Bad Mergentheim. Es war ein geschickter Schachzug von Oberbürgermeister Udo Glatthaar: Da die Tagesordnung gleich mehrere Genehmigungen überplanmäßiger Ausgaben umfasste (für den integrativen Kindergarten in der Lorenz-Fries-Schule und das Feuerwehrgerätehaus Wachbach), zog der Oberbürgermeister die Vorstellung des Finanzzwischenberichts kurzerhand vor.
Denn wer gute Zahlen präsentiert bekommt, tut sich mit den Mehrausgaben leichter – so in etwa der Gedankengang. Tatsächlich konnte Kämmerer Artur Wirtz dann auch aus Sicht der Stadtverwaltung erfreuliche Zahlen präsentieren. Lag der Plan für 2023 noch bei einem deutlichen Minus von rund sieben Millionen Euro, steht tatsächlich ein Plus von gut drei Millionen Euro. „Eine deutliche Verbesserung“, nennt Wirtz die Differenz von zehn Millionen.
Die Ursache? „Wir sind von anderen Voraussetzungen ausgegangen und haben zum Beispiel die Stromkosten deutlich höher angesetzt“, erklärt der Kämmerer die Planungen. Aufgrund niedrigerer Preise musste hier weniger ausgegeben werden als gedacht. Auf der Einnahmenseite stand ein höheres Plus bei der Gewerbesteuer als gedacht – dem Corona-Ende sei Dank. So stand unter dem Strich für das Vorjahr wieder ein positives Ergebnis. Schon seit 2018 sind die Haushalte der Kurstadt stets positiv.
Weniger Investitionen als ursprünglich geplant
Doch bei genauerer Betrachtung der Zahlen offenbaren sich auch Probleme. „Teilweise wurden Maßnahmen verschoben, sodass wir Planansätze nicht voll ausschöpfen mussten“, erklärte Wirtz. So lag das Investitionsvolumen mit einem Minus von drei Millionen deutlich unter dem Plan. Und wer ein Projekt nicht umsetzt, muss auch nicht in dessen Unterhalt investieren – auch so kommen auf dem Papier Einsparungen zustande.
Die Stadtfinanzen, das ist ja ohnehin ein Lieblingsthema von Stadtrat Flasbeck. Wie es denn um die Liquidität der Stadt bestellt sei und wie hoch der aktuelle Schuldenstand sei, wollte der Stadtrat prompt wissen. Zwar besteht eine Rücklage in zweistelliger Millionenhöhe, für die Investitionen sind nach Angaben der Kämmerei dennoch Kreditaufnahmen erforderlich. Insgesamt hat die Stadt derzeit Verbindlichkeiten von 22,6 Millionen Euro, womit man noch unter der angepeilten Marke von 1000 Euro pro Einwohner liegt.
Die erwähnten Einsparungen beim Unterhalt kritisierte Klaus-Dieter Brunotte (SPD). „Das fällt uns doch später auf die Füße“, kritisierte er. Wirtz verwies darauf, dass sich auch durch Personalprobleme die Umsetzung mancher Maßnahmen verzögert.
Brunotte war nicht der einzige Rat, der sich mit dem positiven Gesamtergebnis so nicht ganz anfreunden konnte. Andreas Lehr (CDU) sah das ähnlich: „Vor allem in den Teilorten sind in den vergangenen Jahren viele kleine Projekte liegen geblieben. Da gibt es Aufholbedarf. Das abzuarbeiten hat Vorrang vor neuen Themen.“ Bad Mergentheim segle finanziell „hart am Wind“ und es gebe kaum finanzielle Spielräume. Kämmerer Wirtz fasste dies auf Nachfrage von Jochen Flasbeck (Freie Wähler) so zusammen: „Bad Mergentheim ist keine wohlhabende Stadt.“
Welchen Anteil hat das Ordnungsamt am Gesamtergebnis?
Spannende Einblicke liefert so ein Finanzbericht auch über vermeintlich kleine Posten. Thomas Tuschhoff (Grüne) wollte wissen, wie der „krasse Rückgang“ bei den Ordnungsgeldern zu erklären sei. Denn während schon 2023 ein Fehlbetrag von 100 000 Euro entstand, rechnet die Stadt mit einer halben Million Euro weniger Bußgeldeinnahmen im laufenden Jahr und käme dann auf einen Betrag von rund einer Million Euro.
Amtsleiter Christian Völkel verwies auf den höheren Planansatz von 1,5 Millionen Euro, nachdem man das Ordnungsamt personell aufgestockt hatte. „Außerdem sind wir erst in der Mitte des Jahres. Das zweite Halbjahr ist erfahrungsgemäß besser als das erste“, blickte er optimistisch in die Zukunft. 2024 habe man bis jetzt bereits 700 000 Euro eingenommen.
Gesamthaushalt mit Rekordvolumen
Josef Wülk (Freie Wähler) riet dazu, den Ansatz künftig vorsichtiger zu kalkulieren, nachdem dieser in den vergangenen Jahren „immer verfehlt“ wurde. Fraktionskollege Stefan Dietz plädierte dafür, diese Position überhaupt nicht mehr im Haushalt einzuplanen, das hätte einen „negativen Beigeschmack“.
Es wäre wohl verkraftbar: Im vergangenen Jahr lag die Summe aller Einnahmen bei rund 85 Millionen Euro, insgesamt hat der Haushalt damit ein Rekordvolumen und übertrifft die Zahlenwerke der Vorjahre deutlich. Ob sich die Serie der positiven Ergebnisse fortsetzen lässt, ist noch offen. Für das Jahr 2024 geht Wirtz derzeit von einem Minus von knapp einer Million Euro aus, das aber auch noch zu einer „schwarzen Null“ werden könnte.
Nach der Aussprache zum Haushalt kamen die eingangs erwähnten Mehrausgaben wieder aufs Tableau. Ob es nun am vorgezogenen Finanzbericht lag, ist zwar unklar, dennoch erteilten die Räte hierzu einstimmig grünes Licht. Somit fließen weitere knapp 70 000 Euro in den Kindergarten der Lorenz-Fries-Schule und 500 000 Euro in das Feuerwehrgerätehaus Wachbach, letzteres war ursprünglich erst 2025 eingeplant.
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