Einzelhandel in Bad Mergentheim

Bad Mergentheim: Vom Kaufhaus zum großen Modehaus gewandelt

In der Region und auch weit darüber hinaus ist das Modehaus Kuhn in Bad Mergentheim ein Begriff. Jeder kennt es. Angefangen hat alles als Kaufhaus mitten in der Kurstadt – vor 55 Jahren.

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Sascha Bickel
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Die Geschwister Maike und Johannes Kuhn leiten das Modehaus Kuhn. © Philipp Reinhard

Bad Mergentheim. Das Modehaus Kuhn ist weithin bekannt und das größte in der gesamten Region. In diesen Tagen feiert es seinen 55. Geburtstag.

Die Geschwister Maike und Johannes Kuhn sind im August 2021 zu Geschäftsführern der Modehaus Kuhn GmbH ernannt worden und führen das Unternehmen mit seinen 70 Mitarbeitern seither in dritter Generation. Sie haben sich das große Ziel gesetzt, die Entwicklung von Bad Mergentheim als Tourismus- und Einkaufsstandort aktiv mitzugestalten. Im Interview sprechen sie über die Meilensteine des Modehauses Kuhn, die Feierlichkeiten und die Zukunft des Einzelhandels.

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55 Jahre Modehaus Kuhn: Wie feierte die Eigentümer-Familie mit den Mitarbeitern dieses Jubiläum? Wie feiern Sie mit den Kunden?

Johannes Kuhn: Wir hatten mit unseren Mitarbeitern eine tolle Weihnachtsfeier im Ringhotel Bundschu mit Live-Musik. Es wurde viel getanzt und gefeiert und wir freuen uns, dass wir auch einige langjährige Mitarbeiter ehren konnten.

In erste Linie möchten wir uns aber bei unseren treuen wie auch neuen Kunden bedanken, die uns schon über so viele Jahre unterstützen oder uns in den letzten Monaten neu entdeckt haben. Deswegen gibt es an den fünf Jubiläumstagen bis zum Samstag, 31. Dezember, auch kostenlosen Flying Prosecco im ganzen Haus sowie 20 Prozent Rabatt auf alles.

Schauen wir kurz in die Vergangenheit: Wie erfolgte der Start vor 55 Jahren? Was wurde angeboten? Was war damals der Anspruch?

Maike Kuhn: Die Eröffnung war im November 1967 – genau richtig für die anstehenden Weihnachtseinkäufe. Das damalige Kaufhaus hatte auf halber Fläche bereits zwei Rolltreppen.

Damals war der Nachholbedarf für Bekleidung und Konsumartikel enorm. Der Sortimentsanspruch war alles unter einem Dach zu bieten. Von Hüten über Strümpfe, Oberbekleidung bis Spiel- und Haushaltswaren, Schreibwaren, Fotoartikel und Lebensmittel im Untergeschoss. Das Restaurant mit Kegelbahn im dritten Obergeschoss war eine beliebte Dienstleistung für unsere Kunden. Durch das abwechslungsreiche Sortiment war große Vielfalt geboten, die die Kunden sehr schätzten.

Wie sieht es heute aus? Wie viele Mitarbeiter haben Sie? Wie groß ist die Verkaufsfläche? Was bieten Sie?

Maike Kuhn: Im Lauf der Jahre hat sich die Fläche des Hauses verdoppelt – auf 4000 Quadratmeter – und eine Tiefgarage mit 58 Parkplätzen kam hinzu. Um für unsere Kunden kompetent zu bleiben, haben wir die Sortimente schrittweise angepasst.

Damit die Kernkompetenz der Bekleidung weiter gestärkt wird, haben wir diesen Bereich ausgebaut und andere Sortimente mussten weichen. Besonders stolz sind wir auf eine große Wäscheabteilung und ein umfangreiches Angebot an Anzügen und Kleidern für festliche Anlässe.

Mit ca. 70 Mitarbeitern, davon sechs Auszubildende arbeiten wir täglich an unseren Serviceleistungen für die Kunden. So haben wir nun eine hauseigene Änderungsschneiderei und verwöhnen unsere Kunden mit einem kostenlosen Getränkeservice um den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen.

Die kompetente Auswahl für Bekleidung und die exzellente Bedienung und Beratung unserer Kunden ist im Laufe der Jahre immer weiter in den Mittelpunkt unserer Anstrengungen gerückt. Heute freuen wir uns sehr, wenn die Kundinnen und Kunden unser Haus loben und mit einem Lächeln verlassen.

Wir finden es ist doch das schönste, Menschen zu beraten und typgerecht einzukleiden, um ihnen damit auch ein Stück Identifikation und Selbstbewusstsein schenken zu können.

Welche Meilensteine gab in den vergangenen 55 Jahren?

Johannes Kuhn: Die wichtigste Entwicklung war die Veränderung vom Kaufhaus zum Modehaus, die 1996 begann und 2012 abgeschlossen war. Die Hartwarensortimente verschwanden und wanderten in die Verbrauchermärkte und Lebensmittelmärkte ab. Dies machte Flächen für den Textilbereich frei.

Was sind die Herausforderungen im heutigen Einzelhandel?

Johannes Kuhn: Nachdem der Umsatz im Einzelhandel durch den Onlinehandel neu verteilt wurde, ist die heutige Herausforderung die Attraktivität und Erreichbarkeit der Innenstadt.

Wenn man bedenkt, dass stationäre Händler eine hohe Steuerbelastung haben und sogar zusätzlich beispielsweise Fremdenverkehrsbeiträge zahlen, während Onlinehändler die Straßen und die Infrastruktur für sich nutzen, ohne die Gewinne in Deutschland versteuern zu müssen, dann kann man hier eindeutig von einer Schieflage und von politischen Fehlern sprechen.

Es gibt wenige Anzeichen, dass Politiker in Kommunen wie auch auf Bundesebene verstanden haben oder überhaupt verstehen wollen was der stationäre Einzelhandel braucht. Keiner will verödete Innenstädte. Jedoch wird den Kunden die Erreichbarkeit der Innenstädte immer weiter erschwert. Wer hat denn noch Lust einkaufen zu gehen, wenn er keinen angenehmen und geeigneten Parkplatz findet oder zu lange und zu umständlich fahren muss um ihn zu finden?

Wir hoffen, dass die Bad Mergentheimer Politiker ihren Teil dazu beitragen, dass die Stadt erreichbar bleibt. Dann haben wir eine einmalige Chance, dass das Interesse der Händler und Dienstleister an Bad Mergentheim groß sein wird und ein attraktiver Sortimentsmix für unsere Kunden entsteht.

Problematisch wird es, wenn dieses Thema nicht erkannt wird und weiter Autos aus der Innenstadt verbannt werden. Dann können die Händler sich noch so viel Mühe geben ein tolles Angebot zu schaffen, gegen mangelnde Erreichbarkeit werden sie nicht ankommen. Neue Investoren sowie Interessenten für Ladenlokale in der Innenstadt wird es dann nicht geben.

Wie lief das diesjährige Weihnachtsgeschäft auch im Vergleich zu den beiden Corona-Jahren davor?

Maike Kuhn: Zum Ende des zweiten Halbjahres, können wir langsam wieder an die Umsätze aus Vor-Corona-Jahren anknüpfen. Wir entwickeln uns hierbei besser als der Branchendurchschnitt und vergleichbare Kollegen. Daran ist zu erkennen, dass man heute noch besser sein muss als noch vor vier Jahren um die gleichen Umsätze zu erreichen. Mit unserer Strategie der Serviceoase und unserem kompetenten Team sind wir hier also sicher auf dem richtigen Weg.

Was bringt die Zukunft für das Modehaus Kuhn – wo geht die Reise hin?

Johannes Kuhn: Familiengeführte stationäre Einzelhandelsunternehmen sind selten geworden. Damit ein solches Experiment in der heutigen Zeit gelingt, müssen sehr viele Ampeln auf grün stehen. Wir arbeiten mit unserem Team jeden Tag leidenschaftlich daran, für unsere Kunden einen Ort des Erlebnisses und des Wohlfühlens zu schaffen.

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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