Bad Mergentheim. Warum ist das 50-Millionen-Projekt MediSpa in Bad Mergentheim gescheitert? Wer trägt dafür die Verantwortung? Welche Folgen ergeben sich für die Kurstadt? Diese und andere Fragen stellte die Redaktion dem Kurverwaltungsratsvorsitzenden Prof. Dr. Wolfgang Reinhart, Kurdirektor Sven Dell aber auch Landrat Christoph Schauder und der Citygemeinschaft Bad Mergentheim.
Prof. Reinhart nahm für die Kurverwaltung insgesamt (und damit auch für den Kurdirektor) Stellung und erklärte: „Wie bereits kommuniziert, war die Unterstützung und der Rückhalt seitens der Kurverwaltung und der Gesellschafter für das Projekt MediSpa stets vollstens gegeben. Der Rückzug aus dem Projekt war jedoch eine eigene Entscheidung des Investors. Diese Entscheidung sowie seine Beweggründe hierzu, die schon Gegenstand der medialen Berichterstattung waren, haben wir mit Bedauern zur Kenntnis genommen.“
Zur Bürokratie in Deutschland äußert sich Reinhart, der auch Vizepräsident des baden-württembergischen Landtags und CDU-Landtagsabgeordneter ist, ebenfalls auf Nachfrage: „In der Tat ist in den letzten zehn Jahren in Deutschland die Zahl der baurelevanten Vorschriften um ca. 15 Prozent auf über 20 000 gestiegen, die meisten davon Brüsseler oder Berliner Ursprungs. Bauen wird immer aufwändiger, komplizierter und damit teurer, es muss aber einfacher und schneller werden.“
Zur Arbeit des Landesdenkmalschutzes merkt Reinhart an: „Diese liegt im Einzelnen außerhalb unseres Einflussbereiches. Mit Blick auf das MediSpa gehen wir aktuell, auch in Anbetracht der Stellungnahme des LAD, jedoch davon aus, dass denkmalschutzrechtliche Gründe der Realisierung des Projektes grundsätzlich nicht entgegengestanden hätten. Gleiches gilt für den von Anfang an bekannten Umstand, dass der Schutz der Heilquellen – als elementare Grundlage unseres Kurstandorts – beim Bauen im Kurgebiet mitberücksichtigt werden muss. Insofern arbeiten wir weiterhin fest entschlossen daran, den Standort mit neuen Lösungen weiter zu attraktivieren, die Pläne dennoch, gegebenenfalls modifiziert, nicht aus den Augen zu verlieren und damit den Standort weiter zukunftsfähig auszurichten.“
Ein konkreter Schaden für die Stadt Bad Mergentheim ist laut Reinhart „in dem Sinne nicht zu bemessen, da die bisher geleistete Arbeit keineswegs vergebens war“. Das Projekt sei von Stadt, Land und Landkreis stets wohlwollend begleitet worden.
Die Gesellschafter der Kurverwaltung würden, so Reinhart, wie es Oberbürgermeister Udo Glatthaar in der gemeinsamen Erklärung vor einer Woche bereits unterstrichen hatte, weiterhin das Potenzial für ein Hotel- und Medical-Wellness-Projekt in Anlehnung an das wegweisende Konzept von Herrn Maier in Bad Mergentheim sehen. „Die Rahmenbedingungen in Bad Mergentheim passen“, so Reinhart, der noch anfügt: „Im Übrigen wird die Kurverwaltung auch mit der Best Western-Hotelgruppe“ (sie betreibt das Parkhotel) „weiterhin vertraglich und konstruktiv zusammenarbeiten“.
Landrat Schauder wollte seinen öffentlichen Aussagen zum MediSpa von vergangener Woche nichts mehr hinzufügen.
Für die Citygemeinschaft Bad Mergentheim äußerten sich gegenüber den FN der neue Vorsitzende Jens Ott und dessen Stellvertreter Simon Jira gemeinsam. Sie erklärten schriftlich: „Das MediSpa war auch aus unserer Sicht ein Projekt mit großartiger Perspektive unsere Kurstadt noch attraktiver zu gestalten, Arbeitsplätze zu schaffen, touristische Aktivitäten auszubauen und einen auf verschiedenen Ebenen schon in der Projektentwicklung spürbaren Mehrwert sowohl für alle Bad Mergentheimer, als auch für das Umland zu bieten.
Daher nehmen auch wir das Aus des MediSpas mit großem Bedauern auf – eine verpasste Chance für die Weiterentwicklung unserer Stadt. Die Stellungnahmen des Investors bestätigen auch unseren Eindruck, dass in den vergangenen fünf Jahren der Projektplanung im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten großer Einsatz und umfangreiche Unterstützung seitens der Stadt Bad Mergentheim geleistet wurden, um einen Weg zu finden das Projekt zu realisieren – trotz des Scheiterns an bürokratischen Hürden findet der gezeigte Elan der Stadtverwaltung unsere volle Anerkennung.
Es zeigt sich jedoch erneut, es gilt in sämtlichen Bereichen weiterhin daran zu arbeiten Planungsverfahren zu beschleunigen, Bürokratie abzubauen, Chancen verbindlicher anzugehen um Projekte wie dieses in der Zukunft realisieren zu können. Es gilt zu hoffen, dass sich eine derartige Möglichkeit in der Zukunft erneut ergibt, man aus den Fehlern der letzten Jahre lernt, den positiven Elan beibehält und unter neuen Vorzeichen dann eine Umsetzung erfolgen kann.“
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