Redaktionsgespräch mit Oberbürgermeister Udo Glatthaar

Bad Mergentheimer OB für Ausbau des Fernwärmenetzes

Zur Nachfrage nach Bauplätzen, Solaranlagen in der Altstadt, Balkon-Kraftwerken, dem Ausbau der Windenergienutzung, der kommunalen Wärmeplanung und zu Flüchtlingen nahm Oberbürgermeister Glatthaar im Interview Stellung.

Von 
Sascha Bickel
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Oberbürgermeister Udo Glatthaar stellte sich den Fragen des stellvertretenden FN-Reporter-Chefs Sascha Bickel (rechts). © Carsten Müller/Stadt

Bad Mergentheim. Die Baugebiete, der Flüchtlingszustrom und die Energieversorgung waren Thema im Redaktionsgespräch mit Oberbürgermeister Udo Glatthaar.

Wie ist die aktuelle Flüchtlingslage in Bad Mergentheim?

Udo Glatthaar: Wir sind in Bad Mergentheim am Anschlag, müssen aber noch keine Hallen mit Flüchtlingen belegen. Unser Thema ist der fehlende Wohnraum. Wir brauchen (sozialen) Wohnraum für Familien, Singles, Senioren und Studenten, aber auch für Flüchtlinge. Deshalb gibt es zurecht vom Städte- und Gemeindetag die Forderung an Bund und Land, die ich sehr unterstütze, Förderprogramme für die Wohnraumschaffung zusammen zu legen, um hier mehr erreichen zu können. Damit bekämen die Kommunen mehr Beinfreiheit. Da muss jetzt etwas passieren.

Ich will vermeiden, dass wir Turnhallen oder Hotels mit Flüchtlingen belegen. Deshalb brauchen wir Wohnbauprogramme.

Aktuell haben wir vor Ort 437 Ukrainer – auch mit Hilfe vieler Privatleute – untergebracht, das ist beachtlich. Insgesamt hat die Stadt derzeit etwa 2000 Flüchtlinge aufgenommen.

Die für die kommunale Anschlussunterbringung vom Landkreis zugewiesenen Flüchtlinge für dieses Jahr bekommen wir noch unter. Die Containeranlage in Neunkirchen, in der Max-Planck-Straße, wird deshalb vorerst bleiben. Und die Schaffung von neuem sozialem Wohnraum bleibt eine Daueraufgabe.

Wie steht es um die Bad Mergentheimer Neubaugebiete und die Nachfrage? Im „Auenland III“ dreht sich noch immer kein einziger Baukran. In Löffelstelzen ist die Nachfrage stark gesunken.

Glatthaar: Die Kräne drehen sich bald, es stehen schon die ersten Bauschilder. Im „Auenland III“ sind einige Bauplätze inzwischen verkauft. 128 Grundstücke gibt es dort insgesamt: Wir haben unter anderem Platz für 57 Einfamilienhäuser und 32 Doppelhaushälften geschaffen.

Von den 57 Einfamilienhaus-Plätzen sind schon 40 verkauft! Ich unterschreibe jede Woche Vollmachten für unsere Grundstücks-Vermarkter vom Liegenschaftsamt. Die Wartelisten sind abgearbeitet, das heißt, es gibt auch Chancen für Interessierte, die sonst hinten anstehen müssten. Wir haben zwar die teuersten Bauplätze im Landkreis, aber auch die besten, bedingt durch das sehr attraktive Umfeld, sage ich voller Überzeugung.

Die Flächen für Geschosswohnungsbau wollen wir an regionale Projektierer und Investoren vergeben. Die Vergabekriterien sollen in Kürze im Gemeinderat behandelt werden. Dann erfolgt die Ausschreibung und im Dezember rechne ich mit ersten Vergaben.

Wenn ich in viele Stadtteile schaue, zum Beispiel nach Rengershausen, Hachtel, Rot und Apfelbach, dann geht es auch dort mit dem Wohnungsbau voran – übrigens auch im Innen-Bereich.

Schleppender als ursprünglich gedacht entwickelt sich das Neubaugebiet in Löffelstelzen mit seinen 25 Plätzen. 15 sind hier noch frei.

Ein ganz anderes Bild ergibt sich in Edelfingen im Gebiet „Bandhaus“. Es ist bereits wieder voll. Der Ort wächst und gedeiht, wie so viele. Das freut uns sehr.

Thema Energiekosten und Energie sparen. Wie kann der Ausbau der Photovoltaik gerade in der Altstadt gelingen? Ist dieser Ihrerseits überhaupt gewünscht?

Glatthaar: Ich befürworte das. In den vergangenen Jahren hat sich in der Innenstadt schon einiges getan und die Entwicklung geht weiter.

Ich bin der Meinung, dass auch in der Altstadt und auf denkmalgeschützten Gebäuden so etwas ermöglicht werden sollte, wenn die Statik es hergibt. Die touristischen Hauptsichtachsen sollten dabei außen vor bleiben, das gebietet schon die historische Verantwortung. Wir brauchen also einen gesunden Mittelweg. Ich bin mir sicher, dass sich beispielsweise auch auf unserem Schloss bestimmte Flächen finden würden, ohne dass das Ensemble und seine Wirkung auf die Besucher darunter leiden würden.

Die Technik entwickelt sich rasant weiter und es gibt inzwischen auch Solar-Dachziegel. Solaranlagen auf Garagen und Parkplätzen werden weiter zunehmen und das ist auch gut so, denn diese Flächen sind ja bereits versiegelt. Ich begrüße das, denn unsere Priorität war, vor allem bebaute Flächen heranzuziehen. Ich bin zudem offen für Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Aber auch hier mit Maß und Ziel, erfreulicherweise geht die Mehrheit des Gemeinderates diesen Weg mit.

Wenn wir Technologieoffenheit zulassen, dann werden wir auch gute Lösungen zur Energieversorgung für historische Altstädte bekommen. Das Potenzial in Bad Mergentheim ist groß.

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Einen Run gibt es momentan auf Balkon-Kraftwerke.

Glatthaar: Das stimmt. Ich bräuchte zwei zusätzliche Mitarbeiter in der Verwaltung, nur um das abzuarbeiten. Wir werden überrannt mit Anträgen zu unserem städtischen Förderprogramm.

Kommen wir auf die Windkraft zu sprechen. Vier Anlagen sollen nun zwischen Dainbach, Althausen und Bobstadt erstellt werden. War es das oder kommt noch mehr Windkraftnutzung in Bad Mergentheim, nachdem die allgemeinen Forderungen der Bundes- und Landespolitik, mehr Flächen zur Verfügung zu stellen, unüberhörbar sind?

Glatthaar: Ob das Limit erreicht ist, weiß ich nicht. Mit unserem Stadtwerk ist ein regionaler Anbieter beim neuen, gemeinsam entwickelten Windpark erfreulicherweise mit im Boot.

Ob noch weitere Windparks in Zukunft kommen werden, ist wieder offen. Denn klar ist, dass sich die Rahmenbedingungen ab 2027 nochmals ändern werden. Alle Kommunen müssen sich also darauf einstellen, dass weitere Anträge kommen – auch Bad Mergentheim.

Wie steht es um die kommunale Wärmeplanung und den Ausbau des Fernwärmenetzes gespeist durch das Holzhackschnitzel-Heizkraftwerk?

Glatthaar: Zunächst möchte ich sagen, dass Bad Mergentheim maßgeblich an der Wasserstoff-Allianz Main-Tauber mitwirkt, um die künftige Nutzung der bestehenden Gasnetze in der Region mit grünem Wasserstoff voranzutreiben. Bei der Naturwärme wurden viele richtige Schritte in der Vergangenheit unternommen. Statt nur die „Solymar“-Therme zu versorgen, sind wir 2011/12 mit den Leitungen quer durch die Innenstadt gefahren und viele profitieren seither davon.

Ein Ausbau des Naturwärmekraftwerks soll kommen. Jetzt sind die Grundstücksbesitzer gefordert, Farbe zu bekennen und sich beim Stadtwerk zu melden. Neben dem Weberdorf und der Innenstadt sollen eventuell auch der Eisenberg und andere Bereiche künftig mit eingebunden werden.

Autarke Netze mit Blockheizkraftwerken sind an vielen Stellen, vor allem auch in unseren Stadtteilen denkbar. Die kommunale Wärmeplanung, die wir früh angestoßen haben, beschäftigt sich genau damit. Daraus entstehen konkrete Handlungsfelder.

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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