Bad Mergentheim/Main-Tauber-Kreis. BBT-Regionalleiter Thomas Wigant und der Kaufmännische Direktor Matthias Kaufmann nehmen im FN-Interview zu wichtigen Themen rund um das Caritas-Krankenhaus und die Gesundheitsholding Tauberfranken Stellung.
Wie ist das Caritas-Krankenhaus personell aufgestellt und gelingt es, stets genügend neue Fachkräfte zu gewinnen?
Matthias Kaufmann: Unsere Mitarbeiter sind das wichtigste Kapital. Wir agieren als verlässlicher und attraktiver Arbeitgeber. Zudem verfolgen wir verschiedene Konzepte, um das Personal bei uns zu halten und attraktive Arbeitsplätze zu bieten. Dazu steht neben Fort- und Weiterbildungsangeboten auch die Verbesserung der interdisziplinären Zusammenarbeit zur Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit im Fokus. Große Anstrengungen unternehmen wir auch, um neue Mitarbeiter zu gewinnen.
Thomas Wigant: Die Gesundheitspolitik weiß seit langem, dass die Babyboomer-Jahrgänge in Rente gehen und enorme Lücken gerissen werden, die wir trotz aller Anstrengungen nicht auf normalem Weg schließen können. Das erfüllt uns mit Sorge. Wir bemühen uns, wie viele Branchen, um die Fachkräfte von morgen.
Zahlen und Fakten zum Caritas-Krankenhaus und zur Gesundheitsholding Tauberfranken
Das Caritas-Krankenhaus in Bad Mergentheim verfügt aktuell über rund 1480 Mitarbeitende.
In den zwölf medizinischen Fachabteilungen und zehn zertifizierten Zentren wurden im Jahr 2021 rund 19 500 Patienten stationär versorgt und in 2022 voraussichtlich rund 18 500. Die Zahl der ambulant behandelten Patienten bleibt mit rund 45 000 konstant.
Aktuell werden im Caritas-Krankenhaus ohne die teilstationären Plätze der Dialyse rund 320 Betten betrieben.
Im Krankenhaushausplan des Landes Baden-Württemberg sind 434 Betten, inklusive 19 Plätze in der Dialyse-Tagesklinik vorgesehen. Dass nicht alle verfügbaren Betten genutzt werden können, hänge unter anderem mit dem Betrieb von Isolationsbereichen im Rahmen der Corona-Pandemie oder anderer Infektionskrankheiten (mehr Aufwand bei weniger Betten; zum Beispiel dürfen Mehrbettzimmer zur Isolierung nur mit einem Patienten belegt werden), den eigenen krankheitsbedingten Personalausfällen und einer Reduktion der Verweildauer der stationären Patienten zusammen. Diese Entwicklung ist laut Caritas-Geschäftsführung in einer großen Mehrheit der deutschen Krankenhäuser festzustellen. sabix
Ging durch die staatliche Corona-Impfpflicht viel Pflegepersonal verloren?
Wigant: Die Fälle sind an einer Hand abzuzählen. Wir hatten eine extrem hohe Impfbereitschaft im Haus. Fast alle haben mitgezogen und die Entwicklung beispielsweise in den Pflegeheimen der Gesundheitsholding beweist ja, dass die Impfung vor schweren Verläufen schützt. Die Impfpflicht bedeutete aber einen großen Bürokratieaufwand, und so freuen wir uns jetzt, dass sie ausläuft.
Wie viele offene Stellen gibt es aktuell im Caritas?
Kaufmann: Etwa 30 bis 40 Pflegekräfte suchen wir momentan. Rund 1480 Mitarbeitende haben wir gerade. Auch bei den Ärzten gibt es immer wieder offene Stellen. Vier bis fünf sind derzeit unbesetzt. Zur Überbrückung arbeiten wir auch mit Honorarärzten auf Zeit.
In Summe haben wir 155 ärztliche Vollzeitstellen, aufgeteilt auf rund 200 Personen. In den vergangenen fünf Jahren gab es sogar eine Zunahme. Der Nachwuchs wird weiblicher und es gibt mehr Wünsche nach Teilzeitarbeit.
Das heißt für uns, wir müssen hier gute und flexible Arbeitszeitmodelle bieten. Uns hilft beim ärztlichen Nachwuchs auch die Nähe zu Würzburg, da wir hier von den zahlreichen Medizinstudenten profitieren, die es nicht weit nach Bad Mergentheim haben.
Namhafte Chefärzte sind gegangen. Wurde für sie Ersatz gefunden?
Wigant: Ja, die nächste Generation der Leitenden Ärzte ist da. Wir bauen die Behandlung von Krebserkrankungen weiter aus und haben mit Prof. Dr. Werner J. Heinz einen erfahrenen Onkologen und Infektiologen als Chefarzt gewinnen können. So haben wir vor kurzem ein Hämatologisches Zentrum für die Therapie von Blutkrebs und Lymphomen gegründet.
Unser neuer Chefarzt der Kardiologie PD Dr. Sebastian Herrmann bringt mit seinem Team zusätzliche moderne Behandlungsmethoden bei Herzerkrankungen mit – da tut sich gerade viel.
Stimmt es, dass das Caritas auch immer mehr Mitarbeiter beschäftigt, die im Ausland rekrutiert wurden?
Wigant: Die Welt rückt hier zusammen. Wir wollen eine gute und den Menschen zugewandte Medizin anbieten und schaffen das mit Hilfe verschiedener Nationalitäten.
Aufgrund der starken demografischen Umbrüche können wir unseren Personalbedarf nicht mehr allein mit deutschen Arbeitskräften und Auszubildenden decken und gehen deshalb verschiedene Wege. Wir suchen in Süd- und Osteuropa, aber auch in Asien zum Beispiel über unsere indischen Ordensschwestern. Am Bildungscampus lernen gerade zwei Vietnamesinnen den Pflegeberuf.
Und wir starten zum Beispiel über die Hochschule in Koblenz eine Kooperation mit dem Ziel, ab 2024 eine größere Anzahl junger Kenianerinnen und Kenianer im Bildungszentrum am Caritas auszubilden. Damit wird die Integrationsunterstützung immer wichtiger und deshalb wollen wir dafür auch eine Stelle schaffen.
Es genügt nicht, die neuen Kräfte nur hierher zu holen, sondern wir müssen die Menschen auch kulturell mitnehmen, ihre Sprachkenntnisse zügig verbessern, ihnen bei der Unterkunft, bei Behördengängen und ihrer Integration in unsere Gesellschaft helfen.
Wie steht es um die Ausbildung des Pflegekräfte-Nachwuchses am Standort Bad Mergentheim? Und wie sieht es mit der Wertschätzung der bestehenden Belegschaft mittels Corona- Prämie aus?
Kaufmann: Die Corona-Prämien, die vom Bund und Land zur Verfügung gestellt wurden, wurden von uns selbstverständlich komplett weitergegeben, im Rahmen der gesetzlichen Anforderungen. Wir bedauern, dass bei der letzten Prämie das Krankenpflege-Hilfspersonal mit einer einjährigen Ausbildung leider nicht berücksichtigt wurde, doch wir mussten uns an die Vorgaben halten und durften die Prämie nur an die examinierten Pflegekräfte auszahlen.
Wigant: Zum Pflege-Nachwuchs kann ich sagen, dass die Themen Ausbildung und Personalentwicklung für uns die wichtigsten schlechthin sind.
Viele junge Leute schaffen jedoch die Ausbildung nicht mehr. Das ist bedenklich. Die komplexen Inhalte sind eine echte Herausforderung und wir unterstützen daher zusätzlich mit Mentoren.
Wir bemühen uns zudem um ein gutes Netzwerk mit den allgemeinbildenden Schulen und würden es begrüßen, wenn die Pflege im Regelschulbetrieb thematisiert würde und wenn zusätzlich die allgemeine Dienstpflicht in Deutschland kommen würde, um jungen Leuten ein Jahr lang zu zeigen, welche persönlich bereichernde und wertvolle Arbeit wir in unseren Krankenhäusern und Seniorenzentren leisten.
Schauen wir noch auf die Gesundheitsholding Tauberfranken und die BBT-Region mit ihren zahlreichen Einrichtungen. Wie steht es hier um den Fachkräftemangel und welche Auswirkungen hat dieser?
Wigant: Unsere Versorgung steht. Aber ganz klar gibt es viele offene Stellen. Ich spreche hier für zehn Seniorenzentren, neben den Krankenhäusern in Bad Mergentheim, Tauberbischofsheim und Öhringen.
Fest steht: Wir können Pflegeplätze in den Heimen nicht bedienen, weil uns die Fachkräfte fehlen! Das schlägt auch zurück in die Kliniken. Zum Beispiel, wenn wir einen Kurzzeitpflege- oder gar Langzeitpflegeplatz nach einem Krankenhausaufenthalt brauchen, diesen aber trotz großer Bemühungen nicht sofort finden.
Das beschäftigt uns in der BBT-Gruppe, denn wir wollen für die Menschen eine Rundum-Versorgung gewährleisten. Das beginnt bei einer guten Geburtsbegleitung, geht über die Patientenversorgung in unseren Krankenhäusern und Medizinischen Versorgungszentren bis hin zu den Seniorenzentren und der Hospizarbeit. Die Zukunft muss also eine vernetzte Versorgung sein! Dafür setzt sich die BBT-Gruppe ein.
Es sind jetzt bald 25 Einrichtungen in der Region, die von der BBT-Gruppe, teilweise im Verbund mit anderen, betrieben werden. Es braucht ein Netz an verlässlicher Versorgung, in Zusammenarbeit mit den anderen Kliniken, den Rettungsdiensten, den Betreibern von Gesundheitseinrichtungen und den niedergelassenen Ärzten.
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