Gemeinderat - Ärztliche und allgemeine medizinische Versorgung in Bad Mergentheim beraten / Praxis-Nachfolger gesucht / „Das ist alles nur heiße Luft!“

Bad Mergentheimer Gemeinderat: Helfen Stipendien gegen den Hausarzt-Mangel?

Ein Hausärzte-Mangel zeichnet sich, so wie in vielen Regionen Deutschlands, auch in Bad Mergentheim ab. Der Gemeinderat denkt über Stipendien für Medizinstudenten nach.

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Sascha Bickel
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Ein Hausarzt misst einer Patientin den Blutdruck. Auch in der Kurstadt gibt es aktuell nicht genügend Nachfolger für in den Ruhestand gehende Hausärzte. © dpa

Bad Mergentheim. Fakt ist, dass es nach Auskunft der Kreisärzteschaft in Bad Mergentheim derzeit noch 15 Hausärzte gibt, die sich auf 13,5 Stellen verteilen. Drei dieser Ärzte sind zwischen 41 und 50 Jahre alt, fünf liegen zwischen 51 bis 60 Lebensjahren, aber sieben Hausärzte sind bereits über 61. Das heißt: Knapp 47 Prozent haben das Rentenalter schon erreicht oder erreichen es in den nächsten fünf Jahren!

Die CDU-Fraktion ließ das Thema auf die Tagesordnung des Gemeinderats setzen und reklamierte „dringenden Handlungsbedarf“. Am Ende stimmte das gesamte Gremium für Gespräche mit dem Landratsamt über ein gemeinsames Stipendium-Programm für künftige Hausärzte im Main-Tauber-Kreis. Zudem soll die Stadtverwaltung weitere Maßnahmen vorschlagen, um Ärzte vor Ort zu halten oder neu anzusiedeln.

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„Die ärztliche und allgemeine medizinische Versorgung sowie die Bereiche der Pflege, Betreuung und der Badeärzte in Bad Mergentheim sind wichtige Themen“, eröffnete CDU-Fraktionschef Andreas Lehr die Debatte und verwies auf den eigenen Antrag, die kommenden zehn Jahre in den Fokus zu nehmen und einen Aufgabenkatalog zur Sicherung der Versorgung zu erstellen und erforderliche Handlungsfelder zu definieren. Es gelte die Möglichkeit und die Erfolgsaussichten von kommunalen Stipendien für medizinische und pflegerische Berufe – und in diesem Zusammenhang auch für erzieherische Berufe – zu prüfen. „Die Stadt sollte eine Strategie entwickeln um die Versorgung der Bürgerschaft aufrecht erhalten zu können“, so der Wortlaut der CDU.

Manuela Zahn (CDU) sprach von einer langen Durststrecke bis das Landesförderprogramm „Landärzte“ seine Wirkung entfalte, weil die neuen Mediziner erst einmal ausgebildet werden müssten. Und Silke Stahnke (Grüne) bedauerte, dass man „gewissermaßen mit ganz Deutschland“ in Konkurrenz um die künftigen Ärzte stehe. Es sei dringend geboten, zu handeln.

Marcel Stephan, der städtische Wirtschaftsförderer, referierte zum Thema und bezeichnete die Gründe für den Nachwuchsmangel als vielfältig: Besonders schwer wiege, dass mehr Ärztinnen und Ärzte in den Ruhestand gehen als junge Medizinerinnen und Mediziner nachfolgen. „Auch die bundesgesetzlich vorgegebene Bedarfsplanung (in vielen Facharztgebieten nur großräumig und im Übrigen unflexibel) und die unzureichende Nutzung sektorenübergreifender Versorgungsressourcen tragen zu der Verteilungsproblematik bei. Viele der neu in die Versorgung einsteigenden Ärzte wollen anders arbeiten als ihre älteren Kollegen. Neben dem Streben nach einem Beruf, der mehr Zeit für das Familienleben lässt, gibt auch den Wunsch, mehr im Team zu arbeiten. Auf diese geänderten Bedürfnisse sind die Versorgungsstrukturen auf dem Land noch nicht ausreichend angepasst.“

Stephan berichtete auch von der auffallend überdurchschnittlich hohen Altersstruktur der Ärzte im „Versorgungsgebiet Bad Mergentheim“, das von Ahorn im Westen bis Creglingen im Osten reiche und insgesamt eine Ausdehnung von etwa 43 Kilometern umfasse.

Akute Fördergebiete des Landes im Bereich „Landärzte“ seien derzeit schon Weikersheim, Niederstetten, Assamstadt und Ahorn. Als perspektivische Fördergebiete würden Bad Mergentheim, Igersheim und Creglingen angesehen.

Katrin Löbbecke (CDU) sprach ergänzend die Badeärzte an, die man dringend brauche, um den Heilbad-Status behalten zu können. Aktuell gibt es noch sieben Badeärzte.

„Was können wir tun?“

„Was können wir als Stadt denn überhaupt tun?“, fragte Jochen Flasbeck (Freie Wähler) und bekam von Marcel Stephan zur Antwort, dass die Stadt das Thema intensiv begleite, Beratung zu Förderprogrammen biete, Lösungen für Nachfolge-Regelungen helfe zu entwickeln und natürlich geeignete städtische Grundstücke für Ärztehäuser anbieten könnte. „Wir müssen gute Standortbedingungen schaffen, um junge Mediziner zu gewinnen“, meinte Oberbürgermeister Udo Glatthaar und signalisierte seine Unterstützung für Gespräche mit dem Landkreis über ein Stipendien-Programm. Dies wurde dann auch beschlossen. Prof. Hans-Werner Springorum (FDP) merkte zuvor kopfschüttelnd noch an: „Das ist alles nur heiße Luft! Man muss den jungen und angehenden Ärzten ein Gründungsdarlehen anbieten – sechsstellig“, dann habe man eine Chance sie anzulocken.

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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