johanniter ihre Besitzungen an den die Stadt beherrschenden Deutschen Orden, der den Wirtschaftshof weiter betrieb.
Schafe und Schweine
Als Napoleon 1809 in den Rheinbundstaaten den Deutschen Orden auflöste, fiel dessen Mergentheimer Besitz an das Württembergische Königreich, wobei der Staat 1829 den Hof und Güter an Mergentheimer Bürger verkaufte.
Zum Johanniterhof gehörten damals Wohnungen, eine Branntweinkellerei und ein Milchkeller, zehn Stallungen mit Heuboden, eine Scheuer und zwei Schafstallungen, eine große Scheune, ein Wurzelkeller und zwölf Schweineställe sowie ein Pumpbrunnen.
Schreinergenossenschaft
Im Jahr 1900 gründeten sieben Handwerker in der alten Zehntscheune des Johanniterhofes ein Einrichtungshaus unter dem Namen Schreinergenossenschaft von Mergentheim, um unter einem Dach mit Hilfe von Schreinern, Tapezierern, Polsterern und gemeinsam genutzten Maschinen optimal für die Kunden und ihre speziellen Einrichtungswünsche arbeiten zu können.
Aus der Schreinergenossenschaft wurde 1956 das Mergentheimer Einrichtungshaus, das nach Umbauten und Umgestaltungen mit seiner ungewöhnlichen Fassade aus Fachwerk und Glas die Blicke auf sich zog. 2016 wurde es abgerissen und durch einen Neubau ersetzt.
Funken sprühen
1921 richtete Georg Krauss im Eingangsbereich des Johanniterhofs in dem bis dahin als Metzgerei genutzten Gebäude seine funkensprühende Schmiedewerkstätte ein. Noch in den 1980er Jahren beschlug sein Sohn Otto Krauss unter dem Vordach der Schmiede Pferde und sorgte damit nicht nur bei Kindern und Großstädtern für ein staunenswertes Schauspiel.
„Hänserhof“
Einen Höhepunkt des über Jahrhunderte hinweg bäuerlich geprägten Johanniterhofs erlebte die auch Hänserhof genannte Anlage mit dem landwirtschaftlichen Betrieb des Hospitals zum Hl. Geist, der noch um 1935 der größte in der Stadt war. Er hatte sich vor allem auf Milchwirtschaft spezialisiert.
Orden längst verschwunden
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der eigentliche Hofbetrieb ausgesiedelt. Damit war der Weg frei geworden für eine Neuorientierung mit Wohnungen und Geschäften, die aber erst in den 1980er Jahren realisiert werden konnte. Aufgrund der historisch orientierten Randbebauung blieb der große Innenhof erhalten, unter dem sich eine Tiefgarage befindet.
Längst verschwunden
Durch den Johanniterhof und durch die von den Johannitern an Stelle der Kilian-Kapelle zwischen 1250 und 1274 gebauten Kirche zu St. Johannes dem Täufer (heute Münster) wird die Erinnerung an das Wirken des Johanniterordens in Mergentheim wenigsten dem Namen nach noch wach gehalten.
Der Orden ist längst verschwunden. Der Johanniterhof aber lebt weiter. . .
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